Die Verehrung der Vulva
- Der heilige Stein: Silex, Feuerstein oder Flint
- Die ersten von Menschen geschaffenen Artefakte: Der Chopper
- Faszinierendes Rätsel ›Faustkeil‹
- Die kunstvollen ›Faustkeile‹ sind keine Werkzeuge…
- Faustkeile sind keine Jagd- und keine Kriegswaffen
- Faustkeile sind sakrale Kultgegenstände, religiöse Symbole des Weiblichen
- Die Frau als Quelle des Lebens: Vom Chopper zur weiblichen Figur
- Das heilige Dreieck
- Das Dreieck versinnbildlicht ›Das Große Weibliche‹
- Symbole sind der Schlüssel zum Verständnis der schriftlosen Vergangenheit
- Die Vulva ist ein Regenerationssymbol
- Die verkannte Vulva in den ägyptischen Hieroglyphen
- Die Verehrung der Vulva in den Religionen
- Die verheimlichte Verehrung der Vulva in der islamischen Religion
- Mekka: Das Geheimnis der ›Kaaba‹
- Die Verehrung der Vulva in der Kunst
- Die Frau – der Ursprung der Welt (›L’Origine du monde‹)
›Yoni Portraits‹ Christina Camphausen (ISBN 978-90-813729-1-6)
»Die früheste Kunst ist universaler Ausdruck des Lebendigen und seines wichtigsten Funktionsträgers, des Weiblich-Mütterlichen, das uns im Symbol der Vulva in jenen Zeiten tausendfach entgegentritt.« (Helmut Uhlig)
Der heilige Stein: Silex, Feuerstein oder Flint
Auf der ganzen Welt fand man die fragilen, muschelig bearbeiteten Silex-Artefakte aus Kieselsäuregestein, dem heiligen Stein der Urzeit. Die älteste Mine Ägyptens, in der Feuerstein abgebaut wurde, ist die Fundstelle von Nazlet Khater in Mittelägypten, die nach Radiokarbon-Daten auf 35’000–30’000 Jahre datiert wird; in Europa ist der Abbau etwas jünger. In Frankreich wurden elf hauchdünne Feuersteinklingen, deren Alter auf etwa 19′000 Jahre geschätzt wird, gefunden (Volgue/Saône et Loire). Zart und hauchdünn können sie »kaum zur Arbeit gedient haben. Es handelt sich nicht um Werkzeuge, da sie beim geringsten Schlag zerbrechen würden. So liegt die Vermutung nahe, dass es sich um Kultgegenstände handelte.« (Gerda Weiler ›Der enteignete Mythos‹ 1991, S. 12 f.).
Links: Silex aus dem ägyptischen Fayum nach Caton-Thompson. Mitte: Vulva. Rechts:
Silex aus dem paläolithischen Frankreich. Sogenanntes Lorbeerblatt
(Musée de Saint-Germain-en-Laye. CC Calame)
Die ersten von Menschen geschaffenen Artefakte: Der Chopper
Am Turkanasee in Kenia machten Forscher einen überraschenden Fund: Von Menschen gezielt bearbeitete Steinwerkzeuge, die vor 3,3 Millionen Jahren entstanden sind. (›Älteste Steinwerkzeuge der Menschheit entdeckt‹, www.scinexx.de vom 21.5.2015). Damit sind sie beinahe eine Million Jahre älter als die vom Homo habilis, dem ›geschickten Menschen‹ geschaffenen Werkzeuge, die vor ca. 2,5 Millionen Jahren hergestellt wurden. Die ersten bearbeiteten Steine gaben den unvorstellbar langen Epochen der Entstehung der Menschheit den Namen ›Steinzeit‹. Durch einfaches Abschlagen entstanden neben den Werkzeugen auch die ersten symbolhaften Artefakte, meist aus Feuerstein oder Geröll, die man in der Archäologie Geröllgeräte, Chopper, Pebble tools oder galet amenagé nennt. In Ostafrika, dem Ursprungsort der Menschheit, gab es eine auffallende Häufung dieser bearbeiteten Steine. In der kenianischen Oldoway-Schlucht fand Mary Leakey etwa 2,5 Millionen Jahre alte Chopper. Ihre »Herstellung zeigt bereits eine ausgefeilte Technik, die noch mehr als eine Million Jahre später angewandt wurde… Die Homininen, die vor 2,5 Millionen Jahren lebten, waren bezüglich der Steinbearbeitung keine Anfänger. Wir gehen deshalb davon aus, dass in Zukunft noch ältere Steinwerkzeuge zu finden sind«. (›Nature‹, September 2011) Diese Voraussage hat sich jetzt bewahrheitet.
Vor- und Rückseite eines bearbeiteten Silexknollens, zeitlich zwischen dem frühen Chopper
und dem späteren ›Faustkeil‹ entstanden (Höhe ca. 12 cm, Oberägypten)
Für das ägyptische Niltal bezifferte der Archäologe Fernand Debono die ältesten bearbeiteten Steine auf zwei Millionen Jahre. Nichts unterscheidet sie von jenen Kenias, Äthiopiens und Südafrikas. (›Le paléolithique final et le mésolithique à Hélouan‹ ASAE 48, 1948) Damals begann das Zeitalter des homo habilis, einer Weiterentwicklung des homos mit einem um 30% größeren Hirnvolumen, was u.a. zu einem Fortschritt in der Steinbearbeitung führte.
»Schon für die frühesten Vertreter des Homo erectus ist der Gebrauch von Steingerät nachgewiesen; spätere Individuen nutzten auch das Feuer, wie die 790.000 Jahre alte Fundstelle Gesher Benot Ya’aqov – die älteste sicher datierte – im heutigen Israel belegt. Die ersten Steinwerkzeuge (Chopper und Chopping Tools) gehören der Kulturstufe des Oldowan an. Vor etwa 1,5 Million Jahren wurde in Afrika die Stufe des Acheuléen erreicht. Vor etwa 500.000 Jahren kam diese Technik auch nach Europa. Sie zeichnet sich durch beidseitige Klingen aus, die sehr sorgfältig gefertigt wurden.
