Patriarchale Ignoranten diffamieren die Schweinegöttin
Aus dem Inhalt:
- Das Symboltier der schöpfungsmächtigen Göttin wird verachtet
- Die Sau, das heilige Symboltier der Göttin Nut
- Tabuisierung und Diskriminierung
- Die Ächtung durch die indoeuropäischen Priesterkasten
- Jesus übernahm die Ächtung
- Das Mutterschwein als Verkörperung der Göttin in Alt-Europa
Das Symboltier der schöpfungsmächtigen Göttin wird von den indoeuropäischen Priesterkasten verachtet
Was einst heilig war, wird verfemt. Die Sau, das Mutterschwein war das Symbol für die fruchtbare Gebärmutter, die altgriechisch hystéra heißt. »Wir finden oft, dass jene Dinge, die heute rituell als ›unrein‹ und daher als tabu betrachtet werden, ursprünglich tabuisiert wurden, weil sie ›heilig waren«, schreibt Doris F. Jonas » – bekanntestes Beispiel dafür ist die Unreinheit von Schweinefleisch für Juden und Moslems. Wahrscheinlich handelt es sich in diesem Fall um ein frühes Totem-Tier, das weder getötet noch gegessen werden durfte und daher als unberührbar galt. Im Laufe der Zeit gerieten die eigentlichen Gründe für die Unberührbarkeit in Vergessenheit, nur die Tatsache solcher Unberührbarkeit blieb übrig. Als man sich das dann im nachhinein zu erklären hatte, kam man gefühlsmäßig auf die Unreinheit als – wenn auch immer noch vage – wahrscheinlichste Begründung.« (Doris F. Jonas ›Der überschätzte Mann – Die Mär von der männlichen Überlegenheit‹ 1981, S. 37)
Auch einige Ägyptologen haben die Ächtung übernommen und fortgesetzt, z.B. im Text zur Abbildung der grazilen 5600 Jahre alten Schweinegöttin im Katalog ›Ägyptisches Museum Berlin‹ (1983, Abb. 3). Sie findet bei den Textschreibern unter der Leitung von Jürgen Settgast und Dietrich Wildung wenig Gefallen. Sie stehen vor einem »noch nicht gelösten Rätsel«: Das Schwein sei »im ägyptischen Kulturkreis als heiliges Tier irgendeiner Gottheit völlig unbekannt«. (Lit.: Westermann-Reihe ›museum‹ 1981, S. 85) Die Herren täuschen sich: Die Stadt Sais im westlichen Nildelta (griechisch für Sau) erhielt von der Sau-Göttin sogar den Namen.
Die Urgöttin Neith/Nut ist bereits in vordynastischer, d.h. in der matriarchalen Zeit bezeugt, sie ist die ›Muttersau‹, die Göttin, die selbst die sterblichen Götter der patriarchalen dynastischen Zeit gebar und sie altern und sterben ließ, so wie sie am Abend die Sterne gebar und sie am Morgen wieder verschluckte. Wir kennen viele Kleinplastiken des göttlichen Tieres der Nut, ihre Ferkel säugend. Immerhin bemerken die Autoren des Kataloges, dass aus den »vorgeschichtlichen Siedlungen und den zugehörigen Nekropolen eine Anzahl unikater Terrakotten stammt, die im Stil mit unserer Schweinegöttin harmonisieren.« Dass die sogenannt ›vorgeschichtliche‹ Zeit, die Zeit der matriarchalen Kultur war, davon hat man in diesen Kreisen offenbar noch nie etwas gehört.
Das Schwein war eines der wichtigsten Haustiere, geschätzt wegen seiner Intelligenz und Fruchtbarkeit. Schweine halfen beim Einstampfen der Saat, als Allesfresser sorgten sie für Hygiene und hielten giftige Schlangen von den Besiedlungen fern; ein Nutzen für Mensch und Tier, den man in Indien noch heute beobachten kann.
›Das Schwein unterliegt im Alten Ägypten – und bis heute – der schärfsten Tabuisierung.‹
Im Schwein steckt der Feind!
Der Sau, diesem intelligenten und nützlichen Tier, das nicht nur zum Einstampfen der Saat (Herodot, ›Historien II‹, 14) und als Allesfresser für Hygiene sorgte, sondern auch giftige Schlangen von den Besiedlungen fernhielt, erging es im patriarchalisierten Ägypten (und im patriarchalen Berliner Katalog!) nicht besser als dem Fisch; wie der Fisch wird das Schwein – beides Symboltiere der urzeitlichen Göttin – der Magma Mater, von den indoeuropäischen Priestern gehasst, geächtet und verfolgt, wie das untenstehende Bild bezeugt.
