Die Kulturen zerstörende christliche Missionierung in aller Welt
Aus dem Inhalt:
- Hand in Hand: Die politische und die religiöse Kolonisierung
- ›Vom Schlangenkult zur Christuskirche‹
- Christliche Missionare brachten den gleichberechtigten Völkern die ungerechten Gesetze des Patriarchats
und predigten die Minderwertigkeit der Frau - Die christlichen Missionare brachten den Teufels- und Hexenglauben nach Afrika
- Die christlichen Missionare brachten die Diffamierung der Homosexuellen
- Der ›Segen‹ der Kolonisierung und Missionierung war kein Segen
- Missionierung ist grundsätzlich patriarchal, menschenverachtend, überheblich, arrogant, chauvinistisch und rassistisch
- Die missionarische Ader der überheblichen Weißen
- Die Missionierung brachte dem christlichen Klerus sagenhafte Reichtümer
- Der neue Aufruf zur Missionierung und Verbreitung der ›Frohbotschaft‹
»Das Verschwinden einer Kultur kann genauso schwerwiegend sein wie das Verschwinden
einer Tier- oder Pflanzenart, oder sogar noch gravierender«,
schreibt Papst Franziskus in seiner im Juni 2015 erschienenen Enzyklika. – Nur hat er vergessen, dass die christliche Missionierung unzählige Kulturen unwiederbringlich ausgelöscht hat?
›Die Weißen nennen es die Zivilisierung Afrikas‹
Deutscher Kolonialherr in Togo (ca. 1885), damals deutsche Kolonie
Die Vergangenheit Afrikas
Der Afrikanist Heinrich Loth, ein misssionkritischer deutscher Historiker und Afrikanist informierte seine Leser über die destruktive Rolle der Kolonisierung und Missionierung und machte sie mit der alten Kultur Afrikas bekannt. So beschreibt er das Leben in der Gemeinschaft anhand der Höhlen- und Felszeichnungen entlang der alten Handelsstraßen, die das Innere Afrikas mit der Mittelmeerküste verbanden. In ganz Afrika wurden diese Kunstwerke gefunden, über 100 000 aus mehr als zehn Jahrtausenden. Alle diese Überlieferungen zeugen von der wunderbaren Kreativität und der hohen Kultur afrikanischer Völker. »Sie machen bewusst, wie verheerend sich das Eindringen der Europäer auf die weitere Entwicklung auswirkte… Waren die ersten Kontakte zwischen afrikanischen und europäischen Herrschern von gegenseitiger Achtung und Verständnisbereitschaft getragen, so tat sich mit den europäischen Ausplünderungs- und Eroberungstendenzen eine nicht zu überbrückende Kluft auf, eine Kluft, die noch vertieft wurde durch den Anspruch der Eindringenden, der angeblichen Zivilisation-, Kultur- und Glaubenslosigkeit der Eingeborenen ein Ende zu setzen.« (Heinrich Loth ›Vom Schlangenkult zur Christuskirche – Religion und Messianismus in Afrika‹ 1985, S. 20, 21)
Hand in Hand: Die politische und die religiöse Kolonisierung
›Als die Missionare in unser Land kamen, brachten sie die Bibel mit.
Sie hießen uns, mit geschlossenen Augen zu beten und als wir die Augen wieder öffneten,
hatten wir die Bibel und sie unser Land!‹ (Sprichwort in Kenia)
Die Geschichte der Missionierung ist die Geschichte unerhörten religiösen Hochmuts. So harmlos wie das Bonmot aus Kenia es ausdrückt, ist es nicht. »Die religiöse Bekehrung der Heiden oder Angehöriger anderer monotheistischer Religionen zum Christentum war gelegentlich nur ein Vorwand zur Durchsetzung wirtschaftlicher und politischer Interessen.« (Wikipedia › Zwangschristianisierung‹)
Die patriarchale Ausbeutungspolitik benötigt für ihre Ziele die Religion
und die patriarchale Religion die Politik.
Es werden zwei Unterdrückungsmächte nebeneinander eingesetzt: die brutale (militaristische) Gewalt und die zwangsweise, nicht weniger harmlose religiöse Gewalt. Sie ergänzen sich gegenseitig zur Erhaltung ihrer Macht.
Die interdisziplinäre Forschung der Paläo-Anthropologie, der -Ethnologie, -Archäologie, der Geoarchäologie, der -Linguistik, aber auch der Mythologie und der Symbolik hat gezeigt, dass die frühesten Kulturen Afrikas durchwegs matriarchal, matrilinear und matrilokal strukturiert waren. Die Forschungen sprechen von hochziviliserten matriarchalen Kulturen, die von Königinnen geleitet wurden. (s. ›Das matriarchale Königinnentum Ägyptens‹ und D. Wolf 2017, S. 22) Dies wird allerdings von patriarchalen WissenschaftlerInnen unterschlagen, verschwiegen, bekämpft oder geleugnet. Die Gründe dafür sind nicht unbedingt in der wissenschaftlichen Forschung, sondern in der Zugehörigkeit zu einer der patriarchalen Religionen zu finden, welche allzu oft zur Abwehr der Schuld und zu Vorurteilen führt.