Der Homo sapiens verfeinerte die Methoden der Steinbearbeitung. Bemerkenswert sind die ersten Zeugnisse abstrakten (symbolischen) Denkens, das sich am prägnantesten in Höhlenmalereien ausdrückt, deren älteste auf etwa 35.000 Jahre datiert wurden. Die ältesten bekannten künstlerischen Erzeugnisse sind mit Gravuren verzierte Knochenobjekte aus der Blombos-Höhle in Südafrika, deren älteste auf etwa 77.000 Jahre datiert wurden. (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Urgeschichte)
Die Frau als Quelle des Lebens: Vom Chopper zur weiblichen Figur
»Das große Mysterium und die Fruchtbarkeit der Frau als Quelle des Lebens waren es, aus denen sich die frühesten religiösen Traditionen entwickelten…
Es wurden Frauen- und Tierstatuetten gefunden, die aus der Acheuléen-Periode des Altpaläolithikums vor mehr als 500′000 Jahren stammen.« (Marija Gimbutas ›Die Zivilisation der Göttin‹ 1996, S. 222)
Dieser 97 mm große Silex wurde mit wenigen Abschlägen zu einer Figur mit weiblichen Formen. Alter unbekannt, Oberägypten. (Fotos: Elisabeth Fischer)
Faszinierendes Rätsel ›Faustkeil‹
Der bisher früheste gefundene ›Faustkeil‹ – die Weiterentwicklung des Choppers – ein beidseitig bearbeiteter Silexstein, wurde im Rift Valley in Kenia gefunden. Er soll 1,78 Millionen Jahre alt sein. Im so genannten Acheuléen, das vor etwa 1,8 Millionen Jahren in Afrika begann, waren bearbeitete Steine bereits weit verbreitete Kunstwerke von großer Perfektion. Der Ägyptologe Wolfgang Helck stellte fest, dass Faustkeile aus der Altsteinzeit auch in Ägypten häufig sind (Helck ›Jagd und Wild im Alten Vorderasien‹ 1968, S. 2). Sein Kollege Dietrich Wildung fand Faustkeile aus Feuerstein des Acheuléen, einer Kultur der Altsteinzeit, die auf die Zeit von 1,5 Millionen bis 150’000 Jahre datiert wird. Hunderte altsteinzeitlicher Faustkeile wurden 1990 südlich von Dongola bei Expeditionen des Royal Ontario Museum gefunden, die 70’000 Jahre alt sind. (Dietrich Wildung, Jürgen Liepe ›Sudan, Antike Königreiche am Nil‹ 1996, S. 9) Wildung stellte überrascht fest: »Ein Vergleich mit altsteinzeitlichen Kulturen in verschiedenen geographischen Räumen zeigt, wie sehr sich diese Kulturen ähneln. Je weiter wir zurückgehen, desto einheitlicher, austauschbarer werden die Formen der Geräte und Waffen [!] aus Feuerstein« (Wildung ›Ägypten vor den Pyramiden‹ 1981, S. 8). Wie gesagt, da diese ›Faustkeile‹ Symbole für die Vulva sind, ist der Vergleich doch gar nicht so erstaunlich, das ›Tor des Lebens‹ bleibt sich bei allen Frauen der Welt gleich.
Faustkeile »sind zwischen 8 und 30 cm groß, ähneln in ihrem Umriss einer Mandel oder einem Tropfen und zeigen oft eine bewundernswert sorgfältig herausgearbeitete, nahezu perfekte Symmetrie. Sie finden sich an unzähligen Fundorten von Südafrika bis nach Südengland und von Portugal bis nach Indien – manchmal zu Tausenden und manchmal in nur wenigen Exemplaren« (Martin Kuckenburg ›Als der Mensch zum Schöpfer wurde – An den Wurzeln der Kultur‹ 2001, S. 46).
Die ältesten europäisch/vorderasiatischen ›Faustkeile‹ stammen von den Dmanissi-Fossilien aus Georgien, die ebenfalls auf 1,7 bis 1,8 Millionen Jahre datiert wurden. Im südlichen Europa wurden die ältesten der bisher gefundenen Exemplare auf 900′000 Jahre geschätzt; sie stammen aus Höhlen in Spanien (Solana del Zamborino und Estrecho del Quipar); in Süd-Frankreich rechnet man mit 450′000 Jahre alten Funden aus der Grotte von Vaufrey. Im deutschen Bilzingsleben wurde ein ›Faustkeil‹ aus Elefantenknochen mit einem Ritzmuster gefunden, in welchem man einen Mondkalender vermutet. Das Alter wird auf 370’000 Jahre geschätzt. Faustkeile sind kein Kennzeichen des ›homo habilis‹, des ›geschickten Menschen‹, weil die Herstellung von Werkzeugen nicht so ›einzigartig menschlich ist‹ wie ursprünglich angenommen. Es war Darwin, der den Menschen als Werkzeughersteller in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellte. (Inge Schröder ›Wildheit in uns – evolutives Erbe des Menschen‹ 1999) »Abgesehen davon, dass technologische Errungenschaften und damit die Bedeutung technologischer Intelligenz vor dem Hintergrund der industriellen Revolution im Viktorianischen England überbewertet wurden, sprechen auch naturwissenschaftliche Befunde gegen dieses Modell. Die Entstehung des aufrechten Gangs liegt mindestens 3,6 bis 3,8 Millionen Jahre zurück. Die ersten Steinwerkzeuge, die der sogenannten Olduvan-Industrie zugeordnet werden, sind hingegen etwa 1,5 Millionen Jahre jünger (Leakey 1994)« (Inge Schröder ibd.)
Man nannte die bearbeiteten Steine ›Faustkeile‹ (engl. Handaxe, franz. Bifacial), mit der Begründung, dass die beidseitig bearbeiteten Steine ideal für eine ›faustgerechte Handhabung‹ seien. Giedion meint dazu, ein Faustkeil zeige, »wie erstaunlich das Silex-Werkzeug der menschlichen Hand angepasst wurde. Es lässt sich sogar sagen, für welche Hand, denn nur wenn dieses Instrument in die linke Hand genommen wird, passt es sich den vier Fingern und dem Daumen an, so dass zum völligen Schlag ausgeholt werden kann, wenn es gilt, die spitzen Einschläge zu machen« (Giedion 1964, S. 231). Die Aussage verrät den Irrtum, schon damals müssen die Menschen vorwiegend Rechtshänder gewesen sein. Auch ist die Bemerkung für den bestens informierten Symbolforscher Giedion erstaunlich; gerade er übersieht die Symbolik dieses Artefakts und seine mögliche sakrale Bedeutung entgeht ihm. Immerhin werden im allgemeinen die technisch perfekten ›Faustkeile‹ als Zeichen einer ›geistigen Entwicklung‹ angesehen.
Die kunstvollen ›Faustkeile‹ sind keine Werkzeuge…
…sondern sakrale Kunstgegenstände von Symbolen. Warum sollten Menschen ihre ganze Geschicklichkeit und Mühe in die schwierige Herstellung der künstlerisch bearbeiteten Steine stecken, wo Werkzeuge doch ganz einfach durch Abschlagen hergestellt werden können? Bei ihrer Verwendung als Werkzeuge würden die Artefakte auseinanderbrechen und zerbersten.
Beispiele von Silex ›Faustkeilen‹. Links: aus Südfrankreich (Musée de Saint-Germain-en-Laye,
Photo Giraudon) Rechts: aus Ägypten (R. Hamann 1944, S. 71, Photo Marburg)
Die meisten Prähistoriker verkennen die Symbolik, so auch Hansjürgen Müller-Beck, er schreibt, der Faustkeil »ist ein geradezu geniales Universalgerät: an einem Ende als handlicher Griff abgerundet und am anderen Ende mehr oder weniger spitz verjüngt; dreidimensional gestaltet, so dass Funktion und Stabilität eindeutig konstruktiv gewollt und vereinigt sind. Das kombinatorische Denken hat funktional neue Dimensionen erreicht. Der Faustkeil kann mit Gewalt brechend trennen, führt aber auch kontrolliert große und tiefe Schnitte«. Beeindruckt von der Beständigkeit, der zeitlichen Dauer und der Form der ›Faustkeile‹ schreibt Hansjürgen Müller-Beck, sie bleiben »in ihrem erfolgreichen Grundprinzip für fast 1,4 Millionen Jahre praktisch völlig stabil« (›Die Steinzeit – Der Weg der Menschen in die Geschichte‹ 1998, S. 44 f.). So ist das mit dem ›erfolgreichen Grundprinzip‹ der Vulva, sie bleibt über alle Erdteile und alle Zeiten hinweg ›völlig gleich und stabil‹!
