Bis vor 5000 Jahren kannten die Menschen weder Väter noch Götter

Die moderne menschliche Spezies existiert seit ca. 300’000 Jahren und war von Anfang an auf die Mutter bezogen, d.h. matriarchal

Die ältesten, noch primitiven, jedoch gut erkennbaren menschlichen Figurinen stammen aus dieser Zeit; sie waren beinahe ausnahmslos weiblich. Auf 230′000 bis 300′000 Jahre wird die weibliche Steinfigur, die ›Venus von Berekhat Ram‹ geschätzt, die 1981 von der Archäologin Naama Goren-Inbar von der Hebräischen Universität Jerusalem in den Golanhöhen entdeckt wurde. Die bearbeitete, nur 3,5 cm große Figur ist im Israel-Museum ausgestellt. (Cambridge Archaeological Journal, 10:1, 2000, S. 123–167) Eine ähnliche Figur mit einem ebenso hohen Alter stammt aus Tan Tan (Marokko). Artefakte – in dieser noch unkünstlerischen Gestaltung werden von der traditionellen Wissenschaft nicht als bearbeitete Steine und nicht als weibliche Figuren anerkannt. (s. Doris Wolf ›Das wunderbare Vermächtnis der Steinzeit und was daraus geworden ist‹ 2017)

Die verdiente Professorin für Archäologie, Indo-Europäer und Matriarchat, Marija Gimbutas, widmete der Erforschung der matriarchalen Urzeit ihr Lebenswerk. Ihre Forschungen umfassen sowohl die archäologischen Funde, als auch die Symbolik der vorschriftlichen Zeit Alt-Europas. Das Ergebnis dieser jahrzehntelangen Arbeit ist eindeutig – die Urzeit war weiblich, d.h. sie wurde von Frauen geleitet. Dies bezeugen u.a. die unzähligen weiblichen Statuetten. Männliche Statuetten wurden erst spät, nur vereinzelt und nur ganz selten gefunden. Gimbutas ist überzeugt, dass es sich bei den abertausend weltweit gefundenen weiblichen Figurinen – unterdessen wird ihre Zahl auf insgesamt über 100’000 Exemplare, Teilartefakte und Fragmente geschätzt – um die Würdigung des Weiblichen, insbesondere um die Schöpferinnenkraft der Mütter handelt. Die Figurinen sind Manifestationen der Verehrung der weiblichen Urahne (der Großen Göttin, wie sie später genannt wird), der Verehrung der Frau und ihrer Kraft in ihrem Leib neues Leben zu schaffen und zu gebären. Davon zeugen auch die unzähligen Darstellungen von in Stein gemeißelten Vulven, die ›das heilige Tor des Lebens‹ symbolisieren. (s. D. Wolf ›Felsbildkunst – Geheimnisvolle Botschaften aus der Steinzeit‹)
Schwangerschaft und Geburt gehören mit zu den tiefsten Mysterien menschlichen Erlebens, ein archaisch-mystisches Geschehen, ein unfassbares Wunder, das zutiefst berührt. Neues Leben kommt aus dem Schoß der Frau, eine Tatsache, real und für alle sinnlich wahrnehmbar, sicht- und erfahrbar. »Doch wie das Kind in den Mutterschoß kam, war zweifellos ein Geheimnis… Angesichts des Zeitraumes, der zwischen Befruchtung und Geburt liegt, ist es wahrscheinlich, dass die Bedeutung von Schwangerschaft und Geburt hochgeschätzt wurde, lange bevor man erkannte, dass dieses Wunder das Ergebnis der Empfängnis war, die dem Koitus folgte.« (S.G.F. Brandon, britischer Religionswissenschaftler) Tatsächlich kann die Kenntnis vom Zusammenhang von Sex und Schwangerschaft keineswegs bei allen Völkern vorausgesetzt werden. Diese Ansicht teilen zahlreiche ForscherInnen, wie etwa »James Frazer, Margaret Mead und andere WissenschaftlerInnen, die herausgefunden haben, dass in den sehr frühen Stadien der Entwicklung, bevor man das Geheimnis der menschlichen Fruchtbarkeit verstand, bevor der Koitus mit Geburt assoziiert wurde, die Frau als Spenderin des Lebens verehrt wurde. Nur Frauen konnten die Art fortpflanzen, und der Anteil des Mannes an diesem Prozess war noch nicht erkannt worden.« (Leonard Cottrell zit. von Merlin Stone ›Als Gott eine Frau war‹ 1988). »Die Tatsache, dass die Menschheit nichts über die männliche Fruchtbarkeit, nichts über Spermien und ›Samen‹ wusste, bleibt für viele ein geistiger Stolperstein. Manche streiten diese Möglichkeit einfach ab, und damit alle Gründe für die magische und religiöse Ehrfurcht, mit der die Frau und die Yoni in der Frühgeschichte und im Laufe der Zeit betrachtet wurden…  Nach dem gut dokumentierten Forschungsbericht von Reay Tannahill ›Sex in History‹ zufolge, ›gab es Stammesvölker, selbst noch im zwanzigsten Jahrhundert, deren Ignoranz fundamental geblieben war. Die Bellonesen auf den Solomon-Inseln verkündeten den Missionaren, die dort in den dreißiger Jahren landeten, Kinder würden von den Ahnengöttern abstammen. Für sie war Sexualverkehr eine angenehme Aktivität, die aber nichts mit Fruchtbarkeit zu tun hatte. Ein weiteres schönes Beispiel für solche ›biologische‹ Ignoranz stammt von einer Stammesfrau in Australien des zwanzigsten Jahrhunderts. Als man ihr die westlichen Ansichten über Fruchtbarkeit erklärte und andeutete, der Mann spiele dabei eine Rolle, antwortete sie schlicht und verärgert: Er – nichts!« (Rufus Camphausen 1999, S. 28) Frauen standen sich ohne Zweifel während Schwangerschaft und Geburt schon immer gegenseitig bei, berieten, betreuten, pflegten und betätigten sich schon Jahrtausende als Hebammen und Heilerinnen.

