Appendix: Ägyptologie und Faschismus im Dritten Reich
5000 Jahre Patriarchat: Wie konnte der europaweite Hass auf die Juden in Deutschland zu einem der schlimmsten Verbrechen aller Zeiten, dem Holocaust, führen?
Die Antwort liegt in der patriarchalen militaristischen Erziehung der Deutschen
Eine harte, patriarchale Erziehung der Söhne ist schon nach der Machtnahme der indoeuropäischen Eroberer in Ägypten festzustellen. Nachdem die Mütter, die ihren Kindern, liebevoll aber bestimmt, Grenzen gesetzt und ihre Söhne zu friedlichen, Männern erzogen hatten, wurden sie, im patriarchalisierten Ägypten der Erziehung der Söhne entmächtigt. Die Eroberer, die durch Krieg das Land in Besitz genommen hatten, übernahmen die ›Aufzucht‹ der männlichen Kinder und Jugendlichen, um aus friedlichen Söhnen harte, ja grausame Killer für ihre Beutekriege und Plünderungen zu drillen. Erfahren im Umgang mit Viehzucht, behielten sie den knappen, demütigenden Befehlston, die Forderung von absolutem Gehorsam und Unterwerfung ohne Widerspruch und die Anerkennung des Züchtigers als Herrn und Meister bei. Seither züchten und züchtigen hart-patriarchale Väter ihre Söhne und rechtfertigen und verbrämen ihre Gewalt mit sadistischen, religiösen Floskeln.
›Wer seine Rute schont, der haßt seinen Sohn; wer ihn aber liebhat, der züchtigt ihn.‹
(Bibel Sprüche 13:24)
Unfassbare Worte des Papstes Franziskus im Mai 2015:
»In einem Interview mit der argentinischen Zeitung La Voz del Pueblo sagte der Papst:
»Ich sage immer: Man soll ein Kind nicht ins Gesicht schlagen, weil das Gesicht heilig ist.
Aber zwei oder drei Klapse auf den Hintern schaden nicht«.
Es ging und es geht noch heute gläubigen, bibeltreuen Vätern, wie damals den Nazis darum, ihren Söhnen neben Gottgläubigkeit und Frömmigkeit, extreme Härte, ja Grausamkeit und stete Gewaltbereitschaft einzuprügeln, mit dem Ziel, die Welt nach ihrer patriarchal-faschistischen Weltanschauung zu verändern. Es war seit Anbeginn des institutionalisierten Patriarchats das Ziel, Eroberungskriege (Beutezüge) zu führen, um ihre Gier zu befriedigen und die Macht an sich zu reissen, mit nachhaltigen Folgen. In Deutschland wurden vom Staat unter Friedrich Wilhelm I. (1688–1740), dem König von Preussen und dem unterstützenden Einfluss der Kirchen, preußische Tugenden propagiert und gefördert. Den Wesenskern bildete absoluter Gehorsam, Pflichtbewusstsein, Disziplin, Pünktlichkeit, Ordnung und Fleiß. (s. Wikipedia) Die ›Tugenden‹ wurden zu allgemeinen deutschen ›Werten‹. Der absolute Gehorsam fordert die ebenso unbedingte Akzeptanz jeglicher demütigenden Befehle; Empathie, Intelligenz, Hinterfragen und selbständiges Denken sind unerwünscht. (s. Wolf ›Die monströse Fratze des Patriarchats‹)
Natürlich wurden auch Mädchen und Frauen der patriarchalen Propaganda und der massiven Indoktrinierung unterzogen, allerdings anders als die Männer. Sie wurden ausgebeutet, körperlich und psychisch, wurden zu frommen, braven, wunschlosen Objekten, zur Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse der Männer und zur Produktion und Aufzucht der arischen Rasse und zur Herstellung von neuem menschlichen Kanonenfutter-Nachschub, welches die ständigen Kriege des Patriarchats forderte, erzogen. (s. ›Die Hybris der ›LebensschützerInnen‹).
›Wohl dem, der deine Kinder packt und sie am Felsen zerschmettert‹ (Psalm 137.9).