»Vor etwa 1,5 Millionen Jahren hatte der Frühmensch die ›Faustkeile‹
so weit perfektioniert, dass man von einer künstlerischen Bearbeitung
sprechen kann. Wozu wurden sie verwendet, dass sie eine derart
überragende Bedeutung erlangten«,
fragt Martin Kuckenburg und betont, dass dem archäologischen Fundgut nach zu urteilen, diese Steingeräte »die nahezu ständigen Begleiter der Frühmenschen in großen Teilen der damals besiedelten Welt waren«. Es gibt nur wenige WissenschaftlerInnen, die wie Kuckenburg an der traditionellen Interpretation von Werkzeugen, Jagdgeräten und Waffen zweifeln und zugeben, dass sie bei der auffallend grossen Zahl, von besonders formvollendeten Artefakten vor einem Rätsel stehen und dass ihnen ihre Verwendung völlig unbegreiflich und ungeklärt erscheine.
»Obwohl sie zu den wissenschaftlich am besten erforschten paläolithischen
Artefakt-Typen gehören, haben die Faustkeile ihre Geheimnisse bisher noch nicht völlig preisgegeben.« (Kuckenburg)
Eine Untertreibung! Nicht einmal im Ansatz wurde das Geheimnis der ›Faustkeile‹ bisher geklärt, obwohl sie zu den am häufigsten gefundenen Artefakte der Urgeschichte zählen. Die martialische Bezeichnung ›Faustkeil‹ ist, wie so oft, eine Verlegenheitslösung, denn eigentlich hat mancher Mann keine Ahnung, worum es sich bei den vielen besonders sorgfältig bearbeiteten Exemplaren handeln könnte. Das Patriarchat hat die Menschen darauf dressiert, dass sie das Weibliche und seine Symbolik völlig unterschätzen und übersehen!
Einige Wissenschaftler glauben, es könnte sich bei besonders formvollendeten ›Faustkeilen‹ um ›Prestigeobjekte‹ gehandelt haben. Ein anderer Urgeschichtler meint, Männer hätten mit Faustkeilen um Frauen geworben und versucht, ihnen mit ihrer handwerklichen Geschicklichkeit zu imponieren. Wenige vermuten, dass es sich bei besonders schönen Stücken um echte Kunstwerke handelte, die aus einem ästhetischen Empfinden heraus zu rituellen Zwecken – ohne jede praktische Funktion – jedenfalls nicht zum täglichen Gebrauch, hergestellt wurden. Einige bedauern, dass »eine Fähigkeit, die mehr als eine Million Jahre lang von großer Bedeutung für das menschliche Dasein war, sich in den letzten paar Jahrhunderten fast ganz verloren hat« (Tom Prideaux, Time-Life 1982, S. 61 f.).
Erst seit auch Frauen in der Forschung zu arbeiten begannen und in den siebziger Jahre ihre eigenen Forschungsresultate veröffentlichten, begann langsam ein Umdenken. »Frauen durften die weiblichen Genitalien erkennen und verbanden sie eher mit religiösen Anschauungen als mit Jagdzauber.« (Eisler ›Von der Herrschaft zur Partnerschaft‹ (Riane Eisler, Kulturanthropologin 1989 S. 36) Bis dahin gingen amerikanische und europäische Wissenschaftler ganz einfach davon aus, dass Männer – die Jäger und Helden der Urzeit – seit jeher die Welt dominierten. (›Die Mär von den ›Großen Jägern‹ – den Helden der Steinzeit‹) »Die in den westlichen Ländern vorherrschende Überzeugung von der universalen Überlegenheit der Männer über die Frauen wird wie ein Giftstoff von Generation zu Generation weitergegeben«, schreibt Helen Fisher.
Faustkeile sind keine Jagd- und Kriegswaffen
Am 23.7.2021 veröffentlichte die Uni Tübingen einen Beitrag der Arcäologie mit dem Titel:
»Feuerstein-Artefakt belegt Großwildjagd der Neandertaler am Hohle Fels. Neu entdeckte Blattspitze war Teil einer Stoßlanze.«
Gegenstand der Behauptung ist die Abbildung einer gefundenen ›Blattspitze vom Hohle Fels bei Schelklingen‹. (https://www.archaeologie-online.de/nachrichten/feuerstein-artefakt-belegt-grosswildjagd-der-neandertaler-am-hohle-fels-5052/)
Die meisten Wissenschaftler interpretieren ›Faustkeile‹ als Hammer, Fäustling, Schneider, Schaber, Kratzer, Bohrer oder gezähnte Werkzeuge. Spitzenreiter bei den Interpretationen sind jedoch Waffen: Dolche, Lanzen- oder ›schuppenartige Speerspitzen‹ dienten den ›großen Jägern‹ der Steinzeit als Jagd- und Kriegswaffen.
Es gibt kein Artefakt aus der Altsteinzeit, das von der patriarchalen Wissenschaft nicht als Waffe interpretiert wurde. R. Dale Guthrie schreibt, die Steinwerkzeuge der Altsteinzeit hätten vor allem dem Töten, Schlachten und dem Präparieren von Säugetier-Kadavern gedient. (›The Nature of Paleolithic Art‹ 2005, S. 274). Faustkeile sind auch keine Streitäxte, wie der Autor des Wikipedia-Artikels ›Streitaxt‹ behauptet. Er schreibt: »Da bereits die Faustkeile (englisch: Handaxe) funktional zu den Hiebwaffen gehören, kann der ›Grundtyp Axt‹ als älteste Waffe der Menschheit bezeichnet werden.« Doch, hier irrt der Mann.
»Faustkeile‹ bergen ihr mystisches Geheimnis.« (Kuckenburg)
Die Urmenschen waren wahrscheinlich Vegetarier und Fischesser, die weder jagten, noch schlachteten, kein Fleisch aßen und weder Jagd- noch Kriegs-Waffen brauchten, denn sie lebten als SammlerInnen und FischerInnen – und in Frieden.
Des Rätsels Lösung: ›Faustkeile‹ sind sakrale Kultgegenstände,
religiöse Symbole des Weiblichen
Die mit dem martialischen Ausdruck ›Faustkeile‹ bezeichneten Artefakte waren religiöse Kultsteine. Sie waren den Menschen seit der Urzeit das, was den Christen heute das Kreuz, den Juden der Davidstern und den Muslimen der Halbmond: Sakrale Symbole ihrer Religiosität, der Göttin und ihrer Verehrung. Dies dürfte nun eigentlich nicht mehr erstaunen. Hat man einmal verstanden und akzeptiert, dass die Symbole der Steinzeit weiblich sind, sieht man, dass die yoniförmigen ›Faustkeile‹ die zwei frühesten und bedeutungsvollsten Symbole der matriarchalen Urzeit in sich bergen: Das runde Ende den Kreis – das spitze Ende das Dreieck. In den ›Faustkeilen‹ sind die weiblichen Symbole des Vulva-Dreiecks und des Runden, des schwangeren Leibes und des Kosmos (Kreis, Kugel, Kern, Ring, Mittelpunkt) künstlerisch vollendet vereint: das Unendliche, der Kosmos und die ewige Wiedergeburt aus der Frau.
»Die Kunst der Eiszeitmenschen brauchte uns nicht zu überraschen,
wenn wir jeden Faustkeil als ein Lehrstück für die vollendeten Formen
der Kunst späterer Generationen begreifen würden.«
(Gerda Weiler ›1994, S. 78)
.
Die Formen der ›Faustkeile‹ stimmen mit den mandel- und tropfenförmigen Vulven
in den Felsgravuren und der mobilen Artefakte-Kunst der Steinzeit überein.