Die deutsche Philosophin und Matriarchatsforscherin Heide Göttner-Abendroth bearbeitete u.a. die Forschungsergebnisse der Matriarchatsfrage Afrikas, woraus im folgenden einige Beispiele zitiert werden. Der schwarzafrikanische Kontinent südlich der Sahara wurde von zahlreichen WissenschaftlerInnen erforscht. Neben den klassischen Autoren sind es vor allem neue kritische Ethnologinnen, unter denen Eva Meyerowitz mit zahlreichen Arbeiten herausragt. Beginnen wir mit einigen der bekannten Wissenschaftler, unter anderen, dem deutschen Ethnologen Leo Frobenius (1873 bis 1938). Er kritisierte jegliche Art von Eurozentrismus – die ideologische Beurteilung anderer Völker nach europäischen Werten und Normen – insbesondere in Bezug auf Afrika. Er »bezweifelt die angebliche ›Kulturbringer‹-Rolle des Europäers, denn ›es war dem europäischen Hochmut nicht möglich, die ‚Neger‘ anders zu sehen denn als Nutzungsobjekte‹. (Frobenius ›Das unbekannte Afrika‹ 1923, S. 16) »Der Afrikanist B. Davidson weist darauf hin, dass Europa seinen Aufschwung im 15.–19. Jh. im wesentlichen der Ausplünderung anderer Kontinente, besonders Afrikas, verdankt. Denn war vor dieser Zeit der Unterschied zwischen den führenden Staaten Europas und Afrikas nur ein kleiner Schritt. So wurde er danach zu einer riesigen Kluft. Die afrikanischen Reiche wurden durch Sklavenhandel in den Verfall getrieben. Auf diese Ausplünderung folgte die rasche und vollständige koloniale Eroberung, wobei die begleitende Ideologie der Rassismus ist, eine Frucht der Neuzeit. Denn das europäische Mittelalter kannte ihn noch nicht.« (B. Davidson ›Black Mother‹ 1961, S. 235–247) »Der Ethnologe Bernatzik äusserst sich so: ›Ob ein Vergleich in ethischer Beziehung zwischen den Trägern (afrikanischer) Kulturen und uns Europäern zu unseren Gunsten ausfiele, schien mir oft zweifelhaft. Wohl scheinen unsere Gesetze soviel menschlicher, aber wie oft entpuppen sie sich als Deckmantel für Machtgier und Habsucht!… Ich habe viele noch unberührte Volksstämme Afrikas kennengelernt. Doch niemals habe ich den Eindruck gewonnen, dass diese Menschen uns brauchen. Stets empfand ich Achtung und Bewunderung vor der klaren, sinngemässen Einfachheit, mit welcher sie das Leben meistern‹.« (Hugo A. Bernatzik ›Geheimnisvolle Inseln der Tropen Afrikas. Frauenstaat und Mutterrecht der Bidyogo‹ 1933, S. 14, f., Zitate aus Göttner-Abendroth ›Das Matriarchat II.2 – Stammesgesellschaften in Amerika, Indien, Afrika‹2000, S. 173 f.)
Der US-Anthropologe Robert W. Sussman veröffentlichte 2015 ›The Myth of Race: The Troubling Persistence of an Unscientific Idea‹ (Der Mythos der Rasse: Das beunruhigende Fortbestehen einer unwissenschaftlichen Idee). In diesem Buch beschrieb er die Rasse als ein soziales Konstrukt und nicht als eine auf der Wissenschaft basierende Entität. Er zeichnet die frühen Ursprünge der rassistischen Theorien nach und verfolgt sie bis in die Gegenwart. Sussman beschrieb die wichtigsten Entwicklungen in der Geschichte des Rassismus. Das Buch war ein Höhepunkt seiner lebenslangen Bemühungen, die fehlgeleiteten Vorstellungen aufzudecken, die rassistische Überzeugungen befeuern. Unter etlichen weiteren Forschern stellten sowohl der erste schwarzafrikanische Historiker J. Ki-Zerbo, wie der österreichische Afrikanist Heinrich Loth in ihren Untersuchungen zur Kulturgeschichte der afrikanischen Königreiche südlich der Sahara immer wieder die starke Rolle der Frau vor der Kolonisierung und die Entrechtung und Verschlechterung der Lage der indigenen Menschen, insbesondere der Stellung der Frau durch die Patriarchalisierung und islamische und christliche Missionierung fest. „Die Religion der Weissen bekräftigten die reaktionären Ansichten der Männer, allen voran das Patriarchat“, schreibt Nehani Andreas, „La voix des femmes de Namibia“)
»Frühe schwarzafrikanische Königreiche existierten neben islamisierten Herrschaftsstrukturen – und vielfach alle diese Elemente in wechselseitiger Verflechtung… Die Zeit des Kolonialismus war für die afrikanischen Völker und besonders für die Frauen schwer… Die Unterordnung der Frau unter die Macht des Mannes festigte sich.« (Loth ›Die Frau im Alten Afrika‹ 1986, S. 7) »Während in einem Teil des Kontinents soziale Unterdrückung und Ausbeutung der Frauenarbeit zunahmen, hielten sich in einem anderen zäh die Überbleibsel des Mutterrechts. Darüber hinaus blieb im sozialen Leben einzelner Völker eine Ordnung erhalten, bei der auf Kosten einer etwas niedrigeren Stellung des Mannes die Herrschaft der Frau, was die ersten europäischen Reisenden in nicht geringes Erstaunen versetzte.« (Loth ibd., S. 8)