»Der Königsgott Horus ersticht mit einer Lanze das Schwein, das seinen Gegner Seth repräsentiert, den Gott der Wüste und den Gegner der gedeihlichen Ordnung. Analog dazu ersticht der König einen menschlichen Feind.« (Othmar Keel ›Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament‹ 1972/1984, S. 97, Abb. 144)
Die Sau, das heilige Symboltier der Göttin Nut
Die Autoren des Kataloges scheinen auch nicht zu wissen, dass die Sau das heilige Tier der Göttin Nut ist, die sowohl eine autarke Göttin, als auch ein Aspekt der Göttin Neith ist, deren ›Nut‹, die Vulva, sie repräsentiert. Sie ist die ›Muttersau‹, die Göttin, die die sterblichen Götter, wie den arischen Sonnengott Ra, gebar und ihn altern und sterben ließ. Die künstlerische Art der Darstellung findet bei den Textschreibern des Kataloges wenig Gefallen: Die »merkwürdig saloppe Armhaltung« sei »ungöttlich, ja unköniglich«, kritisieren sie!
Über das Rätsel ›Sau‹ und ihre Verfemung könnten die uninformierten Autoren bei Hans Bonnet ein ganzes Kapitel nachlesen (Bonnet ›Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte‹ 1971, S. 690 f.); von Wolfgang Helck gibt es dazu im Lexikon der Ägyptologie ebenfalls ein Kapitel (LÄ, V, S. 762 ff.) und Hermann Grapow schrieb über ›Die Himmelsgöttin Nut als Mutterschwein‹ in ZÄS 71, 1935, 45-47. Von Erik Hornung finden wir einen Beitrag in seinem Buch ›Der Eine und die Vielen‹ (1971, S. 138): »Neben den Göttinnen der Mythologie, die bestimmte andere Gottheiten ›geboren‹ haben, finden wir die Vorstellung einer ›Göttermutter‹, welche die Götter insgesamt gebiert. So führt die Himmelsgöttin Nut, die nach den Pyramidentexten die Sonne und nach den Sargtexten auch den Mond gebiert, im Neuen Reich und in der Spätzeit den häufigen Beinamen ›Welche die Götter geboren hat‹. Man denkt dabei an die Gestirne, die täglich von der Himmelsgöttin ›geboren‹ und wieder ›verschlungen‹ werden – eine Vorstellung, die dazu führt, die Göttin Nut als Mutterschwein abzubilden. An die Gestirne denken auch die Pyramidentexte, wenn sie sich den Osten des Himmels als ständigen Geburtsort der ›Götter‹ vorstellen.« Letzteres ist eine bemerkenswerte Aussage, denn die Eroberer Ägyptens kamen aus dem Osten, brachten die ersten von ihnen erfundenen männlichen Götter mit und ihre Könige vergöttlichten sich selbst.
Für Sprachinteressierte ist auch die Etymologie bemerkenswert. »Der ursprünglich gemeingermanische Tiername lautet alt- und mittelhochdeutsch ›swin‹, gotisch ›swein‹, englisch ›swine‹ und schwedisch ›swin‹. Er ist eigentlich ein substantiviertes Adjektiv mit der Bedeutung ›zum Schwein, zur Sau gehörig‹ wie etwa auch das lateinische ›suinus‹ oder das russische ›svinoj‹… Griechisch heißt es ›hys‹, wovon ›hystera‹ (= ›Gebärmutter‹) abgeleitet ist. Der ›Sau‹ entspricht auch das lateinische ›sus‹, das mittelhochdeutsche ›su‹, das althochdeutsche ›farh‹, das griechische ›phorkis‹, das kretische ›maris‹ und das jakitische ›pures‹. Zum Wortfeld ›hys‹ gehört im Angelsächsischen das Wort ›hogg‹, im Neuenglischen ›hog‹ oder ›hag‹, im Althochdeutschen auch ›hagazussa‹ und im Mittelhochdeutschen ›hecse‹ oder ›hesse‹. Daher hatte die ›Hexe‹ im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit das Schwein als eines ihrer Lieblingstiere.« (Friedrich Schröder, http://www.symbolonline.de/index.php?title=Schwein). Und diesen Bezeichnungen kommt das ägyptische ›saj‹ doch sehr nahe.