Die Einheit der beiden Symbole steht für Ganzheit, Einheit, Vollständigkeit, für Schwangerschaft, Menschwerdung und Vollkommenheit. Das Vulva-Dreieck steht ›pars pro toto‹ für das Göttlich-Weibliche. Frauen ist die Kunst der Steinzeit offensichtlich zugänglicher als den männlichen Wissenschaftlern. Gerda Weiler schreibt: »Als Steinaxt oder Faustkeil kommt die Form am Beginn aller kulturschöpferischen Leistung vor. Werkzeuge in Yoni-Form wurden an den meisten Fundstellen der Altsteinzeit angetroffen. Unter den ältesten ›Faustkeilen‹ finden sich Stücke von so zarter Beschaffenheit, dass an ihren Gebrauch als Werkzeuge nicht gedacht werden kann. Vielmehr lassen sich diese oft hauchzarten Blättchen von der Form eines Yoni-Zeichens als Symbol der Vulva deuten. Es sind die gleichen Formen, die – in Felsen eingemeißelt, an Höhlenwänden gemalt und als Vulva-Skulpturen – Teil des paläolithischen Kunstausdruckes in aller Welt geworden sind.« (Weiler ›Der enteignete Mythos‹ 1991, S. 12 und ›Der aufrechte Gang der Menschenfrau‹ 1994, S. 78)
Links: Yoni aus geschnitztem Holz, in Indien als Stempel benutzt
(nach Rufus Camphausen ›Yoni: Die Vulva – Weibliche Sinnlichkeit, Kraft der Schöpfung‹ 1999)
»Von Anfang an hat der alltägliche Produktionsprozess kultische Dimension und künstlerisches Schaffen ist als Dienst an der Göttin verstanden worden.« (Gerda Weiler)
»Ob ein bisher nicht beachteter Entwicklungsstrang, für den allerdings Beispiele aus dem Paläolithikum fehlen, in eine Urzeit zurückreicht, für die wir bisher religiöses Bewusstsein kaum anzunehmen wagten?« fragt Helmut Uhlig, und stellt fest: »Das Wissen um die Geheimnisse von Mutterschaft und Geburt als Ausdrucksformen der Lebensmächtigkeit kann aber auch für die früheste Zeit des Auftretens von Menschen sicher nicht in Frage gestellt werden« (Uhlig ›Die Sumerer‹ 1992, S. 39).
Der von Helmut Uhlig vermisste ›fehlende Entwicklungsstrang‹ kann nun mit den ›Faustkeilen‹ bis zurück ins Paläolithikum nachgewiesen werden. Die 2 Millionen Jahre sind dann nicht ›die Zeit der Großen Jäger‹, sondern effektiv die Zeit der Großen Mutter, des Matriarchats, die Zeit der Verehrung der Großen Göttin, als es noch keinen einzigen männlichen Gott gab. Der Grund, die Vaterschaft war noch nicht entdeckt worden, oder der Zeugung kam keine Wichtigkeit zu. Es ist die Epoche, als die Frau als lebensmächtige Schöpferin verehrt wurde.
›Faustkeile‹ sind religiöse Symbole
Rechts: Vulva aus der ›heidnischen‹ Ur-Zeit.
Seltene, scheibenförmige, abstrahierte Vulva aus Mammut-Zahn, aus einem Grab in Brno (Brünn, Tschechien, nach Alexander Marshack 1972)
Kultsteine stehen für das materielle Sichtbarmachen eines tief beseelten, geistigen, inneren Zustandes. Das Innerste des Menschen, das durch den innersten Kern des Steines symbolisiert ist, wird herausgearbeitet, ans Licht, in den Mittelpunkt und ins Bewusstsein gebracht. Das ist die Leistung des urzeitlichen Menschen, sagt etwas aus über ›Bewusstheit‹, über ›Gewissheit‹ und ›Erkenntnis‹ von Geist und Seele und symbolisiert damit Zentrum und Ausgangspunkt des Lebens. Der Religionswissenschaftler Mircea Eliade schreibt: »Kultsteine sind Zeichen und künden immer von einer transzendenten Realität.« (›Die Religionen und das Heilige Element der Religionsgeschichte‹ 1986, S. 270) Die Artefakte weisen mit ihrer Symbolik auf die Entstehung im Mutterleib und die Rückkehr in dieses Zentrum beim Tod, deuten hin auf Erneuerung und Wiedergeburt.
»Die Schrecken des Todes, von denen wir wie selbstverständlich ausgehen,
sind in diesem Symbolismus nirgendwo erkennbar.«
(M. Gimbutas ›Sprache‹ 1995, S. 195)
Das heilige Dreieck
Der deutsche Religionswissenschaftler Helmut Uhlig wundert sich, dass der Archäologe Hildebrandt Kuntze in seinem Buch ›Unbekannte Funde der Vorzeit‹ (1982) ein Dreieck aus dem Fund von Clacton-on-Sea an den Ufern der Themse beschreibt, scheinbar ohne zu ahnen, was es ist. Interessant ist doch Kuntzes »Hinweis auf die Entwicklung ältester Zeichen und Schriftformen, aus dem Clacton-Dreieck, ein auf der Spitze stehendes gleichschenkliges Dreieck, in dem ein Richtungsstrich senkrecht nach unten führt«, aber nicht zu der nahe liegenden Deutung dieses Urzeichens kommt, dass es sich dabei um Schoßdreieck und Vulva handelt. »Vielmehr sieht er darin in willkürlicher Verkürzung der gewaltigen Dimensionen geistiger und damit auch religiöser Menschheitsentwicklung einen Ausdruck der ›Synthese zwischen Gott und Mensch‹, wobei er eindeutig an Gottvater denkt, wenn er ›das christliche Symbol der Dreieinigkeit oder den Davidstern, welcher durch zwei ineinander stehende Dreiecke [weiblichen Symbolen!] Kraft und Gegenkraft, Pol und Gegenpol darstellt‹ darin sieht.« (Helmut Uhlig ›Die Große Göttin lebt – Eine Weltreligion des Weiblichen‹ 1992, S. 40)
Erstaunlicherweise kann auch die deutsche Religionswissenschaftlerin Ina Wunn die Vulven nicht sehen, sie setzt jedes mal wenn das ›anstössige‹ (?) Wort erwähnt wird, ›angeblich‹ davor; ›angeblich‹ setzt sie auch vor ›Frauenfigürchen‹. Dies ist umso bemerkenswerter, als sie Oskar Bätschmann zitiert, der darauf aufmerksam macht, ein »Hindernis auf dem Wege zu einem angemessenen Verständnis von Kunst (sei) das ›Mißtrauen gegen das Sehen‹. (›Einführung in die kunstgeschichtliche Hermeneutik – Die Auslegung von Bildern‹ 1992, S. 9).
»Die Gewöhnung an das Primat der Sprache bringt es mit sich«, bestätigt Ina Wunn, »dass in der Bildoberfläche nur das Uneigentliche gesehen wird, während man die wahre Bedeutung des Dargestellten, das interpretatorisch durch Sprache auszudrücken ist, auf einer eigentlichen, verborgenen Bedeutungsebene sucht. Zahlreiche kunstwissenschaftliche und religionsgeschichtliche Bildinterpretationen haben auf diese Weise in der Vergangenheit den eigentlichen Schwerpunkt des Bildes verschoben und zu Verständnisfehlern geführt. Hier versuchen sowohl die zeitgenössische Kunst als auch die Kunstwissenschaft, neue Wege zu gehen, indem sie den Betrachter wieder an das Sehen heranführen.« (Ina Wunn Ina ›Religion und steinzeitliche Kunst‹ 2000, S. 202 f, Hvhb. DW) Genau das sollte auch Frau Wunn tun, statt von ›angeblichen‹ Vulven zu sprechen. Ein weiteres ›Hindernis auf dem Wege zu einem angemessenen Verständnis von Kunst‹ und urgeschichtlicher Religion ist, sich nicht zu erlauben, selber zu denken und eine eigene Meinung zu vertreten, wenn diese von patriarchalen Kreisen nicht geschätzt wird.