Die ›Schwarze Pädagogik‹ machte Mädchen zu gehorsamen, patriarchatsgläubigen, überangepassten, fleissigen und braven Töchterchen, die den Mann als ihnen überlegen, als Oberhaupt der patriarchalen Familie zu akzeptieren hatten. Ihr Pflicht war, ob sie wollten oder nicht, ihm sexuell zur Verfügung zu stehen und für sie als ›Brutöfen‹ für Nachwuchs zu sorgen. Männer wurden zu ängstlich-paranoiden, rückgratlosen, jedoch stets gewaltbereiten Duckmäusern, Wurden zu willigen Befehlsempfängern und -Ausführenden, wie sie sich Hitler vorstellte. Das ist keine Entschuldigung für das unfassbare Verbrechen, das sie den Juden antaten, aber wir können daraus lernen, was Erziehung bewirkt, damit so etwas Grauenhaftes nie wieder passiert. So wollte es Hitler:
»Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muss weggehämmert werden. In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich. Jugend muss das alles sein. Schmerzen muss sie ertragen. Es darf nichts Schwaches und Zärtliches an ihr sein. Das freie, herrliche Raubtier muss erst wieder aus ihren Augen blitzen. Stark und schön will ich meine Jugend… So kann ich Neues schaffen.« (Adolf Hitler, aus Alice Miller „Am Anfang war Erziehung“)
Nach 5000 Jahren Patriarchat und 70 Jahren nach dem Holocaust ist der Faschismus und Antisemitismus wieder erschreckend aktuell. Nicht nur in Europa, auch in den USA. George Washington, der erste Präsident Amerikas, erkannte die Gefahr und warnte schon zu seiner Zeit, dass »abgefeimte, ehrgeizige und skrupellose Männer« in der Lage seien, die Macht eines Volkes zu untergraben! Donald Trump, der 45. Präsidenten der US, ein narzisstischer Sexist, Rassist und Lügner bestätigt Washingtons Warnung eindrücklich und beweist:
Ein einziger, größenwahnsinnig gewordener Mann genügt, um mit dem Verbreiten von Hass, Lügen, Unterstellungen und falschen Anschuldigungen ein Volk an den Rand des Abgrundes zu fahren.
Der gescheiterte Versuch einer Aufarbeitung
Flinders Petrie, Sohn eines Landvermessers und Ingenieurs, der als ›Vater der Archäologie‹ bekannte britische Gelehrte (1853–1942) reiste 1880 nach Ägypten, wo er die Pyramiden von Gizeh vermaß. Er war einer der ersten Forscher, der aufgrund seiner langjährigen Grabungstätigkeiten im Nahen und Mittleren Osten ab der Mitte des 4. Jahrtausends in Ägypten einen drastischen kulturellen Umbruch feststellte. Abrupte Veränderungen, die auf einen kriegerischen Umsturz hinwiesen z.B. eine neue Bestattungsart, (s.https://www.doriswolf.com/wp/matriarchat-und-urgeschichte/von-der-muttergottin-zu-den-vatergottern/), waren auch in Ägypten in der späten 2. Hälfte des 4. Jahrtausends festzustellen. Für Flinders Petrie war es eine ›neue Rasse‹, die ursprünglich von einem unbekannten Punkt Vorderasiens ausgewandert, in Ägypten eingedrungen und zur ›Dynastic Race‹, den Begründern der männlichen Königsdynastie wurde. Petrie war der Überzeugung, dass die damaligen Unruhen und die aufkommende Gewalt im Niltal keineswegs innere Ursachen hatten. Er hatte keinen Zweifel, dass es der Goldreichtum Afrikas war, der die Eroberer, die als Falkenstamm mit dem Namen ›Shemsu-Hor‹ identifiziert wurden, angetrieben hatte, das Land am Nil zu erobern. Wir wissen, der Falke ist ein Raubvogel, keine Friedenstaube. Seine Wahl als Totemtier kein Zufall. (s. ausführlich: DW 2009 Kapitel 4 ›Die verheimlichte Tragödie einer Invasion aus Vorderasien‹).
Der bekannte Altorientalist und Sumerologe Samuel Noah Kramer (1897–1990) vermutete, dass Mesopotamien etwa zur gleichen Zeit wie Ägypten ebenfalls von kriegerischen Horden, aus einer unbekannten Gegend im Norden, möglicherweise des Transkaukasus oder den transkaspischen Gegenden überfallen und erobert wurde.
Die frühen Archäologinnen, ÄgyptologInnen und Altorientalisten waren unvoreingenommene Pragmatiker, offen, glaubwürdig und verlässlich. Sie begeisterten sich für ihre Arbeit, waren sorgfältig in der Dokumentation, aber nüchtern im Beurteilen und Interpretieren ihrer Funde und blieben auf dem Boden der Tatsachen.
Bis heute wollen patriarchale Ägyptologen, unter ihnen Faschisten, Nationalisten und Isolationisten von einer Eroberung Ägyptens nichts wissen. Auch nicht, dass der kriegerischen Eroberung Jahrtausende des Friedens und des allgemeinen Wohlstandes, unter matriarchalen, regierenden Königinnen, vorausgegangen waren, und dass die Gesellschaftsordnung in der Zeit vor der Invasion matriarchal gewesen sein muss. Nicht das immer wieder von patriarchalen Wissenschaftlern und Klerikern beschworene ›Chaos‹ des Matriarchats entsprach den Tatsachen: »Gute gesetzliche Ordnung, Besonnenheit und Frieden bildete den hervorragenden Charakterzug der von Weibern regierten Staaten«, schreibt J.J. Bachofen (1815–1887) in seinem 1861 erschienen Werk ›Das Mutterrecht‹. Der Schweizer Rechtshistoriker, Altertumsforscher und Anthropologe Johann, Jakob Bachofen brachte ans Licht, was weder damalige noch heutige Patriarchen akzeptieren wollen: die matriarchale Urgeschichte. Er schrieb ›Das Mutterrecht‹, das als Basis moderner Matriarchatsforschung gilt. Bachofens Bewertung der Zeit des Matriarchats, die er ›Gynaikokratie‹ nennt, sieht er durchaus positiv und friedfertig. Damit unterscheidet und distanziert er sich eindeutig von den Wissenschaftlern der Antike, welche Frauen mit Gewalt und Unruhe in Verbindung brachten und deshalb ihre Unterdrückung wie die Sklavenherrschaft als rechtens und legitim betrachteten. Bachofen wurde heftigen Anfechtungen ausgesetzt, abgelehnt und falsch interpretiert. Sein Werk fand jedoch später eine positive Beachtung unter anderem durch Friedrich Engels, Lewis Henry Morgan, August Bebel, Erich Fromm, C.G. Jung und den Matriarchatsforscherinnen.