Tabuisierung und Diskriminierung
›Als Ursprung der Macht begriff man ehemals die Geburt‹ (Roberto Zapperi)
Weil die Saugöttin alles symbolisiert, was mit der Schöpfungsmächtigkeit der Frau, mit Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Geburt, mit Gebärmutter, Vulva, Menstruation und Geburtsblut zusammenhängt, wird sie in der dynastischen Zeit von den Eroberern, die männliche Gebärer- und Schöpfergötter schufen und dem Phallus-Kult huldigten, verfemt. In der ägyptischen Sprache wird der Name der Sau ›Saj‹ auch für das Nilpferd gebraucht. Die Bezeichnung Nil-›Pferd‹ ist ein Euphemismus, da es zur Gattung der Schweine gehört und eigentlich eine Nilsau ist. Diese hat eine ebenso verfemte ›unreine‹ Eigenschaft: In der Hitze ›schwitzt sie Blut‹, sie sondert zum Schutz ihrer empfindlichen Haut eine rote Flüssigkeit ab. Was aber immer mit ›Rot‹ und ›Blut‹ zu tun hat, ist für die Priester der indoeuropäischen Religion ›but‹, das Wort für ›tabu‹, für unrein und verachtet. Bezeichnenderweise bestand eines der beliebtesten Schlachtopfer des Eroberergottes Horus aus den verachteten Mutterschweinen und der ›Nilsau‹.
Die Diskriminierung – das Werk der indoeuropäischen Priesterkasten
»Nut mit ihrer kosmischen Potenz erfuhr erst bei der späteren Solarisierung der Götterwelt ihre Reduktion auf die reine Himmelsfunktion und den Todesaspekt. Im Neuen Reich bezeichnete man sie bloß als ›Totengöttin‹ und reihte sie im Prozess ihrer Entmachtung nur noch als eine der Gottheiten in die Neunheit des Totengerichts ein. Die entscheidende patriarchale Entwertung begann um 1350 v. Chr. unter Amenophis IV, der in Abgrenzung gegen die lunare Religion jetzt die Sonne als ›Aton‹ zum zentralen Gottessymbol einsetzte und seinen Namen dementsprechend in Echnaton änderte. Die Wiedergeburtshoffnung verschob sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte von der Muttersau Nut auf den Sonnengott Re – Osiris. In der Übergangszeit von noch lunarer Religion und schon beginnender Patriarchalisierung wurden die Feste noch gefeiert, bei denen das heilige Schwein dem Mond geweiht war und zur Zeit des Vollmonds der Mondgöttin zu Ehren geopfert wurde. Aber je nachdem, ob Anbetung oder Abgrenzung überwog, verehrte man das Tier entweder als Göttin oder verfluchte es als das Böse. In der solaren Religion wurde das Schwein zum Symbol für die ›verdammte Seele‹ des zu verurteilenden Toten und der Gott Re-Osiris zum Hoffnungssymbol ewigen Lebens.« (Friedrich Schröder http://www.symbolonline.de/index.php?title=Schwein))
Mit der Ächtung war die totale Ablehnung der Großen Göttin verbunden. Mitglieder der indoeuropäisch/arischen Priesterkasten Ägyptens wären »lieber gestorben, als dass sie Schweinefleisch gegessen hätten« (Bonnet).
Den Abscheu hat die jüdische Priesterkaste der Leviten (indoeuropäische Luviten/Luwier) von der indoeuropäischen Priesterkaste Ägyptens übernommen und religiös verbrämt. »Die Juden übernahmen die ablehnende Haltung gegenüber dem Tier, setzten sie aber konsequenter um. Selbst bei Androhung von Todesstrafe würde kein Anhänger des mosaischen Glaubens Schweinefleisch gegessen haben.
Nicht-israelitische Völker insgesamt wurden von den Juden als Schweine bezeichnet,
wodurch die Sau das Symbol für die verachteten Andersgläubigen abgab.« (Schröder ibd.)
»Der Mann projizierte das innere Bild, das er sich vom ›unreinen‹ Schwein gemacht hat, auf alles, was mit weiblichem Wesen im eigenen wie im kanaanitischen Volk zu tun hatte. Der Erdgöttin mit Essen ihres heiligen Tieres zu huldigen, wurde zur größten Kränkung und Lästerung von Jahwe. Das Schwein, das Menstruationsblut, die Geburt und der Tod im Naturzyklus waren die heiligen Erfahrungen in der matriarchalen Religion. Die neuen Gesetze verfluchten und unterdrückten sie für den patriarchalen Kult.
Das Christentum setzte diese Tradition der Abwertung des Tieres nahtlos fort. Hier galt das Schwein wegen seiner Vorliebe zum Wühlen in Schlamm und Unrat und wegen seiner Gefräßigkeit als Bild der Unkeuschheit, Maßlosigkeit, Niedrigkeit, Verrohung und Unwissenheit…
…Überall da, wo ein Verbot besteht, Schweinefleisch zu essen und wo das Tier als unrein erklärt wird, ist sein ursprünglich sakraler Charakter gewiss.«
(Friedrich Schröder, Hvhb. DW. Lesen sie den vollständigen Artikel unter http://www.symbolonline.de/index.php?title=Schwein)
Aber ursprünglich war es das Blut der Frauen, das Menstruationsblut, das Blut der Mutter, die den Fötus aus ihrem Blutkreislauf nährt, das Blut der Gebärenden; es war das Blut, welche patriarchalen Männern die Schöpfungsmächtigkeit der Frau und der Schöpfergöttin bei jeder Schwangerschaft und jeder Geburt vor Augen führte. Es war der Hass der Männer, ihr Neid auf diese Schöpfungsmächtigkeit, die das Schwein zum verabscheuten und verdammten Objekt der Erfinder eines nicht gebärfähigen Gottes machten.