Das Dreieck versinnbildlicht ›Das Große Weibliche‹
Ob als Gravierung oder als dreieckig bearbeiteter Stein, stets ist die schöpferische Kraft der Göttin und der Frau im Dreieck immanent. Dreieckigen Steinen als Grabbeigaben wurden magisch-mystische Kräfte zugesprochen. Dreieckige Steinblöcke, welche die ovalen Grabgruben bedeckten, weisen auf die Vorstellung einer Neugeburt durch die Mütter, den Glauben an eine Wiedergeburt hin. Aus der Zeit des Moustérien (ca. 120′000–40′000) wurde in La Ferrassie ein Grab mit einem Kinderskelett entdeckt, das mit einem beinahe 100 Kilogramm schweren Kalkstein in der Form eines etwa gleichseitigen Dreiecks bedeckt war. (Uhlig ibd. 1992, S. 25) Dass es sich bei dem Dreieck um ein sakrales, ein Symbol der Göttin handelt, vermutet auch der Kunsthistoriker Siegfried Giedion: »Wenn man sich nicht darauf versteift, Merkmale wie die eiförmige Grube, die dem Toten zugekehrte Platte von grober, dreieckiger nahezu gleichschenkliger Form, als reinen Zufall anzusehen… kündigen sich bei aller Unbestimmtheit in dieser Frühzeit Zeichen an, die nicht übersehen werden können. Alle haben eines gemeinsam; sie weisen auf Wiedergeburtssymbole hin« (Giedion ›Ewige Gegenwart – Die Entstehung der Kunst‹ 1964, S. 109). Und weiter schreibt Giedion, dass nie in Zweifel gezogen wurde:
»Das erste Symbol des Dreiecks erschien bereits lange vor dem Homo sapiens«
Dreieckige Flintstatuette des Altpaläolithikums. (Fund von Ger Zijlstra. Jan Evert Musch ›Paleolithic Sculptures from the Northwest European Plains‹ Referat auf dem World Archaeology Congress, Southhampton 1986)
Die aus einer Gesteinsniere geschlagene Figur weist Ansätze von Kopf, Brüsten und Vulva auf. Anhand von Werkzeugen aus derselben Fundstelle wird sie auf 500′000 Jahre geschätzt. (Das Artefakt befindet sich jetzt in der Privatsammlung von Herman van der Made, Den Haag, nach Gimbutas ›Die Sprache der Göttin‹ 1995, S. 237, Abb. 369). »Es reichte aus, einen Stein in Form ihrer [der Göttin] Vulva zu behauen, einen dreieckig geformten Stein zu suchen oder ein Knochenamulett in der Form von Brüsten oder Gesäßbacken zu schnitzen. Solche Symbole versinnbildlichten die generative Kraft ihrer Fruchtbarkeit.« (Gimbutas ›Die Zivilisation der Göttin‹ 1996, S. 223) Erste Beweise für ihr frühes Auftreten sind die 500′000 Jahre alten, in den Depotfunden des westeuropäischen Acheuléen/Heidelbergien entdeckten, natürlich geformten und zurechtgehauenen Dreiecke aus Feuerstein, die zum Teil mit Brüsten oder mit einem angedeuteten Kopf versehen waren (Gimbutas ›Sprache‹ 1995, S. 237, Abb. 369; Musch 1986, S. 19).
Der holländische Paläoanthropologe Jan Evert Musch hat seit 1986 eine ganze Anzahl dieser heiligen Steine aus der gesamten Altsteinzeit Europas gesammelt, in denen wir die Form eines Dreiecks, bzw. eine weibliche Figur erkennen können. Musch identifizierte diese Figur mit der aus vielen Mythen bekannten ›Mutter-Göttin‹, ›Erd-Mutter‹ oder ›Mutter Natur‹. Er ist überzeugt, dass diese Deutung auch im ›rätselhaften Faustkeil‹ gesehen werden kann (s. Jan Evert Musch ›Animal Farm‹ 1986/1990 im Internet). Sie wurden von ihm am World Archaeology Congress 1986 in Southhampton und in seinen Beiträgen in ›Archaeologische Berichten‹ (Elst, NL) vorgestellt.
Dreieckige Silex-Artefakte aus der Altsteinzeit (Acheuléen, nach Gertrude Caton-Thompson
›Kharga Oasis in Prehistory‹, London 1952)
Links: »Der weibliche Körper als Dreieck«. Elfenbeinstatuette aus Gönnersdorf (G. Bosinski)
Rechts: Silex-Dreieck aus Ain Arous, Syrien, Mousterien (Musée de l’Homme Paris, Foto J. Oster)
Symbole sind der Schlüssel zum Verständnis
der schriftlosen Vergangenheit
Während Frauen in der patriarchalen Geschichtsschreibung kaum vorkommen, ist ihre Präsenz in der Symbolik der Steinzeitkunst nicht zu übersehen. Symbole sind sinnliche Bedeutungsträger; sie zeugen von der enormen Abstraktions- und Symbolisierungsfähigkeit der frühen Menschen. Eine unbeschreibliche Freude an künstlerischer Tätigkeit und eine Fülle kreativer Talente muss die Menschen der Steinzeit erfüllt haben. Sollten hier primitive Machtmenschen aggressive Barbaren, kriegsbegeisterte Waffennarren und tötungslustige Jäger am Werk gewesen sein? Ich halte diese Artefakte für die Erzeugnisse von Menschen, die in Frieden, Freiheit und innerer Ausgeglichenheit gelebt haben, deren tiefe Spiritualität der Mittelpunkt des Lebens und die Symbolik Ausdruck ihres Schaffens war. Doch die Wissenschaft ist daran kaum interessiert.
Der Grund für die Vernachlässigung und das Desinteresse der Wissenschaft an der Symbolik der Steinzeit liegt darin, dass sie eindeutig weiblich ist.
Eine riesige Zahl weiblicher Symbole in Felsgravuren, Höhlenmalereien, Ritzungen in Stein, Holz, Elfenbein und Knochen sind uns aus der Altsteinzeit über den ganzen Erdkreis erhalten geblieben. Zu den deutbaren Symbolen in den Höhlen Südfrankreichs gehören die durchaus typischen Abbildungen von Vulven, stellten die Forscher fest.
Vulven und weibliche Körper wurden in Stein graviert, weibliche Skulpturen aus dem Fels gemeißelt. Die Toten wurden in embryonaler Haltung in uterusförmigen Gräbern (später in Megalithgräbern) für die Wiedergeburt aus dem weiblichen Körper vorbereitet, beigesetzt. Das Grab, ursprünglich eine ovale, eiförmige Grube, hatte den gleichen Symbolgehalt wie der Mutterschoß.