Das Geheimnis, das Bachofen lüftete, war die Zeit des Matriarchats, des Friedens, die Zeit der Mütter. Es war eine Zeit unbeschwerten Lebens in Freiheit, die sich in den künstlerischen Aktivitäten, sichtbar in der Heiterkeit und Unbeschwertheit der Millionen Felsbilder ausdrückte. Mehr als 100 Jahre später bestätigt der Rechtshistoriker Uwe Wesel die Rechtsordnung der matriarchalen Urkulturen und spricht deutlich aus, was wir später auch von Maria Gimbutas zum Matriarchat in Alt-Europa lesen können (s. Doris Wolf, 2009, Kapitel 3): »Matriarchale Urkulturen sind anarchisch geordnete, segmentäre Gesellschaften, ohne Herrschaft und ohne Staat, die im wahren Sinn des Wortes egalitär gewesen sind, in denen die Egalität nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen meinte. In ihnen standen die Frauen sogar im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Ordnung, durch Matrilinearität und Matrifokalität.« (Wesel 1990, S. 144)
»Frauen wurden als Träger der Menschheitsgeschichte übergangen.«
(Julia Katharina Koch, Archäologin)
Mit dem Bestreiten der Eroberung Ägyptens wie sie Flinders Petrie festgestellt hatte, begann die schlimmste Geschichtsklitterung aller Zeiten, welche alle weiteren Verfälschungen, Beschönigungen und Verzerrungen der Ägyptologen bedingte: Die Verleugnung der Terrorherrschaft der Pharaonen. Geleugnet wurde damit – und das ebenfalls bis heute – dass das indigene schwarzafrikanische Volk Ägyptens besiegt, unterworfen, versklavt und jeder Freiheit beraubt wurde. Und erst recht bestritten wird die Tatsache, dass Frauen vor der Eroberung Macht hatten, dass regierende, matriarchale Königinnen den Ländern vorstanden und sie leiteten und Jahrtausende des Friedens und des allgemeinen Wohlstandes vor den Pharaonen garantiert hatten. (s. ›Von den Urmüttern Ägyptens keine Spur – Der Ägyptologe Thomas Schneider über Doris Wolfs These eines vorpharaonischen Matriarchats‹ Weltwoche 37, 1994 und www ›His Masters Voice‹).
Die Berichte der frühen ArchäologInnen und ÄgyptologInnen waren frei von vorgefassten, rassistisch oder sexistisch geprägten Vorurteilen. Sie waren keine Ideologen, keine Schwärmer für die pharaonische Angeberei und fielen deren Propaganda nicht zum Opfer. Sie überhöhten das Regime der Pharaonen nicht, schwärmten nicht von ihnen, glaubten nicht, dass sie ›gerecht und väterlich‹ für Ägypten gesorgt haben. Sie waren auch keine bigotten Eiferer, die an eine ›Göttlichkeit‹ der Pharaonen glaubten, wurden keine Anhänger der Erfindung von Ur- und Vater-Göttern und der daraus entstandenen Königs-Religion. Sie erkannten sehr schnell, dass es nach der Eroberung Ägyptens zwei Religionen nebeneinander gab und dass die Eroberer die ursprüngliche Verehrung der Großen Göttin, die Religion der indigenen Bevölkerung, bekämpften.
Erst jetzt können wir erkennen, dass Flinders Petrie mit seiner These von der ›Dynastic Race‹ ausserordentlichen Mut bewies. Er wurde dafür angegriffen, konnte sich nicht durchsetzen, kaum jemand glaubte ihm. Obwohl eine Aussenseiterin in der Ägyptologie – oder gerade deshalb – , war ich frei und konnte selbst und unbeeinflusst in langen Jahren der Forschung (in einer ersten Etappe von Ende 1988 bis 1994) die Eroberer Ägyptens als Indo-Europäer und Arier identifizieren. Meine diesbezüglichen Forschungsergebnisse stellte ich in meinem ersten Buch vor (›Was war vor den Pharaonen – Die Entdeckung der Urmütter Ägyptens‹ 1994, S. 98-101). Meine Thesen untermauerte ich u.a. mit Namen und Titeln der frühen Oberschicht, die eindeutig auf ihre Herkunft und Identität hinweisen. (Im Lexikon der Ägyptologie (1975–1992) findet sich zu den Indo-Europäern und Ariern als Erobere Ägyptens kein Beitrag.)