Jesus trieb die Ächtung noch ein Stück voran
Einen Beitrag zur Ächtung der Schweine leistete auch der patriarchale Jesus. Die Parabel erzählt, dass er Dämonen aus Besessenen in eine Herde von 2000 Schweinen fahren ließ, die sich darauf in den Abgrund stürzten und im See ertranken! Ein ziemlich brutaler Akt mit dem Jesus die Heiden gemeint haben soll, die die Saugöttin verehrten. Als ›Heiden‹ werden in der christlichen und jüdischen Kultur vor allem die Menschen der matriarchalen Kultur bezeichnet, die an die Große Göttin oder an mehrere Göttinnen und Götter und nicht an einen einzigen patriarchalen Gott glauben.
Das Mutterschwein als Verkörperung der Göttin in Alt-Europa
»Das heilige Tier der schwangeren Göttin ist das Mutterschwein, dessen fettstrotzender, massiger Leib als Inbegriff der Fruchtbarkeit galt. Die hier abgebildete Tonmaske hatte vermutlich eine kultische Funktion. Vinča-Kultur (Leskovica bei Stip, Makedonien; um 4500-4000, Höhe 19 cm.« (Gimbutas ibd. S.147)
Das Mutterschwein als Verkörperung und Verehrung der Göttin war weitverbreitet. »Figuren und Vasen in Form eines Schweinekopfes mit Ohrringen zeigen, dass die in der Skulpturenkunst des Alten Europa der Jungsteinzeit dargestellte Sau eine Erscheinungsform der Großen Göttin des matriarchalen Zeitalters war. Im Neolithikum gab es auch Schweineorakel, die dann auch die Beziehung dieses Tieres zu Weisheit und Weissagung begründeten. Die Sau als Todesgöttin und Opfertier zugleich hatte ihre Funktion als Mittlerin zwischen Lebenden und Toten und wurde deswegen benutzt, um das Mysterium des Sterbens darzustellen, das zur Wiedergeburt führt. Überhaupt war das Schwein in den alten Kulturen vielfach ein Sinnbild für Fruchtbarkeit, Glück und Wohlstand. So wurde im jungsteinzeitlichen Malta eine säugende Muttersau mit 13 Ferkeln dargestellt.« (Schröder ibd.)
Das Schwein wurde im 2. Jh. v.u. Z. in Griechenland noch immer, z.B. im Tempel der Despoina, verehrt. »Milchferkel gehörten zu den bevorzugten Opfergaben für die altgriechische Korngöttin Demeter und ihre Tochter Persephone sowie für andere Brotgottheiten in Europa. An den Tesmophorien, einem dreitägigen Fest, das zu Ehren Demeters aus Anlass der Herbstaussat im Oktober stattfand, nahmen ausschließlich Frauen teil. (Gimbutas ›Die Sprache der Göttin‹ 1995, S. 147)
»Noch im 17. Jahrhundert wurde der litauischen Erdmutter Žemyna ein schwarzer Frischling dargeboten. Beim Erntedankfest wurde das geopferte Schwein unter den Augen einer Priesterin von der Gemeinde verspeist. Anschließend trug die Priesterin einen Teil des Tieres mit dreimal neun Stücken Brot zum Kornspeichr. Dort betete sie allein zur Göttin (Praetorius 1871).« (Gimbutas ibd.) Die Litauer vergraben die Knochen des Osterschinkens an allen vier Ecken des Ackers. »Von allen vier Seiten erhält er die Fruchtbarkeit der Göttin.« (Gimbutas ibd., S. 147) Die Christen imitierten den Brauch und schrieben ihn dem hl. Georg zu, den sie am St. Georgstag Ende April begehen.
Die verfemte heilige Sau wurde trotzdem schon in Ägypten in unzähligen Amuletten als Glücksbringerin verehrt, was sie sogar in unserem Volksglauben bis heute erhalten hat. Man hat Schwein, eben ›saumäßiges Glück‹.
Zur Hysterektomie s. die Seite ›Die Verstümmelung der weiblichen Sexualorgane – die Rache patriarchaler Männer‹