›Vom Schlangenkult zur Christuskirche‹ (Heinrich Loth)
»Die Geschichte des Missionschristentums in Afrika beginnt mit den geographischen Entdeckungen des 15. Jahrhunderts. Die Mission ging parallel mit den ersten Versuchen der iberischen Mächte, in Afrika politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu gewinnen. Die europäischen seefahrenden Nationen, allen voran die Portugiesen und Spanier, stießen bei ihren Entdeckungsfahrten auf Völker, deren Kultur und Lebensweise derart fremd und unfassbar waren, dass sie die dort lebenden Menschen als kulturlose Wilde ansahen. Die wenigen Stimmen, welche auf die positiven Momente dieser fremden Kulturen hinwiesen, wurden von der verständnislosen Mehrheit und angesichts der Notwendigkeit, die zunehmende Verwandlung Afrikas in ein ›Gehege zur Handelsjagd auf Schwarzhäute‹ zu rechtfertigen, nicht gehört. Allein die unterschiedlichen Bekleidungsgewohnheiten waren Anlass, die Afrikaner als tierähnliche Primitive einzustufen.
Die Missionare, die auf portugiesischen und spanischen Schiffen an der Westküste, der Ostküste und an der Kongomündung eintrafen, begannen unverzüglich ohne Kenntnis von Land und Leuten ihr Missionswerk. Sie verstanden sich nicht nur als Heilsbringer, sondern zugleich als Sittenrichter. In den religiösen Bräuchen und in der Lebensweise der Afrikaner, besonders in ihren sexuellen Verhaltensnormen, wie sie für die Polygamie typisch waren, sahen sie Beispiele abgrundtiefer Verwahrlosung und Sittenlosigkeit. Das Missionschristentum litt an einem inneren Widerspruch: Einerseits schienen mit der Botschaft von der allgemeinen Gotteskindschaft aller Menschen die Vorurteile gegenüber anderen Völkern, Kulturen und Religionen überwunden zu sein, andererseits wurde das Bild von afrikanischer Sitten- und Schamlosigkeit, Barbarei und Gesetzlosigkeit gezeichnet; im Rahmen dieser Anschauungen versuchte man, den biblischen Missionsauftrag zu verwirklichen.
Die gleiche Fehleinschätzung erfuhren die religiösen Auffassungen dieser Völker. Das Christentum, das die Missionare nach Afrika bringen wollte, war vom europäischen Mittelalter geprägt. Die Staatsreligion, getragen von der neben dem Feudaladel stärksten Macht, dem Klerus, war dem mittelalterlichen Herrschaftssystem dienstbar gemacht worden.« (Heinrich Loth ›Vom Schlangenkult zur Christuskirche‹ 1985, S. 7 f.)
Christliche Missionare brachten den gleichberechtigten Völkern
die ungerechten Gesetze des Patriarchats und predigten die Minderwertigkeit der Frau
Das war der Beginn des Niedergangs der Kultur Afrikas. Missionare, die sich auch als erste ›Ethnologen‹ betätigten, hatten kaum jemals Zugang zu Frauen, weshalb zuerst die Männer durch Verführung oder Gewalt zum christlichen Gott bekehrt wurden. Das war nicht schwer. Der Trick – den übrigens alle monotheistischen, missionierenden Religionen angewandt haben und noch immer anwenden – zielt auf die Eitelkeit der Männer. Sie schmeicheln ihnen damit, Gott sei männlich und sie seien Gottes Ebenbild, weshalb sie den Frauen überlegen seien, die ihnen ab jetzt zu gehorchen hätten. Das predigte bekanntlich schon der missionierende Paulus, ein neurotischer Frauenverächter: ›Die Frauen seien ihren Männern untertan, denn der Mann ist das Haupt der Frau‹ und ›Die Frau schweige in der Gemeinde!‹ Die meisten Männer nahmen die Kunde ihrer Wichtigkeit und Überlegenheit gerne zur Kenntnis, bekehrten sich zu dieser die Männer privilegierenden patriarchalen Religion und viele glauben noch heute an ihre Überlegenheit. Zutiefst beeindruckt von ihrer ungewohnten Vorrangstellung konnten sie der frohen Botschaft, die ihnen neue Rechte und Macht verschaffte, nicht widerstehen und wenden sie seither auch zu ihrem Vorteil an, besonders die religiösen Frömmler. Die Anmaßung des weißen Mannes, der glaubt, die Krone der Schöpfung, das Ebenbild und der ›Auserwählte‹ seines von ihm erfundenen Gottes zu sein; wähnt sich durch seine eingebildete ›Gottebenbildlichkeit‹ selbst göttlich.