Der Jung-Ägyptologe Thomas Schneider, damals Student bei Eric Hornung an der Uni Basel, reagierte 1994 auf mein Buch – offensichtlich als ›his master’s voice‹ – mit einer diffamierenden Kampagne, einer geballten Ladung von Kritik und Hass in der Schweizer Weltwoche. (s. https://www.doriswolf.com/wp/erstaunliches/)
Ich ließ mich nicht einschüchtern, weitete meine Forschungen aus und erläuterte das Thema der fremden Herrscher in Ägypten 2009 in meinem zweiten Buch erneut (s. ›Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens‹ 2009) Wieder hatte ich Verblüffendes gefunden. Ich hatte erkannt, dass die Sprach-Forschung wichtige Erkenntnisse beitragen konnte, um den Beweis von weißen Eroberern und ihre Herkunft zu erbringen. Zur Wichtigkeit der Sprachen betonte William Foxwell Albright (1891–1971), der US-amerikanische Archäologe und Philologe altorientalischer Sprachen, dass die Analyse von Personen- und Ortsnamen ein wichtiges Mittel zur Identifizierung verschiedener ethnischer Elemente sei. (›The Cambridge Ancient History I‹ 1970, I, p. 128) Der iranische Arier- und Sprachwissenschaftler Jahanshah Derakhshani trug das Wesentlichste zur Sprachforschung der Arier bei. Er wurde von mir als Gewährsmann für meine Thesen ausführlich zitiert.
Deutschland unter dem Nationalsozialismus
»Die Ägyptologie im nationalsozialistischen Deutschland 1933–1945 ist ein bisher kaum aufgearbeitetes Thema. Es wird in der Geschichte der deutschen Ägyptologie oft weggelassen. Vor 1933 hatte die deutsche Ägyptologie einen international hervorragenden Ruf. Viele bedeutende amerikanische Ägyptologen hatten in Deutschland studiert [unter ihnen der amerikanische Historiker James Henry Breasted]. Nach 1945 dauerte es Jahrzehnte, bis die deutsche Ägyptologie international wieder voll anerkannt wurde.« (›Ägyptologie‹ Wikipedia, abgerufen am 9.1.2020). Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus in Deutschland und dem um sich greifenden Faschismus in Europa begann – ganz nach dem Vorbild des ›großen‹ deutschen Führers und kriegerischen Eroberers Hitler –, die Überhöhung der autokratischen dynastischen Herrscher des Alten Ägyptens zu ›großen‹ und ›göttlichen‹ Führern und mit ihrer Glorifizierung einhergehend die Rechtfertigung von Kolonialismus, Expansionismus, Imperialismus und Faschismus. Der Personenkult um den hochgejubelten größenwahnsinnigen deutschen Führer dürfte für faschistische Ägyptologen Anlass gewesen sein, die megalomanen Pharaonen als ursprüngliches Vorbild zu betrachten und zu bejubeln. Unter den Ägyptologen gab es begeisterte Anhänger Hitlers; die Tatsache war Insidern bestens bekannt; darüber zu sprechen, war jedoch unter den Ägyptologen tabu. Wir kennen ihre Namen, wissen nur noch nicht, welche menschlichen Dramen sich in dieser Zeit hinter den Mauern des Schweigens an den Hochschulen abspielten.
Jüdische Professoren wurden gekündigt und durch nationalsozialistische Ägyptologen ersetzt.
Christliche Ägyptologen – unter ihnen studierte Theologen – wollten Deutschland von den verhassten deutschen Juden ›reinigen‹. Der evangelische Theologe, Religionsgeschichtler und Ägyptologe Siegfried Morenz (1914–1970) tat seine faschistische Gesinnung durch seine Mitarbeit am ›Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben‹ öffentlich kund. Das Institut, im Jargon ›Entjudungsinstitut‹ genannt, wurde von elf evangelischen Landeskirchen finanziert. Morenz wurde 1959 mit dem Ehrendoktor der Theologischen Fakultät der Universität Tübingen ausgezeichnet! Viel Ehre für einen faschistischen Theologen!