»Kinder gebären zu können, war in der alten Ordnung eine wundersame,
heilige Fähigkeit der Frauen.«
(Marilyn French)

»In allen Kulturen der Welt gibt es Mythen, die von einer Zeit sprechen, in der allein die Frauen um die Geheimnisse von Leben und Tod wussten und daher auch nur sie fähig waren, die magische Kunst des Heilens auszuüben. Aufgrund ihrer direkteren Beziehung zum Körper, den elementaren Lebensvorgängen und den intuitiven Fähigkeiten eher zur Bewahrung heilkundlichen Wissens prädestiniert als der Mann, spielte die Frau über Jahrtausende die führende Rolle in der Medizin — und könnte sie auch heute noch spielen. Doch im Laufe einer Entwicklung hin zu einer von männlichen Werten dominierten Gesellschaft wurde die Frau aus dieser Rolle verdrängt. Erst heute beginnt man einzusehen, dass der von den ›Göttern in Weiß‹ beherrschten akademischen Schulmedizin für Heilung des ganzen Menschen wesentliche Elemente fehlen, die vor allem die Frau aus ihrer spontanen Fürsorglichkeit für das Leben und ihrer natürlichen Ganzheitlichkeit der Erfahrung einzubringen vermag.« (Jeanne Achterberg ›Die Frau als Heilerin‹ 1991) Die Ärztin und Forscherin Jeanne Achterberg geht mit ihren Recherchen bis nach Sumer zurück und Merlin Stone schreibt: »Fast überall auf der Welt wurden weibliche Göttinnen als Heilerinnen gepriesen, die Heilkräuter, Wurzeln, Pflanzen und andere medizinische Hilfsmittel verteilten. Die Priesterinnen, die den Tempeldienst versahen, wurden so zu den Ärztinnen der Gläubigen, die zum Tempel kamen.« (Stone ibd. 1988, S. 28) Die meisten Ägyptologinnen und Ägyptologen vertreten die völlig unrealistische Annahme, die hoch entwickelte Heilkunde, der wir am Anfang der dynastischen Zeit in Ägypten begeg­nen, sei in der kurzen, kriegerischen, prädynastischen Zeit und den ersten Dyna­stien ›erfunden‹ worden. Ausgerechnet in der Zeit der kriegerischen Eroberung – von der ÄgyptologInnen allerdings nichts wissen wollen. Doch niemand kann erklären, warum die medizinische Kunst dann seltsamerweise unter den Pharaonen verkümmerte. (s. D. Wolf ›Die Kulturleistungen der Frauen – die Wiege der Zivilisation‹)

Das Matriarchat kannte weder Väter noch Götter

Die Entdeckung der biologischen Vaterschaft geschah vor nur etwa 5500 Jahren.
Sie führte in eine Zeit von extremer Gewalt, Elend und Ungerechtigkeit.