Der patriarchale, christliche, weiße Mann wurde zur gefährlichsten Bestie der Welt
Obwohl nur etwa 13% der Weltbevölkerung Weiße und davon bekanntlich nur 49% Männer sind, ist ihre Arroganz beispiellos gegenüber allen, die nicht weiß, männlich, ›arisch‹, heterosexuell (oder mindestens scheinbar asketisch lebend!), monogam, gottgläubig und Angehörige der auserwählten weißen ›Herrenrasse‹ sind.
›Die in den westlichen Ländern vorherrschende Überzeugung von der universalen Überlegenheit der Männer über die Frauen wird wie ein Giftstoff von Generation zu Generation weitervererbt‹. (Helen Fisher)
Der Anthropologin Helen Fisher verdanken wir eine weitestgehend andere Sicht auf die Frauen als jene, die uns von weissen Männern – Wissenschaftlern und Missionaren – bisher als Wahrheit aufgetischt wurde. Patriarchale, christliche Ethnologen und Anthropologen, gingen noch im 20. Jahrhundert von der irrigen Annahme aus, »Männer seien schon seit jeher mächtiger als Frauen gewesen. Dementsprechend fielen ihre Forschungsergebnisse aus. Das änderte sich während der Frauenbewegung, als feministische Anthropologinnen das Dogma der weltweiten weiblichen Unterordnung in Frage zu stellen begannen. Da Männer die meisten Studien vor Ort durchgeführt und dabei vor allem mit männlichen Informanten gesprochen und hauptsächlich die Aktivitäten der Männer beobachtet hatten, sind viele anthropologische Untersuchungen einseitig; die Frauen wurden nicht gehört. Darüber hinaus wurde den Anthropologen von ihren Kolleginnen auch vorgeworfen, das Gesehene falsch ausgelegt zu haben. Die Arbeit der Frauen sei als ›Hausarbeit‹, ihre Gespräche seien als ›Klatsch‹, ihre Kunst als ›Handwerk‹ und ihre Teilnahme an Zeremonien als ›nichtsakral‹ abqualifiziert worden; die Jagd, die Künste der Männer, ihre religiösen Rituale und Ansprachen sowie viele andere männliche Tätigkeiten seien dagegen hochgespielt worden. Leistung und Leben der Frauen seien aus selektiver Blindheit, Androzentrismus oder Voreingenommenheit für ein Geschlecht – wie immer man diese Einseitigkeit bezeichnen mag – ignoriert und damit die anthropologischen Berichte verzerrt worden.« (Fisher ›Anatomie der Liebe‹ 1993, S. 273 f.)
Dass bei indigenen Völkern keines der Geschlechter dominierte, war »eine Vorstellung die westlichen Gelehrten offenbar fremd war. Fixierung auf hierarchisches Denken und tiefverwurzelte Vorurteile über die Geschlechterrollen prägten die wissenschaftlichen Analysen anderer Völker.« (Helen Fisher ibd. S. 274) Fisher erwähnt u.a. Das Beispiel des Jesuiten-Missionars Paul Le Jeune. Er hatte den Winter 1632 mit den Montagnais-Naskapi in Quebec verbracht. »Was er hier antraf, entsetzte ihn: nachsichtige Eltern, unabhängige Frauen, geschiedene Eheleute und Männer mit zwei Frauen, ein Wandervolk ohne feste Führer, eine zwanglose egalitäre Kultur, in der die Frauen einen hohen wirtschaftlichen und sozialen Status genossen. Diesen Zustand beschloss er zu ändern. Seiner Überzeugung nach stellten Zucht bei der Kindererziehung, eheliche Treue, lebenslange Monogamie und vor allem männliche Autorität und weibliche Unterordnung unabdingbare Voraussetzungen für die Erlösung dar.
›In Frankreich‹, erklärte er den Indianern, ›werden Männer nicht von ihren Frauen beherrscht‹. Binnen Monaten hatte Le Jeune eine Handvoll der ›Heiden‹ bekehrt. Und zehn Jahre später hatten einige begonnen, Frauen zu schlagen. (Fisher ibd. 1993, S. 276) Die indigene Bevölkerung wird der Einzigartigkeit ihrer Kultur beraubt und gezwungen, ihre Identität, ihre Sprache, selbst ihren Namen und vor allem ihre eigene Religion aufzugeben. In die Missionsschulen wird nur aufgenommen, wer bereit ist, sich zum Christentum zu bekehren; sie werden ihrer Ressourcen beraubt und zum ›Besitz‹ der Eroberer, von denen sie wie Tiere oder eine Ware behandelt werden.
Missionierung ist religiöse Kolonisierung,
Machtanmaßung und Indoktrinierung
Es ist ein leichtes, einer Gruppe beizubringen, sie seien besser als alle anderen; sie seien ›Auserwählte‹, das behaupten alle patriarchalen Religionen. Ebenso einfach ist es Männern beizubringen, sie seien den Frauen überlegen – auch wenn diese es bis dahin nie so empfunden hatten. Die psychische Wirkung einer derart künstlichen Überhöhung ist ohne jeden Zweifel überwältigend und fördert den destruktiven Narzissmus. Die diskriminierenden, frauenfeindlichen Reden der Missionare und die sich dagegen wehrenden Frauen brachten Feindseligkeit und Gewaltbereitschaft in die Gemeinschaften. Eine indigene Frau beklagt sich und erzählt verbittert, dass sich seit dem Erscheinen der Missionare die Beziehungen zwischen Mann und Frau radikal verschlechtert hätten, und dass auch das gesamte soziale Leben im Dorf durch ständige Streitereien ausserordentlich gelitten habe.