Vulvaförmige Silex-Amulette, ca. 8 cm groß. Die unterschiedlich dunkle Patina wird durch den Gehalt von Eisen- oder Manganoxiden bestimmt oder auf verschiedene Alter zurückgeführt. Die kleinen, sorgfältig gearbeiteten ›Faustkeile‹ mit runden Enden und konkaven Seiten seien ›typische Werkzeuge‹, meint der Afrika-Archäologe David W. Phillipson.
Die Vulva ist ein Regenerationssymbol
»Zu den einfachen Zeichen mit Symbolbedeutung, die eine feste Tradition haben, gehören die Vulvenzeichen. Stilisierte Vulven sind zwar nur in einer Minderzahl der Höhlen zu finden, aber dort, wo sie vorhanden sind, haben sie eine zentrale Bedeutung«, schreibt der Religionswissenschaftler Siegfried Vierzig (›Mythen der Steinzeit – Das religiöse Weltbild der frühen Menschen‹ 2009, S. 71). »Sie gehören zu den ältesten Zeichen, die in den Höhlen auftauchen, bereits im Aurignacien, dem frühesten Jungpaläolithikum, kommen sie als gravierte Zeichen auf frei stehenden Felsplatten vor. So die bekannten Vulvengravuren von La Ferrassie. Ihre Bedeutung bekommt noch einen besonderen Akzent durch die Tatsache, dass mit den zahlreichen Vulven so gut wie kein Phalluszeichen korrespondiert, womit betont wird, dass das Vulvenzeichen kein Sexualsymbol ist, sondern ein Regenerationssymbol. Der weibliche Charakter der Höhle als Höhle des Regenerierungskultes wird durch die zahlreichen Vulvenzeichen unmissverständlich symbolisiert. Die Frau, die das Leben produziert, steht im Mittelpunkt des Mythos von der Regeneration.« (S. Vierzig ibd. S. 72)
Die formvollendeten Steinbeile sind weibliche Symbole
von großer Schönheit
»Zu den faszinierendsten Objekten des 5. und 4. Jahrtausends gehören die Jadebeile. Sie sind mit großer Präzision gefertigt, perfekt poliert und meistens nahezu makellos erhalten. Man findet sie in weiten Teilen West- und Mitteleuropas. Vor allem in der Bretagne spielten sie als Grabbeigabe eine wichtige Rolle. Auf den Tragsteinen der Megalithgräber sind sie in großer Zahl im Relief abgebildet.« (Svend Hansen ›Archäologische Funde aus Deutschland‹, Begleitheft zur Fotoausstellung, Berlin 2010) Steinbeile sind etwas flacher als Faustkeile; die Jade konnte nach ihrer Grobbearbeitung fein geschliffen und poliert werden.
Polierte Steinbeile aus Fibrolite, ca. 5000 Jahre alt, aus dem Morbihan, Frankreich,
Musée de Saint Germain en Laye, France (CC: Pline)
Es handelt sich bei diesen Artefakten um Grabbeigaben, nicht um Waffen wie Raimond Dart glaubt, oder um Werkzeuge; es sind wiederum Kultgegenstände mit symbolischem Charakter. »Abgesehen von den besonderen Flachbeilen aus den großen Hügelgräbern von Carnac handelt es sich um mittelgroße, flache, spitznackige Beile und kleinere bis sehr kleine Geräte. Einige von ihnen waren als Anhänger ausgelegt und durchlocht.« (http://de.wikipedia.org/wiki/Fibrolithbeil)
Die Verehrung der Vulva in Mesopotamien:
›Pflüge meine Vulva, mein Liebling‹
sind die einladenden Worte der Göttin Inanna an ihren Geliebten, Dumuzi.
»Wir sollten beachten« schreibt die Historikerin Gerda Lerner, »dass die Hilfesuchenden die Göttin für allmächtig hielten. Im Symbol der Vulva der Göttin, die aus Edelstein geformt war und zu ihrem Lobe dargebracht wurde, zelebrierten sie die Heiligkeit der weiblichen Sexualität und ihre mystische lebenspendende Kraft, die auch die Macht zu heilen einschloss.« (›Die Entstehung des Patriarchats‹ 1991, S. 184) Für Mann und Frau ist die Vulva das ›Tor zu den paradiesischen Freuden‹ der Lust und der Liebe und der Weitergabe des Lebens, was im Patriarchat aufs Übelste diskriminiert wird. (s. Wolf ›Die Pornographisierung der nackten Göttinnen-Statuetten‹)
Die verkannte Vulva in den ägyptischen Hieroglyphen
Die Vulva, die als heiliges Kultzeichen in der Felsbildkunst ständig präsent ist, ging als Mund mit dem Lautwert R/L in die ägyptische Hieroglyphenschrift ein. Gaston Maspero (1846–1916) bemerkte, dass Mund und Vulva in vielen Mythen gleichgesetzt wurden; die Grundbedeutung für Mund ist ›Spalte‹, ›Öffnung‹, ›Tür‹. »Die Bedeutungserweiterung kann – auch in Anspielung auf die weiblichen Genitalien – von der Grundbedeutung aus erfolgt sein. Der Mund ist eine der 7 Höhlungen des Kopfes und fungiert (neben dem After) als die Hauptöffnung des Körpers« (Westendorf LÄ, IV, S. 222 f.). Der Autor scheint zu vergessen, dass Frauen neben Mund und After noch eine andere Hauptöffnung haben, bekanntlich jene, aus der die Menschen geboren werden, obwohl er weiter schreibt: »In der Götterwelt (Mythologie, Märchen) kann der Mund als Vulva dienen«. Und er fügt an: »Atum schluckt den eigenen Samen.« Sozusagen durch den männlichen Vulva-Mund!
Die Vulva in der Hieroglyphenschrift, Detail eines Sargdeckels mit Glasflußeinlagen, um 350, (nach ÄMK: Victor R. Boswell Jr. ›Ägypten Schatzkammer der Pharaonen‹,
The National Geographic Society 1990)
Die Omnipräsenz der Vulva in der Hieroglyphenschrift wird von patriarchalen Männern nicht erkannt, übersehen oder geleugnet. Der Ägyptologe Gustave Lefèbre glaubt, dass die weiblichen Genitalien in der Hieroglyphenschrift nie erwähnt wurden und A.P. Leca behauptet, die weiblichen Sexualorgane seien nie in den anatomischen Listen erschienen, während der Phallus, ›dieses interessante Organ‹ [!] wie auf der ganzen Welt, mit vielen verschiedenen Bezeichnungen umschrieben worden sei (Leca ›La médecine égyptienne‹ 1988, S. 151). In der Symbolliste der Hieroglyphen von Alan Gardiner wird der Phallus deutlich als solcher abgebildet, und zwar als Determinativ für: Phallus, männlich, Mann, Esel und Stier. Obwohl »die Verehrung der weiblichen und männlichen Genitalien vermutlich den Ausgangspunkt der meisten Religionen, Kulte und heiligen Gebräuche bildet«, schreibt der Vulvaforscher Rufus Camphausen, »wurde aber ausgiebig nur die Phallusverehrung untersucht und ist daher viel bekannter. Archäologische Beweise lassen aber den Schluss zu, dass die Yoni dem Lingam (Phallus) als heiliges Symbol und Objekt der Verehrung vorausging, und dass man anfangs die Yoni als einen Ort ungeheurer magischer Kräfte und Bedeutung betrachtete.« (Rufus Camphausen 1999, S. 26)
Vulva und Frauenmund werden heute – oftmals von jungen Fundamentalisten und alten patriarchalen Männern – gleichermaßen als anziehend und verlockend, aber auch als anstößig und als eine geradezu tödliche Gefahr betrachtet, denen der sonst brave, aber testosteronübersteuerte Mann zu seinem Leidwesen absolut ›hilflos‹ ausgeliefert ist.