Seit Menschengedenken existierte das Matriarchat; weil es Frauen sind, die Kinder gebären und umsorgen. Die Entdeckung der biologischen Vaterschaft geht zurück auf die Beobachtung indoeuropäischer Rinderzüchter, die die Rolle der männlichen Tiere bei der Zucht von Jungtieren bemerkten und verstanden haben. Die These, dass dadurch der Anteil des Mannes beim Zeugen von Nachwuchs und damit die biologische Vaterschaft erkannt wurde, wird heute von der Wissenschaft anerkannt. So stellte auch die Historikerin Gerda Lerner fest: »Mit der Domestizierung von Tieren und der Entwicklung von Viehzucht wurde auch die Funktion des Mannes bei der Fortpflanzung erkannt.« Die Beteiligung des Mannes beim Entstehen von Nachkommen war bis dahin unbekannt und/oder unwichtig; wichtig war allein die Mutter, die die Kinder gebar und damit das weitere Bestehen des Clans und der Sippe garantierte. Die Entdeckung der biologischen Vaterschaft löste bei manchen Männern vermutlich eine ziemliche Aufregung aus. Die Neuigkeit mag Verblüffung, Erstaunen, Freude, ein noch nie gekanntes Gefühl von Wichtigkeit, ein überhöhtes Selbstbewusstsein, bei einigen von ihnen gar Triumph bewirkt haben und führte weg von der Zeit des friedlichen Matriarchats ins bis heute existierende, weltweite, kriegerische Patriarchat, was jedoch von WissenschaftlerInnen außer Acht gelassen wird. Wir sollten dies alles jedoch in Betracht ziehen und zu verstehen suchen, was dies bei einigen Männern ausgelöst haben dürfte. Bis dahin müssen sich Männer in ihrem mütterlichen Clan wohl gefühlt haben. Sie waren zufrieden und glücklich, wie es noch in heute existierenden matriarchalen Clans der Fall ist. So berichtet etwa der argentinische Arzt und Journalist Ricardo Coler 2011 nach einem längeren Aufenthalt im Matriarchat‹ der Mosuo, einem abgelegenen Gebiet Chinas in seinem Buch ›Das Paradies ist weiblich‹. Männer hatten und haben da ihren Platz im mütterlichen Clan, der nach mütterlichen Werten, dem mütterlichen Prinzip lebt und organisiert ist. Sie verfügen über Selbstvertrauen, haben ein gesundes Selbstwertgefühl, sind selbstbewusst, selbstsicher und einfühlsam, wie wir das bei den eher seltenen, nicht-patriarchalen Männern bei uns und in allen noch bestehenden Matriarchaten beobachten können.

Die Entdeckung der biologischen Vaterschaft durch die Viehzüchter
führte zu den ersten Kriegen

«Der Krieg hat mich gelehrt, wie lächerlich die Männlichkeit ist. Hätte es keinen Krieg gegeben, dann hätte ich wahrscheinlich diese Lächerlichkeit in irgendeinem Beruf entdeckt. Sagen wir, ich wäre Lehrer oder Angestellter in einem Betrieb; meine Kollegen, fast alle lächerlich in ihrer Männlichkeit, in ihrer Wichtigtuerei und ihrem Gerede. Das klingt jetzt sehr böse, weil ja Männer im Krieg auch einiges mitmachen, sie sterben, sie werden verwundet. Und trotzdem hat mich der Krieg in seiner Lächerlichkeit, in seiner absurden Lächerlichkeit, zum Verächter des Mannes gemacht.» (Heinrich Böll: Eine deutsche Erinnerung)

Die Entdeckung der biologischen Vaterschaft war jener Moment, als erst einigen wenigen Männern die Entdeckung wie ein Testosteronrausch zu Kopf gestiegen sein muss. Nehmen wir an, einer von ihnen vermutete, dass Frauen längst vom männlichen Beitrag zur Schöpfung neuen Lebens wussten, dies jedoch geheim gehalten hatten. Mit diesem möglichen Verdacht, ob richtig oder falsch, wurde Hass auf Frauen geschürt, weil sie Männern vermeintlich die Anerkennung und Bedeutung ihres Beitrages und damit ihr Ansehen und damit ihre verdiente Verehrung vorenthalten haben sollen. Für einen Mann könnte das eine narzisstische Kränkung gewesen sein, wie sie noch heute beobachtet werden kann, z.B. bei Männern jüdischen Glaubens:

»In Israel soll die Tatsache, dass neues Leben im und aus dem Körper der Frau erwächst, während der effektive männliche Beitrag zu diesem Wunder auf den
kurzen Vorgang der Begattung beschränkt ist, zur bleibenden Irritation und
sogar Beleidigung der Männerwelt geführt haben.«
(Othmar Keel/Silvia Schroer ›Eva – Mutter alles Lebendigen‹ 2004, S. 11)

Die Kränkung könnte zum Entstehen der heute allgemeinen Frauenfeindlichkeit beigetragen haben. Wir wissen es nicht. Sicher ist, dass im Moment der Entdeckung Neid und Eifersucht einiger weniger auf die Schöpfungskraft der Frau und die darauf basierende natürliche Autorität und Macht der Mütter und ihre weltweite Verehrung entstanden sind. Die Erfahrung zeigt, dass ein einziger von Hass erfüllter Mann fähig ist, eine Revolte, ja einen Krieg zu entzünden. Damals führten aggressive Reaktionen zu ersten Überfällen, Massakern und erstmaligen Zerstörungen von matriarchalen Siedlungen und gipfelten schließlich in der erfolgreichen Eroberung ganzer Länder. (s. Die früheren Bücher und Beiträge von Doris Wolf) Einige Männer begannen zu glauben, sie seien aufgrund ihres Beitrages bei der Zeugung von Nachwuchs weitaus wichtiger, bedeutender, stärker und intelligenter als Frauen und sie hätten deshalb Anspruch auf Macht, Respekt und Autorität, die bis dahin den Matriarchinnen zugekommen sind.

›VATER‹ –
Ehrentitel der ersten Invasoren-Könige Ägyptens

Ägypten, das Land, das zu den ältesten Kulturvölkern der Welt zählt, kannte bis zur Entdeckung der indoeuropäischen Viehzüchter nicht einmal einen Namen für den biologischen Vater. »Das Substantiv ›Vater‹ kann man in einem einfachen Ideogramm (Wortzeichen) nicht von den Substantiven ›Mann‹ oder ›Sohn‹ unterscheiden.« (François Daumas ›Ägyptische Kultur im Zeitalter der Pharaonen‹ 1969, S. 47)
Der Begriff ›Vater‹ kann in der ersten Dynastie Ägyptens archäologisch und linguistisch erstmals einwandfrei festgestellt werden. Die ersten Könige der 1. Dynastie Ägyptens, etwa König Zer/Zar (deutsche Transkription Djer) und seine Nachfolger erhalten in den Königslisten die Bezeichnung ATti, ATi, ATothis. Diese Bezeichnungen mit der auffallenden AT-Silbe sind jedoch nicht Personennamen, sondern Titel, Auszeichnungen, die für Vater und Herrscher stehen. Obwohl die traditionelle Ägyptologie stark sprachwissenschaftlich orientiert ist, wurde das bisher nicht bemerkt. (s. Wolf ›Die Verwechslung von Ehrentiteln und Herrschernamen‹: ›Wer war Menes?‹).
Begriffe für Vater mit der AT-Silbe sind nicht Ägyptisch oder afrikanisch sondern eindeutig indoeuropäisch. Wir finden die Silbe in vielen indoeuropäischen Sprachen, z.B. im hurritischen ATtai, dem indischen RATa, dem urartäischen ATe, beim Väterchen ATtila, dem Hunnenkönig, bei ATatürk, dem Vater der Türken, aber auch im mittelhochdeutschen ATte, dem althochdeutschen ATto, dem VATi und dem ›ÄTti‹. Der Ausdruck vATer gehört zur indoeuropäischen Sprachfamilie, genau wie das altindische Sanskritwort piTAr. Pater patriae, ›Vater des Vaterlandes‹, war noch in Rom ein vom Senat verliehener Ehrentitel.