»Ehe die Europäer mit Gewehr und Evangelium die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern verschoben,
wurden afrikanische Frauen respektiert«,
schreibt Helen Fisher, danach beklagten sie sich, wurden ihre Männer arrogant, begannen, ihnen Befehle zu erteilen und sie schlecht zu behandeln. Es war das Ende des friedlichen Zusammenlebens von Frau und Mann. Heutige Kleriker beklagen und verurteilen die hohe Zahl von Ehescheidungen, deren Verursacher sie selbst sind.
Wie vielen Frauen der Kolonialismus und die Abwertung durch die christlichen Missionare Fesseln angelegt haben, lässt sich nicht sagen. Das Vordringen des westlichen Kolonialismus, gefolgt von westlichen Praktiken und Verhaltensweisen Frauen gegenüber, hat die Rolle der Frau in den Eingeborenen-Gesellschaften so stark beeinflusst, dass sich ihre Stellung nahezu weltweit verschlechterte, so fasste ein Wissenschaftler die Situation zusammen. Frauen hatten in traditionellen Gesellschaften in aller Welt über Macht verfügt. Afrikanische Frauen waren emanzipierter als sich britische Kolonialisten der viktorianischen Zeit vorstellen konnten. Die Geschichte der Aba Women’s Riots erzählt, dass sich 1929 sechzig der zehntausenden Frauen, die sich im von den Briten besetzten Nigeria für ihre Rechte zur Wehr setzten, von den britischen Kolonialisten erschossen wurden. (Helen Fisher 1993, S. 271 ff. und http://en.wikipedia.org/wiki/Aba_Women%27s_Riots) Die Aktion der Frauen hatte neben dem Massaker an den 6o Frauen auch dreissig kollektive Strafermittlungen zur Folge. (s. ›Women’s War‹ https://en.wikipedia.org/wiki/Women’s_War)
›Eine gefährliche Störung der ausgewogenen Gesellschaftsordnung kam mit der Kolonialregierung der Europäer und mit ihren christlich-protestantischen Missionaren‹. (Heide Göttner-Abendroth)
…und ebenso den katholischen!
»Das industrielle Marktsystem, das sie [die Kolonialisten und Missionare] einführten, fördert nur die Männer, die dabei individuell reich werden. Solche Männer wünschen ihren neuerworbenen Reichtum nicht mehr mit dem eigenen Matriclan zu teilen und sagen sich deshalb von ihm los. Sie werden Mitglieder der protestantischen Sekten, die Privateigentum statt Clanbesitz und die Vaterlinie statt der Mutterlinie propagieren. Da in der protestantischen Ideologie der Tüchtige sichtlich Gottes Gnade hat, sehen diese Männer ihre Geschäftsinteressen gegenüber den Ansprüchen des Matriclans gerechtfertigt. Zusätzlich versuchen sie, gestützt von den Missionaren, eine monogame Ehe mit dem Mann als Oberhaupt zu gründen, um ihren Privatbesitz in der Vaterlinie an Söhne zu vererben. Dazu bemühen sie sich, Frauen mit der Verlockung ihres Geldes aus dem Clangefüge herauszulösen. Einzelne Frauen akzeptieren solche Ehen, weil diese sie von der harten Feldarbeit befreien, aber nur für kurze Zeit. Obwohl sie christliche Konvertiten sind, verlassen sie die Sekten bald wieder wegen der kümmerlichen Rolle, die sie darin spielen sollen. Sie kehren heim und wenden sich wieder ihren alten Kulttraditionen zu.« (Göttner-Abendroth idb. 2000, S. 196) Viele Frauen leisten massiven Widerstand gegen die Bekehrung zum Christentum, was sie als ›Versklavung der Frau‹ bezeichnen. Das gleiche kennen wir aus Europa, wo die Frauen, die sich gegen ihre Bekehrung zum patriarchalen Christentum wehrten, millionenfach als Hexen verbrannt wurden.