Ebenfalls in Tübingen tätig wurde der Ägyptologe Hellmut Brunner (1913–1997) nach seinem unrühmlichen Abgang, d.h. der Entlassung als Dozent an der Universität München. Dies als Folge eines Briefes seines ehemaligen Vorgesetzten Alexander Scharff, der am 12.11.1945 an das Bayerische Kultusministerium schreibt, Brunner habe im Jahr 1940/1 bei einem offiziellen Abend des NSKK ungefähr geäußert, »dass nach dem endgültigen deutschen Sieg auch endlich die restlose Säuberung der Universitäten von Antinazisten erfolgen müsse, die sich immer noch in erheblicher Zahl in den wissenschaftlichen Stellungen befänden; dazu gehöre auch sein eigener Professor (nämlich ich, Scharff!); dieser müsse dann natürlich auch verschwinden! Ob Brunner damals habe an meine Stelle treten wollen, nehme ich als selbstverständlich an… Es spricht aus dieser Verunglimpfung seines eigenen Lehrers, der sich immer wieder für ihn eingesetzt, ihn sogar noch 1941 habilitiert hat, eine so niedere, aus reinem Ehrgeiz angestachelte Gesinnung, dass ich seitdem innerlich alle Brücken zu meinem einstigen Schüler abgebrochen habe… Ich möchte jedenfalls, das betone ich schon jetzt, Dr. Brunner auf keinen Fall wieder als Assistenten oder als Dozenten an der Münchner Universität haben…« (zit. von Thomas Beckh, ›Das Institut für Ägyptologie der LMU im Nationalsozialismus‹, in: Elisabeth Kraus (Hrsg.): Die Universität München im Dritten Reich, I, München 2006, S. 292). »Um so erstaunlicher ist es«, schreibt Thomas Beckh, »dass Brunner bereits 1951 wieder einen Lehrauftrag für Ägyptologie ausgerechnet in Tübingen bekommt und dort auch 1964 der erste Ordinarius in diesem Fach wird. In der Folge prägt Brunner entscheidend die Ägyptologie der Nachkriegszeit und verstirbt schließlich hochgeehrt am 18.2.1997 wobei ihm in einem Nachruf [von Erich Winter] bescheinigt wird: ›Sein Verantwortungsbewusstsein fühlte das eigene Herz zu jeder Stunde auf der Waagschale liegen und nicht erst in der letzten‹.« (Beckh ibd. S. 292f.) Nach Brunners Tod stellte man fest: ›Im Nachlass eines Tübinger Professors fand sich Beutegut‹ (http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten_artikel,-Im-Nachlass-eines-Tuebinger-Professors-fand-sich-Beutegut-_arid,129919_print,1.html) Erik Hornung hatte dem alten Freund zum 60. Geburtstag seinen Beitrag ›Seth – Geschichte und Bedeutung eines ägyptischen Gottes‹ gewidmet. Brunners Themen-Schwerpunkte in Tübingen lagen ausgerechnet im Bereich Weisheitslehren, Erziehung und Religion. (Übrigens war Brunner der Ehemann der Ägyptologin Emma Brunner-Traut. Sie gehörte zu den begeisterten Anhängerinnen der faschistischen Pharaonenverherrlichung!) Brunner war seit 1934 Mitglied des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK) und seit 1937 Mitglied der NSDAP. Im selben Jahr wurde er Blockwart der NS-Wohlfahrt. (Wikipedia: T. Beckh). Partei-Mitglieder brachten ihre Kinder in die neuen NSV-Kindergärten mit ihrem Hitlerkult-Motto: ›Händchen falten, Köpfchen senken – immer an den Führer denken. Er gibt euch euer täglich Brot und rettet euch aus aller Not.‹ (Wikipedia: Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt). AMEN!
Der durch seine patriarchal-faschistische Haltung bekannte Günther Roeder war in den Jahren 1940 bis 1945 unter der Zuständigkeit von Hermann Göring Direktor des wiedereröffneten Ägyptischen Museums Berlin. »Walter Wolf (1900–1973 unterzeichnete im November 1933 das ›Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler‹.
Der Ägyptologe Georg Steindorff emigrierte nach dem Verlust seiner Professur in Leipzig 1939 nach Amerika. Er stellte fest, dass es nur wenige deutsche Ägyptologen gab, die sich als »men of honor« bewiesen hätten. Danach wurde Walter Wolf zum außerordentlichen Professor an seiner Stelle berufen. Er dozierte an der Uni in SS-Uniform mit Hitlergruss und hackenschlagend. »1949 wurde er Gastprofessor in Münster, wo er ein ägyptologisches Seminar aufbaute. Dort war er von 1959 bis 1969 ordentlicher Professor. (›Walter Wolf‹ Wikipedia)
Ein anderer dieser sauberen Nazis war Siegfried Schott. Er wurde »1938 in Göttingen habilitiert und übernahm nach der Entlassung von Hermann Ranke 1938 die Vertretung der Heidelberger Professur, von 1938 bis 1943 als Dozent, von 1943 bis 1945 als außerplanmäßiger Professor. Seine Tätigkeit in Heidelberg wurde allerdings durch den Kriegsdienst 1939 bis 1942 in Nordafrika unterbrochen. Nach 1945 wurde er wegen seiner Mitgliedschaft in verschiedenen NS-Organisationen (unter anderem seit dem 1. November 1942 in der NSDAP) entlassen. Von 1952 bis 1957 war Schott [jedoch!] außerordentlicher, von 1957 bis 1966 ordentlicher Professor für Ägyptologie an der Universität Göttingen.« (Wikipedia)
Hans Jacob Polotsky (1905-1991), israelischer Orientalist und Linguist, Professor für semitische Sprachen und Ägyptologie, studierte in Berlin und Göttingen unter dem Ägyptologen Hermann Kees, der nach 1933 in die Wissenschaftspolitik des Nationalsozialismus verstrickt war. Der in Göttingen tätige Ägyptologe Hermann Kees (1886-1964) lehrte in der Hauptsache altägyptische Religionsgeschichte und ihre Götterwelt. Kees wurde nach Kriegsende im Rahmen der Entnazifizierung wegen seiner extrem nationalsozialistischen Betätigung seines Postens enthoben (Beckh, S. 296, Wikipedia) und nach Einstufung in eine minderbelastete Kategorie im Jahre 1952 emeritiert. So wurden zwei berühmte Absolventen des Göttinger Seminars, Georg Steindorff und Hans Jacob Polotsky, zur Emigration gezwungen. 1935 flieht Polotsky aus Deutschland und findet eine Anstellung an der neu gegründeten Hebräischen Universität Jerusalem (Wikipedia).