Die Entdeckung der Vaterschaft führte zur Erfindung
des ersten männlichen Gottes

Er war ein Gott mit dem indoeuropäischen Namen ATum

Der Name ist ein von den eingewanderten Kriegern, d.h. Indoeuropäischen Eroberern und ihren neu erfundenen ›Priestern‹ geschaffener, neuer Gott und wird von diesen interpretiert als der, ›der sich selbst erschaffen hat‹. Wir kennen das aus späterer Zeit sehr gut. Immer wieder haben Männer; seien es beispielsweise jüdische, römische oder griechische Emporkömmlinge männliche Götter erfunden. Immer bekämpften Eroberer die verhasste, vom Volk jedoch verehrte und geliebte Grosse Göttin, die Urmutter der Welt. Im 14. Jahrhundert vor unserer Zeit versuchte der ›Ketzerkönig‹ Echnaton den Glauben an einen einzigen männlichen Gott durchzusetzen. Er erfand den Sonnen-Vatergott ATon, zu dem jedoch erst nur das Königspaar direkten Zugang hatte. Echnaono schuf sich damit beim Volk und der Priesterschaft von Theben viele Feinde. Sein Versuch scheiterte und verschwand entweder mit Echnatons vermutetem frühen Tod, der jedoch nirgends verbrieft ist. Möglicherweise floh der König mit der ganzen Bevölkerung und seiner Armee von Tell el-Amarna aus Ägypten (in der Bibel die Legende vom Exodus) nach Kanaan, wo ATon – dort verehrt als ADon, der Herr und Gott der Hebräer in Israel – bis heute weiterlebt. (s. D. Wolf ›Wer war Echnaton?‹) Die Priesterkaste der fremden Könige in Ägypten erfand nicht nur den ersten männlichen Gott, sondern auch eine zu ihm passende Religion.

Die dynastische Religion ist nichts anderes als
eine religiös verbrämte Herrschafts-Ideologie.

Die Erfindung immer neuer Götter führte zur Überhöhung des Mannes als Gottes Ebenbild und einer frauenverachtenden Herrschafts-Ideologie, die, religiös verbrämt, heute ›Religion‹ genannt wird. Alle folgenden patriarchalen Götter und Religionen überhöhen und idealisieren den Mann, während die Frau diskriminiert, bekämpft und erniedrigt wird. Die verehrte Grosse Göttin des Matriarchats wurde mit der männlichen Machtnahme verboten, verfolgt und schliesslich eliminiert. (s. D. Wolf ›Der Mutter-Göttinnen-Mord‹)

»Die Vorstellung der Welt ist, wie die Welt selbst, das Produkt von Männern.
Sie beschreiben sie von ihrem Standpunkt aus, den sie mit dem der absoluten
Wahrheit gleichsetzen.«
(Simone de Beauvoir)

Seit der Entdeckung der biologischen Vaterschaft und der ideellen, institutionellen, politischen, sozialen und religiösen Durchsetzung des Patriarchats ringen Männer um die gleiche Anerkennung, Liebe und Verehrung als Männer und Väter, wie sie damals den Frauen und Müttern zuteil wurden. Wir können daraus auf die außerordentliche Wichtigkeit und Tragweite schließen, die sich Männer in ihrer Rolle als Väter zugeschrieben haben und noch immer attestieren. Wir kennen jedenfalls keinen einzigen Grund, der erklären könnte, warum nach hunderttausenden Jahren Frieden und harmonischen Zusammenlebens von Frauen und Männern unter der matriarchalen Leitung der Mütter, der Respekt der Männer für die Frauen plötzlich in Verachtung, Diskriminierung und Hass umschlug.
Männer befanden offensichtlich, ihre Leistung und bisherige Wertigkeit, ihre Stärke und Kraft werde in ihrem Leben in der matriarchalen Gesellschaft viel zu bescheiden veranlagt, ja, geradezu diskriminiert und massiv unterschätzt. Das ist die Geburtsstunde des toxischen, männlichen Größenwahns, der männlichen Selbstüberschätzung und der Geringschätzung und Verachtung der Frauen. Charakteristiken, die sich in allen eroberten Ländern verbreiteten und bis in die Gegenwart bestehen. Die Konsequenz ist der nachhaltige, uns allen bekannte, krankhafte Hass auf Frauen, was wir als Misogynie kennen, die in unserer sogenannt zivilisierten Welt sogar zu den grassierenden Frauenmorden, den Femiziden führte. Frauen sind seit der Machtergreifung der Männer ihrer brutalen Gewalt ausgesetzt. Von den herrschenden Regierungen, die von toxischer Männlichkeit strotzen, werden Frauen nirgends genügend vor männlichem Hass und Brutalität geschützt.