Die Verehrung der Vulva in den Religionen
Maria in der Mandorla aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Gemälde von Carlo Crivelli. Nationalgalerie London. Nach Rufus Camphausen, 1999, S. 47)
Das Christentum, »eine Religion, die weder die Macht von Frauen respektiert, noch jedwede Form von Sexualität ermutigt«, schreibt Rufus Campausen, hat trotzdem Künstler hervorgebracht, die dem ›universalen Symbol für die Göttin und die Yoni‹ in ihren Arbeiten große Verehrung entgegenbrachten, z.B. in der Form der Mandorla. Im Wikipedia wird ihre sexuelle Bedeutung völlig verkannt und beschrieben: »Mandorlen werden – wie Heiligenscheine – als sichtbarer Ausdruck der Licht- bzw. Heilskraft einer göttlichen oder quasi-göttlichen Figur gedeutet; sie sind Symbole mittelalterlichen Gottes- und Weltverständnisses«; des frühesten Göttinnen- und Weltverständnisses, müsste es aber der Wahrheit halber heißen. Dem Autor geht das Wissen über die Usurpation des ursprünglichen, einst das Göttlich-Weibliche repräsentierenden Symbols, völlig ab. Neben der Muttergottes, bzw. der Mutter-Göttin in der Mandorla, werden jetzt vorwiegend Männer: Christus, Herrscher und Heilige in der Mandorla abgebildet. In der Darstellung der Auferstehung und Himmelfahrt Christi in der Mandorla kommt heimlich die uralte Idee von der Heimkehr in den Schoß der Muttergöttin und die Wiedergeburt zum Tragen. Wir kennen das Bild aus Ägypten, wo die Göttin Nut am Abend die Sonne in sich aufnimmt und sie am Morgen wieder aus ihrer Nut gebiert.
»In einer Welt, die von männlich dominierten Horden überrollt und geplündert worden ist,
die versuchten, der Menschheit alle Zeichen weiblicher Macht zu rauben,
wurde die Anbetung der Göttin in den Untergrund verbannt.« (Camphausen)
»Wenn man bedenkt, wie großzügig die christliche Kirche Symbole von ihren Vorgängern [den von ihr verteufelten ›Heiden‹!] für eigene Zwecke vereinnahmte, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die mandorlaförmige Aura, der Heiligenschein, der oft Maria, die jungfräuliche Königin des Himmels, umgibt, in Wirklichkeit auf die Macht einer antiken Göttin hinweist.« (Rufus Camphausen 1999, S. 49)
›Nehmt Zuflucht in der Yoni einer geschätzten Frau‹
(Buddha im Candamaharosan Tantra)
»Dieses megalithische Monument in Kerala, Indien, ist fast identisch mit den Dolmen des keltischen Europas und spiegelt einen archetypischen Yoni-Symbolismus, der sämtliche kulturellen und linguistischen Grenzen sprengt… »Die Menschen verlassen das Leben auf die gleiche Weise,
wie sie es betraten.« (Rufus Camphausen 1999, S. 38)
Die verheimlichte Verehrung der Vulva in der islamischen Religion
Die Verehrung der Yoni und die irdischen Freuden der Sexualität waren buchstäblich – ›schon immer‹ – Teil der arabischen Kultur und fanden – ähnlich dem indischen Kama Sutra – ihren schriftlichen und illustrativen Ausdruck. Scheich Nafzawi schrieb im 15. Jahrhundert ein erotisches Handbuch für den Großwesir von Tunis in arabischer Sprache: ›Der parfümierte Garten‹ (›The Perfumed Garden of Sensual Delight‹).
Nafzawi erinnert daran, dass weibliche Sinnlichkeit und die religiöse Verehrung
der Vulva Teil der ursprünglichen Religion Arabiens waren.
Das Buch enthält »interessante, überraschende und humorvolle Einsichten in die sexuellen Sitten und Gewohnheiten und bietet historische und anthropologische Einblicke in die mittelalterliche arabisch-islamische Gesellschaft. Neben den universellen sexuellen Anleitungen und Ratschlägen, wie zum Beispiel die Wichtigkeit von Vorspiel und Küssen, sollen die mit Humor gewürzten Anekdoten, Geschichten angenehm amüsieren und erregen«. (Wikipedia ›Der parfümierte Garten‹).
Links: Vulva Anhänger, Algerien, ca. XIII. Jahrhundert
Rufus Camphausen schreibt zum Stil des Werkes, das im längst patriarchalisierten Arabien 800 Jahre nach Einführung des Islam entstanden ist: »Manche Begriffe und Beschreibungen zeugen von Einsichten in die weibliche Psyche und den weiblichen Sexualtrieb, aber sie verraten alle ihren männlichen Ursprung und maskuline Ausrichtung. Der Verfasser, Scheich Nafzawi, betont gern die männliche Potenz, indem er oft vom ›hundertmaligen Eindringen‹ spricht. Doch abgesehen von der Kritik, die diese Bildhaftigkeit bei vielen Zeitgenossen auslöst, bleiben die arabischen Begriffe für die Yoni eine anzuerkennende Leistung, weil sie so deutlich und klar den wichtigsten Teil der menschlichen Anatomie bezeichnen, etwa das in den angeblich freieren westlichen Gesellschaften nicht möglich ist.« (Camphausen ibd. 1999, S. 106) Ob man die lange Liste von Yoni-Beschreibungen im Buch »lächerlich, pornografisch oder charmant findet, sie machen eines deutlich: Wir blicken hier auf die Überreste einer ursprünglichen Ehrfurcht und Magie, die seit Urzeiten das Reich der Yoni war«.
Mekka: Das Geheimnis der ›Kaaba‹
Die Muslime wissen nicht mehr, dass Mekka ein zutiefst gehütetes Geheimnis birgt und dass sie eigentlich zum Kultort der vor-islamischen Göttinnen-Trinität Al Lat, Al Uzza und Manat pilgern. Mekka war das Zentrum der sexuell freiheitlichen, matriarchalen Religiosität. An der Kaaba legt eine meterhohe silberne Vulva Zeugnis der einstigen Verehrung der Göttinnen-Trinität und ihrer heiligen Yoni/Vulva ab. Der berühmte schwarze Meteorit in ihrer Mitte wird noch immer als heilig verehrt und ist das Symbol für das heilige ›Tor des Lebens‹, die Vagina. Es gehört zum heißesten Wunsch der Pilger die Vulva zu küssen – wie es auch Mohammed getan haben soll – oder sie wenigstens zu berühren, um ihres Segens teilhaftig zu werden.
»Die Bezeichnung ›Kaaba‹ ist religionsgeschichtlich und etymologisch
verwandt mit der hebräischen Bezeichnung Kobah – und bedeutet Vulva.