Die christlichen Missionare brachten den Teufels- und Hexenglauben nach Afrika
Ein besonders tragisches Kapitel der christlichen Missionierung ist, dass die Priester neben dem Teufels-Aberglauben auch den Hexenglauben, der im mittelalterlichen Europa grassierte, nach Afrika brachten, wo er noch heute unter den Unschuldigsten wütet. »Der studierte Theologe Charles Darwin (1809–1882) vermerkte in seinen Arbeiten zur Evolution des Menschen, dass er auf seiner Weltreise bei ›wilden‹ Völkern gerade nicht auf den global verbreiteten Glauben an eine gute, kosmische Ordnung gestoßen war, sondern auf ›schrecklichen Aberglauben‹ und daraus folgende Gewaltbereitschaft, beispielsweise gegenüber ›Hexen‹.« (Michael Blume, ›Verschwörungsglaube ist ein religiöses Problem‹, Spektrum.de 8.8.2016) Was der Theologe Darwin ausser acht lässt, ist, dass es sich bei dem ›schrecklichen Aberglauben‹ um solche Verschwörungstheorien handelt, die besonders von den evangelikalen Missionaren aufgrund ihres Glaubens an die Lehrmeinung von Martin Luther verbreitet wurde. Luther war nicht nur sexistisch, sondern auch abergläubisch, mit paranoiden Zügen. Er glaubte tatsächlich an eine tödliche Gefahr durch Hexen und Zauberer. ›ZauberInnen sollst du nicht leben lassen.‹ (2. Mose 22,17) Diese paranoide Verschwörungstheorie forderte zur Ermordung der ZauberInnen auf, den ›renitenten Hexen‹, Ketzerinnen und Ketzern und den unschuldig Angeklagten und führte in Europa zum Hexenwahn und zu einem der abscheulichlichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit. (s. Wolf Die Christianisierung Europas und die Hexenverfolgungen)
»Der Glaube an Verschwörungen fußt auf ähnlichen psychologischen Mechanismen wie der Glaube an Götter«, kommentierte der Religionswissenschaftler Michael Blume.
Claudia Becker schreibt in ihrem Artikel ›Hexenkinder – Die dunkle Seite der Walpurgisnacht‹ über »Das Leiden der ›Hexenkinder‹ in Afrika: Zu Ende ist das Kapitel der Verfolgung angeblicher ›Hexenkinder‹ nicht. Um die Jahrtausendwende ist in vielen afrikanischen Ländern wie dem Kongo oder Nigeria ein regelrechter Kinderhexenwahn ausgebrochen, der bis heute anhält. Allein in Kinshasa, der Hauptstadt des Kongo, leben Zehntausende Kinder als Ausgestoßene, weil Priester oder Schamanen sie zu Hexen erklärten. (Im Kongo sind etwa 50% römisch-katholisch, ca. 20% evangelisch, ca. 10% kimbanguistisch, 10% muslimisch und 10% traditionelle animistische Religionen. Wikipedia)
Die zu Hexenkindern erklärten Mädchen und Jungen, werden von ihren Eltern verstoßen, weil sie mit ihren angeblichen magischen Kräften die Familie in Armut gebracht oder einen Angehörigen mit Aids infiziert haben soll. Diese Kinder, die am Rand der Gesellschaft dahinvegetieren, müssen jederzeit mit ihrer Tötung durch Killertrupps oder auch durch die eigenen Eltern rechnen. Manches ›Hexenkind‹ ist erst zwei.« (Die Weltwoche 30.4.15) Für diese Spätfolgen sind nicht, ›primitive Wilde‹ verantwortlich, sondern europäische Missionare!
Die christlichen Missionare brachten die Diffamierung der Homosexuellen
Die Bibel als Waffe gegen Homosexuelle
›Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau, das ist ein Gräuel‹ (3. Mose 18.22). Schlimmer als der Gräuel, den Moses gegenüber der Homosexualität empfand, ist der Gräuel des Leidens, der Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen, was ebenfalls in erster Linie auf das Konto der christlichen Missionierung, z.T. auch der Muslime, aber ursprünglich auf das Alte Testament zurück geht. Die hysterische Hetzjagd gegen Homosexuelle ist eine der widerlichsten Perversionen des Patriarchats; von chauvinistischen Männern ausgedacht und sadistischen Männern realisiert. Nur selten hören wir von Frauen/Müttern, die sich daran beteiligen. Es ist ein Männerproblem. Die indoeuropäisch/arische Priesterkaste der Leviten (Luviten) verlangte erbarmungslos die Tötung der Homosexuellen. »Einige Texte der Bibel beziehen sich auf homosexuelle Handlungen. Die Thora verbietet Analverkehr zwischen Männern und bedroht die Beteiligten mit Todesstrafe (Lev 18,22; 20,13). Drei Stellen der Paulusbriefe nennen diesen als eines von vielen Kennzeichen gottloser Menschen (1 Kor 6,9; Röm 1,26f.; 1 Tim 1,10). Im Judentum begründeten die Thoraverbote, im Christentum zudem die Stellen der Paulusbriefe traditionell die Verurteilung von Homosexualität als Sünde. Da lesbische Sexualität in der Bibel nicht vorkommt, wurde diese im Judentum nur indirekt mitverboten oder erlaubt.« (Wikipedia ›Bibeltexte zur Homosexualität‹). Auffallenderweise geht es in der Begründung der Verfolgung immer und ausschliesslich um Sex zwischen den Männern, aber nie um Liebe! Erstaunlich ist das deshalb, weil alle patriarchalen Religionen die Liebe Gottes und die Nächstenliebe ins Zentrum stellen, doch alle patriarchalen Religionen sind besessen von Sex. In allen Ländern der Welt, wo heute Männer und Frauen unter der Diskriminierung zu leiden haben, hatten die Religiösen die Hände im Spiel. Mit unglaublicher Bösartigkeit, Unverstand, Intoleranz, Hysterie, Härte und Unmenschlichkeit wird im Zusammenschluss von bigotten Politikern und Diktatoren mit Kirchenmännern oder Terroristen gegen Schwule und Lesben gehetzt. In vielen Ländern haben Schwule mit lebenslanger Strafe, Verfolgung und sogar mit dem Tod zu rechnen. Immanuel Velikovsky sah »in der unterdrückten Homosexualität ganzer Nationen die Quelle des Hasses und der Lust am Zufügen körperlichen Schadens in großem Massstab… Ich glaube noch immer, dass unterdrückte Homosexualität viel mit Aggression zu tun hat.« (Velikovsky ›Das kollektive Vergessen‹ 1985, S. 133) Kein Mann, der sich seiner sexuellen Identität als Heterosexueller sicher ist, verfolgt Homosexualität. Homophobie ist ein Produkt des Machismus, der auf den eingebildeten Überlegenheitgefühlen des Mannes basiert – und immer ein Zeichen verdrängter oder unbewusster Homosexualität ist, die im andern geächtet wird. Prominentes Beispiel ist der US-Amerikaner Edgar Hoover, einer der schlimmsten Schwulen-Verfolger, war selbst schwul!