Nur von wenigen Wissenschaftlern ist bekannt, dass sie sich dem faschistischen Trend widersetzten; zu ihnen gehörten unter anderen Hans Bonnet und Alexander Scharff. Bonnet behielt »auch während der Zeit des Nationalsozialismus seine Integrität. Sein Lehrer charakterisierte ihn 1945 in der sogenannten Steindorff-Liste als einen der edelsten Menschen unter den deutschen Ägyptologen, der seinem jüdischen Lehrer Steindorff unter anderem nach der ›Reichskristallnacht‹ Schutz und ein Versteck angeboten hatte.« (Wikpedia ›Hans Bonnet‹)
Bernhard von Bothmer, der von 1932 bis 1939 am Ägyptischen Museum in Berlin tätig war, bezahlte seine antifaschistische Haltung gegen den Nationalsozialismus mit dem Verlust seiner Stelle und seiner Heimat. In seinem Nachruf heißt es: »Seine offene Opposition gegen den Nationalsozialismus, der auch am Ägyptischen Museum Fuß gefasst hat, bewegte ihn 1939, seine Heimat zu verlassen« (ZÄS 1994). Hans Bonnet und Alexander Scharff überlebten ihre mutige Haltung unbeschadet und ohne negative Konsequenzen.
In einem Brief schreibt Keith C. Seele (Chicago) im Januar 1950 an Georg Steindorff, es sei allen bekannt, »dass fast alle Nazis heute so tun, als wäre nichts gewesen und sich sogar als Unschuldslämmer hinstellen.« (Schneider/Raulwing 2013)
Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus begann bei den faschistischen Ägyptologen eine massive Geschichtsklitterung der Pharaonenzeit. Die kritische Betrachtung der ersten ArchäologInnen und Ägyptologinnen wich einer kritiklose Bewunderung und dem Verschweigen, Leugnen, Verschleiern, Verfälschen, Bagatellisieren, Beschönigen und Rechtfertigen der Machtnahme Ägyptens durch die indoarische Eroberung und den damit verbundenen Gräueltaten. Das ganze Ausmaß, welche die Begeisterung für den europäischen Faschismus des 20. Jahrhunderts auf die Geschichtsschreibung des Alten Ägypten hatte, lässt sich vorläufig nur erahnen, doch die Verherrlichung des pharaonischen Despotismus ist nicht zu übersehen. Der hochgejubelte größenwahnsinnige Führer, der Personenkult, die Kriegstreiberei, die zentralistische totalitäre Regierung, die Ideologie einer Herrenrasse, der Gotteswahn, die religiöse Bigotterie, die verherrlichte Politik von Dominanz, Krieg, Gewalt, Eroberung und Raub fremden Territoriums, Rassismus, Unterdrückung, Abwertung der Frau, Verfolgung und Ausrottung Andersgläubiger und Andersdenkender, dürfte für manche von ihnen Vorbild gewesen sein, die megalomanen Pharaonen als Ideal zu betrachten und zu glorifizieren.
Auf den Lehrstühlen sitzen noch während Jahrzehnten nach dem Krieg die alten Garden und ihre Nachkommen, die die verzerrte und geschönte Geschichte der despotischen Pharaonen weitergeben. Von der Entlassung jüdischer Professoren profitierten ohne jeden Skrupel die Mitläufer des Naziregimes, von denen viele nicht entdeckt oder nicht geoutet wurden und als emeritierte Professoren z.T. noch unter uns sein dürften.
Im Jahre 2007 veröffentlichte der baltische Ägyptologe Sergei Stadnikow seine Arbeit über ›Die Bedeutung des Alten Orients für deutsches Denken – Skizzen aus dem Zeitraum 1871–1945‹. Er führt zahlreiche Beispiele deutscher Gesinnungsgenossen des Hitler-Regimes in der Ägyptologie und Altorientalistik auf. (s. auch ›Die Berliner Schule im Dritten Reich. Begegnung mit Hermann Grapow (1885–1967)‹ von Thomas L. Gertzen 2015 und ›Ägyptologen und Ägyptologie zwischen Kaiserreich und Gründung der beiden deutschen Staaten‹ 2013; taz Wissenschaft im Dritten Reich: Ägyptologen mit Nazi-Hintergrund)
Tatsächlich hatte sich in den Köpfen der neuen Generationen seit dem 2. Weltkrieg kaum etwas geändert, als ich 2009 in meinem 2. Buch die Verheimlichung des dunklen Kapitels des Faschismus in der Ägyptologie erneut kritisierte. Bis dahin hatte Thomas Schneider und alle andern, Angst, dass das Publikmachen dieser, bis dahin verheimlichten, bösen Geschichte, von den deutschen ÄgyptologInnen als Nestbeschmutzung aufgefasst und ihrer Karriere schaden könnte. Vorsicht war geboten. Doch dann, möglicherweise aufgrund meiner erneuten Kritik, sah sich Thomas Schneider 2013 veranlasst, endlich – und das selektiv und überaus vorsichtig – sich dem ungeliebten Thema anzunähern, für das er sich nie zuvor interessiert hatte: Thomas Schneider/Peter Raulwing Co-Autoren und Co-Editoren: ›Egyptology from the First World War to the Third Reich‹ 2013.