Auch im Griechischen bedeutet Kobah das weibliche Genital!« (s. Jaya Gopal ›Gabriels Einflüsterungen: Eine historisch-kritische Bestandsaufnahme des Islam‹ 2004)
Ist das nicht erstaunlich, das Heiligste alles Heiligen im patriarchalen Islam ist die Vulva – und damit zweifelsfrei weiblich und verehrt! Die Kaaba wurde von Mohammed oder seinen Nachfolgern zur ›Hand Gottes‹ umbenannt. Er usurpierte die einst ›heidnische Kaaba‹ und befahl, die Göttinnen Manat und Al-Uzza zu töten. (s. Wolf ›Das Matriarchat in Arabien‹) Die herabgewürdigte, verteufelte Göttin wird zum Satan und von der Schar der Pilger gesteinigt; das gehört zur Heiligkeit des Hadsch. Doch passieren zufällig gerade dort immer wieder fürchterliche Unfälle mit Hunderten Toten. Die dritte Göttin der Trinität, Al-Lat, vermännlichte Mohammed und schuf daraus den männlichen Al-lah! Wie schon im Judentum und im Christentum, auf die der Islam zurückgeht, wurde die Frau, die Vulva und die Heiligkeit der Göttinnen-Trinität diskriminiert bis sie durch die diskriminierende Propaganda aus dem Gedächtnis der Menschen gelöscht war.
Das geschah bereit im ägyptischen Schöpfungsmythos von Heliopolis. Da wird die Menschheit nicht mehr von einer Göttin oder einer Frau geschaffen; die Priesterkaste eliminierte das weibliche Element und erfand den, ›der sich selbst erschaffen hat‹, den Schöpfergott Atum, der durch Masturbation die männliche Gottheit Schu (Luft) und die weibliche Tefnut (Feuchtigkeit) schuf, die dann ein weiteres Götterpaar, den männlichen Geb (Erde) und die weibliche Nut, den Himmel, hervorbrachten, die ihrerseits Isis und Osiris, Nephtis und Seth zeugten. Später wurde der Anteil der Frau auf ein Werkzeug der Masturbation für den Gott reduziert. Die Bezeichnung ›Gotteshand‹, ›Hand Gottes‹ auch ›Gottesgemahlin‹ oder ›Gottesweib‹ weist darauf hin, wie weit in der 18. Dynastie einerseits die Angst vor der aktiven Sexualität der Frau und ihre beneidete Schöpfungsmacht, anderseits der Größenwahn und die Perversion der ›gebärenden‹ Götter ging. Prinzessinnen, Königinnen und selbst Hathor, die ›Göttin der Vulva‹ wurde auf eine ›Hand Gottes‹ reduziert, was wohl zu den von Hans Bonnet reklamierten, ›den Frauen angemessenen Sonderdiensten‹ gehörte. Sie hatten den Penis des Gottes zu masturbieren, der dann – wie Atum – aus sich heraus die Gottheiten Schu und Tefnut ejakulierte, dazu aber den weiblichen Beistand doch nicht gänzlich entbehren wollte, jedoch nur als Werkzeug für seine Zwecke nutzte. Dazu schreibt Adolf Erman, der der Religion der Ägypter eher distanziert und pragmatisch gegenüber stand: »Hoffentlich sind die Prinzessinnen, die diesen Titel trugen, sich nicht klar gewesen über die widerliche Vorstellung, auf der er beruhte.« (›Beiträge zur ägyptischen Religion‹ 1916, S. 1146)
Eine bemerkenswerte Erklärung zur ›Hand Gottes‹ lesen wir im Ausstellungskatalog ›Nofret – Die Schöne‹: »Seit der frühen 18. Dynastie übernehmen Königinnen und Prinzessinnen die Rolle der ›Gottesgemahlin‹, oder wie es für den Ägypter deutlicher heißt, der ›Gotteshand‹, eine Bezeichnung, in der auf die durch Masturbation vollzogene Selbstzeugung des Schöpfergottes angespielt wird. Die Königin oder Prinzessin als ›Gotteshand‹ übernimmt es, im Kultvollzug den Gott zufriedenzustellen und damit den Weltlauf in guter Ordnung zu halten. Der Mythos von der göttlichen Geburt Pharaos aus der ehelichen Verbindung der Königin mit Amun spielt ebenso in diesen Gedankenkreis wie die Göttlichkeit des Königs, der als eigentlicher Gemahl der Königin aus deren kultischer Rolle als Gottesgemahlin indirekt einen göttlichen Hauch erfährt.« (Dietrich Wildung, Sylvia Schoske ›Nofret – Die Schöne‹ 1984/1985, S. 52) Den Ausführungen folgt der patriarchale Kommentar der Autoren:
»So wird die weiblichste aller weiblichen Eigenschaften, den Mann zu bezaubern
und in der Verbindung mit ihm einen Höhepunkt und eine Erfüllung des Lebens
zu schenken, auf höchster theologischer Ebene formuliert und in sogar
politisch wirksame Realität umgesetzt.« (›Nofret – Die Schöne‹ ibd. S. 53)
Die Hand der Frau oder ihre Vagina wird zum Masturbationsobjekt des Gottes oder des ›göttlichen‹ Mannes; er verbindet sich nicht in Liebe mit der Frau und ihrer Liebesenergie. So wie der Freier eine Hure benutzt, wird der Akt zur mechanischen Entladung sexueller Spannung. Der Mann fühlt dabei nicht; er befriedigt sich, entspannt sich. Die Autoren sind davon überzeugt, dass das Männliche ›gottgleich‹ – was in diesem Fall lediglich Ausdruck innerer Leere – ist. Im pharaonischen Ägypten gipfelt es darin, dass »hochgestellte Damen, in der Regel Königstöchter, sich als Gottesgemahlinnen des Amun zu lebenslänglicher Jungfräulichkeit verpflichten, um nur dem Gott zu dienen.« (Schoske/Wildung ibd. S. 53) Die jungfräulichen Gottesgemahlinnen werden zu Gottes Huren degradiert, um ihn mit den ›weiblichsten aller weiblichen Eigenschaften zu bezaubern‹: ihm mit der Hand ›Erfüllung zu schenken‹. Wir sind unterdessen auf einen männlichen Schöpfergott getrimmt, ohne uns darüber zu wundern, dass Frauen dem Mann untertan, ihm zur Verfügung zu stehen und ihm zu dienen haben – im Patriarchat weltweite Norm.
Die Verehrung der Vulva in der Kunst
Die Frau – Ursprung der Welt (›L’Origine du monde‹)
Das berühmte Gemälde von Gustave Courbet (1819–1877) aus dem Jahr 1866 enthüllt Frau und Vulva als Ursprung der Welt. Courbet drückte damit Verehrung für die Schönheit des weiblichen Geschlechts und natürliche Sexualität aus. »Der Schockeffekt ist vom Maler beabsichtigt: Courbet sah sein ganzes Wirken als Protest gegen überkommene künstlerische Konvention und Dogmatismus. Er suchte diese mit seinen Bildern zu sprengen. Gerade als reine Pornografie hätte das Bild diese Wirkung kaum erzielt.« (Wikipedia)
Frauen waren es, die wahre Kultur schufen und keine Gewalt und keine Kriege duldeten. Dieses Wissen ist durch die patriarchale, stets gewaltbereite Männerherrschaft und ihre ständigen Kriege, durch ihre Machtgier, ihre Dummheit und Unfähigkeit während den letzten fünf Jahrtausenden des Patriarchats beinahe ausgelöscht worden. Der Kampf des Patriarchats gegen die Frau und die vor-patriarchale Göttin dauert an, in der Abwertung der Frau und in unzähligen Glaubenskriegen, die seit der Erfindung männlicher Götter über die Weltbühne gegangen sind. Die patriarchalen Götter und die patriarchalen Religionen haben den Mann nicht menschlicher gemacht, im Gegenteil, wie die Kriege und der Terror zeigen, wird Religion ständig missbraucht und zur Gefahr für die ganze Menschheit.