Der ›Segen‹ der Kolonisierung und Missionierung war kein Segen
Delanoy: ›The Blessing of Civilization‹ (›Love’s Picture Book – The History of Pleasure and Moral Indignation from the Days of Classic Greece Until the French Revolution 1969 Ove Brusendorff, Poul Henningsen)
Die Zivilisierung der Wilden?
»Das frühe Christentum verbreitete sich durch Gewalt und Krieg über ganz Europa. Das spätere Christentum verbreitete sich auf die gleiche Weise über die ganze Welt; fanatische Missionare folgten gewöhnlich den christlichen Truppen, die es schafften, unzählige Eingeborenenvölker auszurotten, weil sie die ›falsche‹ Religion hatten.« (Barbara G. Walker ›Göttin ohne Gott – Der Herr des Himmels wird entthront‹ 1999, S. 69 f.) Diesen Menschenverlust machten sie wett, indem sie die natürlichen Verhütungsmittel, welche die Frauen kannten, verboten und Frauen damit unzählige unerwünschte Schwangerschaften und lebensgefährliche Geburten aufzwangen.
›Männer tun nie so vollständig und freudig das Böse,
wie wenn sie es aus religiöser Überzeugung tun.‹ (Blaise Pascal)
»Dennoch hätten die religiösen Autoritäten Toleranz predigen können«, schreibt Barbara Walker, »wenn sie eines rationalen Gedankens fähig gewesen wären – einfach aufgrund der Erkenntnis, dass alle Religionen identisch sind. ›Der nackte Wilde‹, sagt Ingersoll, ›der eine Göttergestalt aus Holz verehrt, gleicht im Sinn einem Papst, der in seiner Robe vor einem Bild der Jungfrau Maria kniet. Der arme Afrikaner, der Wurzeln und Rinde trägt, um sich vor bösen Geistern zu schützen, befindet sich auf derselben intellektuellen Ebene wie jemand, der seinen Körper mit ›Weihwasser‹ bespritzt.‹ Die Christen waren reichlich mit Idolen, Fetischen, magischen Zaubern, Amuletten und allen anderen vermeintlich primitiven religiösen Requisiten versorgt.« (Walker ibd.)
Die christianisierten Völker der Dritte-Welt-Länder gehören zu den ärmsten Ländern der Welt, z.B. die Philippinen! »Alle zwei Stunden stirbt auf den Philippinen eine Frau, jede Stunde sieben Kinder und drei Neugeborene. 100 Millionen Menschen leben hier bereits. Doch der Bevölkerungszuwachs ist so hoch, dass sich das Land bald nicht mehr ernähren kann und zu arm ist, um sich Importe leisten zu können.
Unzählige Frauen entschließen sich hier aus Verzweiflung zu einer Abtreibung. Die Eingriffe sind in dem katholisch geprägten Land verboten – und gefährlich. Zusätzlich ernähren immer mehr Mütter ihre Babies mit Milchpulver. Ein Trend, der tödlich enden kann, wenn das Pulver mit verschmutztem Wasser gemischt wird. Es fehlt hier an allem – vor allem an Aufklärung.« (›Brennpunkt‹ ORF 2.7.2015)
Aber für die Kirche und die reichen Länder haben arme Länder, dazu noch mit einem hohen Prozentsatz an AnalphabetInnen, einen riesigen Vorteil, sie können schamlos ausgebeutet werden. Sie sind die SklavInnen der Neuzeit, z.B. die geschundenen Männer auf den Baustellen für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar, die missbrauchten philippinischen Frauen in den Privathaushalten Saudi-Arabiens und die zwangsprostituierten Frauen in Europa.