Schneider bemühte sich, in seinem Beitrag: ›Ägyptologen im Dritten Reich. Biographische Notizen anhand der sogenannten ‘Steindorff-Liste’‹, Autoren und Material zum Thema zu sammeln und vorzustellen – die Veröffentlichung zeigte Schwächen. Viele der von mir bereits 2009, auch auf meiner Homepage veröffentlichten Anhänger Hitlers (jetzt auf dieser Seite), erwähnt Schneider überhaupt nicht.
War es absichtliches Verschweigen, unsorgfältiges Recherchieren oder Ignoranz, dass der deutsche Historiker und Leiter der Forschungsabteilung des United States Holocaust Memorial Museum in Washington DC., Jürgen Matthäus, darauf aufmerksam machen musste, dass Otto Rössler, einer der schlimmsten Nazi-Verbrecher, von Schneider nicht einmal erwähnt wurde? Otto Rössler (1907–1991) »arbeitete bis Kriegsende zum größten Teil für das ›SS-Ahnenerbe‹, das NS-Propagandaministerium und den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS. 1940 kam er als Assistent Jakob Wilhelm Hauers an die Universität Tübingen. 1941 wurde er habilitiert und 1941/42 im Reichssicherheitshauptamt, in welchem die ›Judenforschung‹ die ›exekutive Lösung‹ der Judenfrage ›durch tiefergehende Kenntnisse‹ zu unterstützen hatte.« (›Otto Rössler‹ Wikipedia) Seiner ›Vernichtungspolitik fielen die an den Universitäten führenden jüdischen Ägyptologen zum Opfer. »Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft und seiner Entnazifizierung (sic!) wurde Rössler 1954 außerordentlicher Professor an der Universität Tübingen. 1964 wurde er als Ordinarius an das neugegründete Seminar für Semitistik der Universität Marburg berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1975 blieb.« (Wikipedia)
Die dunkle Seite der Ägyptologie ehrlich und gründlich aufzudecken, dazu fehlt den Männern und Frauen bis heute die Entschlossenheit, die Betroffenheit und die Empathie für die Leiden der Menschen, ob für die Völker unter den Pharaonen oder für die verfolgten und ermordeten Juden unter der Nazi-Herrschaft. Sie bleiben stets distanziert und reserviert.
»Aus allen Disziplinen werden Emotionen verbannt –
einer angeblichen Wissenschaftlichkeit und Objektivität wegen.« (Gisela Weber)
Die üble Geschichte wurde keineswegs aufgearbeitet; auch nicht von Schneider et al. Schneider’s Beitrag ist, wie er selbst sagt, ›ein Inventar‹, eine Bestandsaufnahme archivierten Materials, d.h. just eine Sammlung von Daten. Er enthält sich selbst jeglicher Analyse der sozialen und politischen Auswirkungen, welche die Nazi-Ägyptologie danach auf die Ägyptologie und sein Studium hatte.
