Das aktuelle Matriarchat in Südchina: Die Mosuo

Der argentinische Arzt und Journalist Ricardo Coler berichtet in seinem Buch ›Das Paradies ist weiblich‹ von seiner ›faszinierenden Reise ins Matriarchat‹ der Mosuo, einem abgelegenen Gebiet Chinas. Mao Tse-tung versuchte, das Matriarchat dieses Volkes, das ›ein aktives Liebesleben führte, die viel gepriesene Institution der Ehe ignorierte und der Figur des Vaters keinerlei Bedeutung beimaß, auszurotten‹. Er setzte dafür staatlich-politische Gewalt, Sippengewalt, religiöse Gewalt und Gattengewalt ein, die die Verkörperung der Gesamtheit der feudalpatriarchalischen Ideologie und des feudalpatriarchalischen Systems bilden. Ohne Erfolg! Als die politisch-militärischen Beauftragten und mit ihnen der Druck abgezogen waren, kehrten alle zu den matriarchalen Gewohnheiten zurück. »Den politischen Führungskadern war es nicht nur nicht gelungen, die Verhältnisse zu verändern, im Gegenteil. Viele Soldaten fühlten sich zu den Mosuo-Mädchen hingezogen und integrierten sich in das Matriarchat.« (Coler 2009, S. 112–116)

›Männer leben besser, wo Frauen das Sagen haben‹

Im Spiegel online vom 27.5.2009 lesen wir ein interessantes Interview mit Ricardo Coler, geführt von Jürgen Vogt. Auf die Frage, wie leben Männer in matriarchalen Gesellschaften ? antwortete Coler kurz zusammengefasst:

  • Männer leben besser, wo die Frauen das Sagen haben
  • Männer sagen: ›Du bist für fast nichts verantwortlich, du arbeitest viel weniger und du bist den ganzen Tag mit deinen Freunden zusammen.‹
  • Den Frauen leuchtet einfach nicht ein, warum Konflikte mit Gewalt gelöst werden sollen. Da sie bestimmen, streitet niemand.
  • Männer taugen für körperlich harte Arbeit. Das Sagen haben die Frauen.
  • Schuld- oder Rachegefühle kennen sie nicht, es ist einfach eine Schande, sich zu streiten. Sie schämen sich dafür, und es droht ihnen dann sogar der Verlust ihres sozialen Ansehens.
  • Das Aufziehen der Kinder ist ausschließlich Frauensache. Wenn die Mosuo Kinder haben, sind es ihre Kinder – der Mann spielt dabei keine Rolle.
  • Heiraten oder mit einem Mann eine Familie gründen, das interessiert die Mosuo nicht. Und wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Sie bleiben nicht zusammen wegen der Kinder oder des Geldes oder sonst etwas.
  • Wenn es um das Verführen geht, dann wandeln sie sich komplett. Die Frauen geben sich schüchtern, schauen auf den Boden, singen leise vor sich hin, werden rot.

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/matriarchat-maenner-leben-besser-wo-frauen-das-sagen-haben-a-627103.html

Wer sich für die Mosuo und andere Matriarchate Asiens ausführlicher interessiert, dem sei die bemerkenswerte Arbeit von Heide Göttner-Abendroth ›Das Matriarchat II.1, Stammesgesellschaften in Ostasien, Indonesien, Ozeanien‹ 1991 empfohlen. Auch gibt es mehrere Filme über die Mosuo.

 


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