Es ist die Erkenntnis der biologischen Vaterschaft,
die vor 5000 Jahren zur Erfindung eines ersten Gottes führte

Mit dem endgültigen Sieg über das indigene Volk der ÄgypterInnen und der Stabilisierung ihrer Macht, maßte sich die arische Priesterschaft der Eroberer an, einen ersten männliche Gott zu schaffen. Damit versuchten sie, die Grosse Muttergöttin durch einen ebenso wichtigen, verehrungswürdigen Vatergott zu ersetzen. Das gelang ihnen jedoch trotz aller Bemühungen vorerst noch nicht. Wie wir wissen, liess schon Cheops die Tempel der Göttin schließen und ihre Verehrung verbieten. Doch noch Tausende Jahre später, blieb die Grosse SET / ISET / griechisch ISIS die wichtigste Göttin bis weit ins römische Reich und der damals bekannten Welt. Ihr Name bedeutet nichts anderes als einfach ›Frau‹, ›Dame‹. Sie wird bis heute als ›Unsere Liebe Frau‹. ›Notre Dame‹ verehrt. Erst das Christentum hat ihre endgültige Eliminierung geschafft. (s. Harald Specht ›Geschichte(n) der Lust – Zwölf Kapitel über Leidenschaft und Laster‹ 2013 und ›Das Erbe des Heidentums‹ 2014, u.a.)
Während der matriarchale Ahnen-Kult der Verehrung einer unserer einstigen irdischen Ur-Mütter galt, fehlte ein entsprechender Urvater-Kult, auf den man sich im Patriarchat berufen konnte. So erfanden die arischen Priesterkasten, die die Eroberer begleiteten, deren Grössenwahnsinn angepasste überirdische, männliche Wesen, die sie mit allen gewünschten, grossen, magischen und phantastischen Attributen ausstatteten. Daraus wurden die Ideologien, die man heute ›Religion‹ nennt. Wie das Patriarchat selbst, sind auch seine verschiedenen Anteile, wie die Religionen und ihre Götter, toxisch, krankmachend und gewalttätig. Sie brachten, ebenso wie die Kriege, unendlich viel Leid und Tod in die Welt. Seit in Ägypten die indoeuropäischen Eroberer die Ideologien ihrer kriegerischen Machtpolitik und die patriarchale Religion der arischen Priesterkaste verknüpften, stehen religiöse Anführer stets auf der Seite der Mächtigen, der Despoten und Kriegstreiber. Im März 2022 können wir dies wieder beim Angriff Putins auf die Ukraine, der durch die christlich orthodoxe Kirche unterstützt wird, beobachten. Putin hat offensichtlich die ›positive‹Wirkung der Religionen erkannt und setzt sie nun gegen die Bevölkerung als Teil seiner kriegerischen Macht erfolgreich ein.

»Alle Religionen und alle Heiligen Schriften bergen ein Gewaltpotenzial in sich. 
Ich denke an manchen Tagen, dass es besser wäre, 
wenn wir gar keine
Religionen mehr hätten
. « (Dalai Lama)

Alle patriarchalen Religionen wurden von patriarchalen Männern zur patriarchalen Ideologisierung und Missionierung der Welt erfunden und staatlich institutionalisiert:

»Gott ist ein Spätling in der Religionsgeschichte.«
(Gerardus van der Leeuw, evangelischer Theologe und Religionshistoriker)

Der Verlauf der darauf folgenden patriarchalen Religionen, die den Frauen einen angemessenen Anteil nicht zugesteht:

– Der monotheistische Gott der Juden geht auf den indoarischen Ketzerkönig Echnaton zurück. Er erfand den Vatergott ›Aton‹, als dessen Sohn er sich wähnte. (s. D. Wolf ›Wer war Echnaton?‹) Abraham, der möglicherweise identisch ist mit dem babylonischen König Hammurabi (um 1800 v.u. Z.) der die berühmte patriarchale Gesetzestafel schuf, ist der Vater der monotheistischen jüdischen Religion und diese etwa 3800 Jahre alt. (s. D. Wolf: www ›Die Eroberer aus dem Norden‹)

– Der monotheistische christliche ›liebe‹ Gott, ebenfalls ein Vatergott, ist eine Erfindung des jüdischen Wanderpredigers Jesus, der sich, wie vor ihm schon Echnaton, ebenfalls zum Sohn ›seines‹ Vatergottes machte. Er verachtete seinen irdischen Vater Josef und seine Mutter Maria demütigte er auf der Hochzeit zu Kanaan mit den Worten: ›Weib was habe ich mit dir zu tun‹. Der überirdische ›Vater‹ von Jesus, der zum christlichen Gott gemacht wurde, ist entsprechend gerade mal 2000 Jahre alt.