Schneider hofft offensichtlich auf Nachsicht, wenn nicht sogar auf Beifall, wo er seinen Beitrag mit den Worten beendet: »Ich hoffe, mit dieser ersten biographischen Bestandsaufnahme der deutschsprachigen Ägyptologie während des Nationalsozialismus aufgezeigt zu haben, wie wichtig biographische Forschung für das Verständnis fachlicher und institutioneller Entwicklungen in der Ägyptologie ist und wie umgekehrt die Ägyptologie einen Beitrag leisten kann zur Debatte über die Geisteswissenschaften während des Dritten Reiches. Neben der Durchsicht weiterer Archive wäre für die weitere biographische Forschung v.a. die Auffindung von Nachlässen von Bedeutung, in denen sich Korrespondenzen der beteiligten Wissenschaftler befinden. Gleichzeitig muss eine umfassende Bewertung das Ausmaß der Rezeption oder Zurückweisung der nationalsozialistischen Ideologie innerhalb des Fachdiskurses, aber auch über die universitäre Disziplin hinaus die ambivalente Stellung Altägyptens innerhalb des nationalsozialistischen Weltbildes untersuchen.« (Prologue in 2013) Fromme Wünsche, Thomas Schneider und seinen Fachkollegen kann kein besonderes Maß an Unerschrockenheit und Zivilcourage attestiert werden. Schneiders Traktat bleibt eine unvollständige Materialsammlung ohne Tiefgang. Über den Einfluss der Nazi-Ägyptologen auf die spätere Ägyptologie denkt er nicht nach und inwiefern der faschistische Virus, die rassistische Romantisierung, die nationalistische Verklärung der Pharaonen die Geschichte der Ägyptologie in der Folge verzerrte. Eine aufklärende wissenschaftliche Arbeit über den Umsturz in der 2. Hälfte des 4. Jahrtausends wird bis in unsere Gegenwart gemieden – einfach bestritten und geleugnet – damit scheint das Problem aus dem Weg geräumt. Auch die himmelschreiende Elends-Geschichte der Unterdrückung, Ausbeutung und Versklavung, von Armut und Hunger, wie ich sie in meinen Büchern aufgezeigt habe, wird von niemandem in Angriff genommen. Obwohl genügend Material vorhanden und allen zugänglich ist, wird sie, wenn überhaupt, nur punktuell erwähnt. Nur das Leben der Oberschicht und der Herrscher, mit denen sich einige faschistische Ägyptologen identifizieren, interessiert die ÄgyptologInnen. Die Wissenschaftler, die das elitäre Fach Ägyptologie besetz(t)en, gehör(t)en oder zähl(t)en sich selbst nicht zum ›Volk‹ sondern zur ›Elite‹. So sonnen sich einige noch immer im Glanz der faschistisch aufpolierten Pharaonen. Nur wenige WissenschaftlerInnen, haben den Größenwahn, den Zustand der Pharaonen »zwischen Normalität und Geisteskrankheit« (Erich Fromm) erkannt und nur wenige haben die manipulativen ›religiösen‹ Mythen ihrer Priester durchschaut. Nur wenige hatten den Mut, sich wenigstens hie und da in einem vorsichtigen Satz kritisch zu äußern. Keiner der Autoren analysierte die Folgen, keiner schrieb etwas über die Auswirkungen, welche die Nazi-Zeit auf die Ägyptologie nach dem Krieg hatte. – Mit einer Ausnahme der Amerikanerin Lindsay J. Ambridge. Die einzige Frau in der Männerrunde der Buchedition, hat den Mut und die intellektuelle Kapazität, tatsächlich eine kritische Analyse zum amerikanischen Ägyptologen und Historiker James Henry Breasted und den Folgen seines rassistischen Denkens zu schreiben. Breasted hatte Ägyptologie in Berlin bei Adolf Erman studiert und wurde da 1894 promoviert. Zurück in den Staaten, wurde er ab 1894 Dozent und ab 1905 Professor für Ägyptologie und Geschichte des Orients an der University of Chicago. Er schwärmte von der überlegenen Weißen Rasse, betrieb u.a. ›Rassenlehre‹ und hatte einen enormen Einfluss auf den Rassismus in den USA, wo seine Bücher zu Hunderttausenden verkauft wurden. Seine ›wissenschaftliche‹ Untermauerung des Rassismus wurde von den Rassisten dankbar akzeptiert. Durch seine Veröffentlichungen wurde der Größen- und Rassenwahn ›wissenschaftlich‹ gestützt und gerechtfertigt. Seine Bücher hatten eine katastrophale Wirkung auf Akzeptanz und Institutionalisierung des Rassismus.
Zum Glück gab es auch andere Wissenschaftler. Der US-Anthropologe Robert W. Sussman veröffentlichte 2015 ›The Myth of Race: The Troubling Persistence of an Unscientific Idea‹ (Der Mythos der Rasse: Das beunruhigende Fortbestehen einer unwissenschaftlichen Idee). In diesem Buch beschrieb er die Rasse als ein soziales Konstrukt und nicht als eine auf der Wissenschaft basierende Entität. Er zeichnet die frühen Ursprünge der rassistischen Theorien nach und verfolgt sie bis in die Gegenwart. Sussman beschrieb die wichtigsten Entwicklungen in der Geschichte des Rassismus. Das Buch war ein Höhepunkt seiner lebenslangen Bemühungen, die fehlgeleiteten Vorstellungen aufzudecken, die rassistische Überzeugungen befeuern. Archäologie online vom 20.9.2020)
Selbständiges, kritisches Denken, Intuition und Kreativität findet im Studienfach Ägyptologie an den Universitäten jedoch bis heute nicht statt. Der Versuch die faschistische Geschichte der Ägyptologie von Ägyptologen selbst aufzuarbeiten, musste scheitern.
(Briefe des Ägyptologen Georg Steindorff online zugänglich https://www.archaeologie-online.de/nachrichten/briefe-des-aegyptologen-georg-steindorff-online-zugaenglich-3754/
Die Konsequenzen des deutschen Faschismus unter den Nazis bekamen natürlich nicht nur Professoren und Mitarbeitende der Universitäten zu spüren, auch die junge, 1892 in Berlin geborene jüdische Ägyptologin Elise. J. Baumgartel, die sich auf das ur- und frühgeschichtliche Ägypten spezialisierte, war von der Verfolgung betroffen. „Sie studierte an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin zunächst Medizin und dann Ägyptologie bei Adolf Erman und Kurt Sethe.