– Der monotheistische Allah, der islamische Gott der Muslime, wurde von Mohammed vor 1400 Jahren durch die Ermordung der uralten Göttin Allat und die Vermännlichung ihres Namens, durch Weglassen der weibliche T-Endung, geschaffen (s.D. Wolf: ›Das Matriarchat in Arabien‹)

Fragwürdige Hypothesen zur Entstehung des Patriarchats

Es gibt zahlreiche Ideen, wie, warum und wann das Patriarchat entstanden ist, die aber bisher lediglich mehr Fragen als überzeugende Antworten brachten. Es sind Vermutungen, Interpretationen und Spekulationen, die den Umsturz vom Matriarchat ins Patriarchat entweder als natürliche Evolution bagatellisieren oder als einen Prozess, der Jahrtausende dauerte, zu erklären versuchen. Einen gewaltsamen Umsturz vom Matriarchat ins Patriarchat will man nicht erkennen und nicht akzeptieren. Stattdessen berufen sich patriarchale Wissenschaftler, Regierende und Vertreter der patriarchalen Religionen vor allem auf Klimaveränderungen und Naturkatastrophen, die einen radikalen Umbruch der Gesellschaft notwendig gemacht haben sollen. Man(n) will unter keinen Umständen wahrhaben, dass es die späte Erkenntnis des männlichen Anteils der Zeugung war, die im Laufe der letzten 5000 Jahre geschaffen wurde, die die gewaltsame Vorherrschaft des Mannes schuf. Das Patriarchat wurde nach dieser Erkenntnis durch erste Überfälle, Beutezüge und Massaker von kriminellen Männerbanden geschaffen und nach diesem Muster der Gewalt bis heute erhalten.

Hypothesen heutiger Wissenschaftler z.B. vom Geologen James DeMeo, der die Entstehung des Patriarchats mit einem Klimawandel begründete (Saharasia 2006). Es scheint, dass für den radikalen Umbruch, der zum Patriarchat führte, viel zu oft eine Klimaveränderung angenommen wird. ›Aus der Klimageschichte lernen‹, titelte jedoch die Max-Planck-Gesellschaft ihren Beitrag vom 24. März 2021: »Erkenntnisse, wie sich Gesellschaften in früheren Zeiten an klimatische Veränderungen anpassten, können bei den aktuellen Herausforderungen helfen. Klimaveränderungen werden im Laufe der Geschichte, wie die Kleine Eiszeit während des 13. bis 19. Jahrhunderts, häufig mit Hungersnöten, Krisen und Kriegen in Verbindung gebracht. Doch es gibt auch viele Beispiele, wie Bevölkerung und Politik die veränderten Bedingungen zu ihrem Vorteil nutzen oder zumindest Stabilität wahren konnten. Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte hat einen neuen Ansatz entwickelt, der die gesellschaftliche Resilienz in den Mittelpunkt stellt und dabei einen sorgfältigeren Umgang mit Klimadaten und historischen Fakten sicherstellt, als das bisher oft der Fall war.« (s. Klima Sozialwissenschaften).
Zu den anderen beliebten Gründen die zur Erfindung des Patriarchats geführt haben sollen, gehört ein postulierter später Beginn der Sesshaftigkeit. Sesshaftigkeit war jedoch Normalität; die Gesellschaft organisierte sich um die Mütter, wurde von ihnen bestimmt, durch Schwangerschaft, Still- und Erholungszeit und die Rücksicht auf kleine Kinder, Alte und Kranke. Weil Frauen und ihre Leben schöpfende und Leben erhaltende Wichtigkeit von patriarchalen Wissenschaftlern gerne vergessen wird, übersehen sie, dass die allgemeine Sesshaftigkeit nicht erst vor 10-12‘000 Jahren erfolgte. Es waren immer nur kleine Gruppen die wanderten, aus Neugier oder Abenteuerlust, so wie heute noch bei uns in Ländern des Westens. Da es bis vor 5500 Jahren keine Kriege gab, gab es auch keine Ströme von fliehenden Menschen.
Die Erfindung des Pfluges soll, so wird vermutet, zur Patriarchalisierung beigetragen haben. Der Pflug soll verantwortlich gewesen sein für die Wende von der großartigen Zeit des abenteuerlichen Jagens zum mühsamen, arbeitsintensiven Ackerbau. Seltsamerweise, soll damit die fröhliche Zeit der lustigen Jägerei mit der schweißtreibenden Arbeit des Bauern hinter dem Joch freiwillig eingetauscht worden sein. Es soll jedoch diese schwere Arbeit hinter dem Pflug gewesen sein, die Männer mit neuen Rechten belohnt habe, so glauben die Einen. Andere glauben, in der äußerst dünn besiedelten Welt von damals, hätte die Schlichtung von Streit um Weideland männliche ›Führernaturen‹ hervorgebracht, oder dass die Bewältigung von Hungerkrisen die Machtübernahme der Männer forderte. Manche behaupten, verdichtete Siedlungen hätten automatisch zu hierarchischen, von Männern dominierten Gesellschaftsformen geführt. Einige insistieren schlichtweg, es habe nie eine andere Gesellschaftsordnung als das Patriarchat gegeben, oder die Patriarchalisierung sei eine äußerst komplexe Entwicklung gewesen, die sich bis zur heutigen Form über viele tausend Jahre abgespielt habe und eigentlich nicht rekonstruierbar sei. Jedoch:

      Die Entdeckung der biologischen Vaterschaft wurde als ›legitimes Recht der Väter auf Herrschaft‹ interpretiert und mit einem kriegerischen Umsturz durchgesetzt und später 

Wenn wir ernsthaft die Frage stellen, warum all das nicht  diskutiert wird, gibt uns der Altorientalist Gebhard J. Selz eine nüchterne Antwort:

»In Europa waren die orientalistischen Fächer allgemein und die Altorientalistik im Besonderen lange eingebunden in die christlich-theologischen Disziplinen.« (G. J. Selz)

Das sind sie noch immer. Kaum ein Wissenschaftler und schon gar keine Wissenschaftlerin wagt es die männliche Theologie, die monotheistischen Religionen in Frage zu stellen oder zu kritisieren. Die mittelalterliche Drohung der Blasphemie, des Kirchenbannes und der Höllenstrafen schüchtern die Männer (wenn auch unbewusst) ein – und den Frauen sitzen die Hexenverbrennungen ihrer Ahninnen noch in Nacken und Knochen; sie wurden bestraft, weil sie es gewagt hatten, sich gegen die Zwangschristianisierung zu wehren. Die brennenden Scheiterhaufen blieben im traumatisierten kollektiven Gedächtnis der Frauen erhalten, was einer der Gründe für ihr lang anhaltendes Schweigen ist.
Es ist eindeutig, warum die Urgeschichte von der patriarchalen Wissenschaft kaum erforscht wird, denn diese führt unvermeidlich zurück in die Zeit des Matriarchats und in die Verehrung der Großen Göttin. Verständlich, dass die patriarchalen, monotheistisch jüdischen, die islamischen und christlichen Gelehrten davon nichts wissen wollen: Das Patriarchat wurde zur ideologischen und religiösen Grundlage des Gesellschafts-, Werte- und Wirtschaftssysteme von heute. Es wurde vor 5000 Jahren zuerst in Ägypten und in Mesopotamien institutionalisiert und spätestens mit den muslimischen Eroberungskriegen und den christlichen Kolonialisten und Missionaren über die ganze Welt von patriarchalen Eiferern verbreitet.

»Zweifelsohne ist das Patriarchat eine schicksalsschwere Fehlentwicklung der Zivilisation, die uns zunehmend an den Abgrund unserer Spezies führt. Ob uns die Antworten des Beginns des Irrweges helfen, die dringend notwendige Korrektur zu machen, bleibt offen. Eine Patriarchats-Forschung scheint mir zwingend notwendig zu sein.‹ (Emanuel Erhardt, Psychiater, Psychotherapeut und Familienvater)

 

 

 

 

 


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