Missionierung ist grundsätzlich patriarchal, menschenverachtend, überheblich, arrogant, chauvinistisch und rassistisch
Der Skandal der Missionierung in aller Welt, ist, dass die Missionsgesellschaften stets mit dem europäischen Eroberungen, dem Kolonialismus, der Ausbeutung und Ausplünderung, dem Sklavenhandel und Völkermord verflochten waren. Die Kolonialmächte rechtfertigten und tarnten ihre Schandtaten mit Erfindungen und Propaganda von der barbarischen Unkultur und Gewalt der Eingeborenen ›Wilden‹. Nie haben die ›Wilden‹ jedoch solche Verbrechen begangen wie sie von Christen begangen wurden; durch Kolonisation, Kreuzzüge, Inquisition, Hexenverbrennungen, Holocaust und das mörderische Bündnis mit den Faschisten an der Macht.
»Das Christentum hat damit begonnen, Gewalt im Namen der Wahrheit anzuwenden: Der echte Glaube muss den Heiden demnach verkündet werden, notfalls mit dem Schwert, um ihre Seelen vor der ewigen Verdammnis zu retten«. (Jan Assmann)
Europäische Kolonialisten und Missionare verachten die Eingeborenen bis heute als ungebildete und ungläubige Wilde und Primitive. Der Schweizer Theologe und Schriftsteller Al Imfeld erlebte ein ihn erschütterndes Beispiel. Er besuchte nach dem Abschluss seines Studiums den fast schon heilig gesprochenen Albert Schweitzer in Lambarene und war zutiefst von ihm enttäuscht. Schweizer zweifelte am vollen Menschsein der Schwarzen, sie seien noch im Stadium des Kindes und müssten zivilisatorisch erzogen und missioniert werden. Schweizer verteidigte deshalb den Kolonialismus als ›zivilisatorischen Auftrag‹ des Abendlandes gegenüber Schwarzafrika. Trotz der verübten Gräuel und der unzähligen Opfer gab er Südafrikas Apartheid-Politik recht.
Missionierende und Helfer waren (und sind bis heute) jedoch nicht zu vornehm, die Frauen und Kinder der verachteten ›unziviliserten‹ Schwarzen zu ihren Sexobjekten und Arbeitstieren zu machen. Sie brachten den Alkohol und die Krankheiten der westlichen Welt nach Afrika, von den Masern bis zur Syphilis, welche schlussendlich in unserer Zeit die Bedingungen für die Ausbreitung der HIV-Endemie schuf, sie potenzierte und beschleunigte.
Eroberer und Missionare stießen auf den mutigen Widerstand regierender Königinnen. Doch allmählich wurden die ursprünglich matriarchalen Kulturen von weißen Männern zerstört.
»Vor ihrem Kontakt mit Europäern und vor ihrer Kolonisation hatten Afrikas Völker viele Priesterinnen und Königinnen. Angola zum Beispiel nennt sich nach N’Gola, seiner letzten Königin, die sich mit ihrem Volke bis zum Letzten gegen die überlegenen Portugiesen verteidigte.« (Doris F. Jonas ›Der überschätzte Mann – Die Mär von der männlichen Überlegenheit‹ 1981, S. 46)!
Der berühmte Entdecker, Kolonialist und Missionar David Livingstone berichtete, dass noch »im 19. Jahrhundert, die Ratsversammlung der L’unda in der Sambesi-Region ganz allgemein nur aus Frauen bestand. Die Männer dort wagten nicht die geringste Vereinbarung oder die kleinste Leistung zugunsten Dritter ohne die vorherige Zustimmung der Frauen.« (Jonas ibd. S. 45)
Was Kolonialisten und Missionare anrichteten, in welchem Ausmaß sie die Versklavung, Ausbeutung und die Zerstörung der afrikanischen Kulturen zu verantworten haben, ist erschreckend und gehört zu den beschämendsten und grausigsten der nicht wenigen Verbrechen patriarchaler Männer. Eines der gut dokumentierten Beispiele eines alten afrikanischen Matriarchats, das von den weißen Kolonialisten und Missionaren zugrunde gerichtet wurde, ist die Geschichte des Volkes der Lobedu in Südafrika, das von einer Königin regiert wurde und bis zur Ankunft des deutschen Missionars Friedrich Reuter in Frieden lebte. Die Ethnologin Elfriede Höckner untersuchte aufgrund der Tagebücher des Missionars den Hergang der Geschichte und das tragische Ende (Höckner ›Die Lobedu Südafrikas – Mythos und Realität der Regenkönigin Modjadji‹ 1998).
Offensichtlich gehärtet durch seine Teilnahme am deutsch-französischen Krieg von 1870/71 trat Friedrich Reuter der Berliner Missionsgesellschaft bei. Nach seiner Ausbildung war er von 1880 bis zu seinem Tod 1940 bei den Lobedu als Missionar tätig und erstattete regelmäßigen Bericht nach Deutschland. Er eröffnete 1881 seine über 60 Jahre andauernde Korrespondenz mit folgenden Worten:
›Den ersten Bericht, den das deutsche Volk von seinem geliebten Kaiser 1870 aus dem feindlichen Land bekam, enthielt die Meldung eines glänzenden Sieges, und schloss mit den Worten: ‚Gott sei gepriesen für die erste glorreiche Waffentat! Er helfe weiter.’ Auch mein erster Bericht kann von einem großen Siege melden, den wir hier in dem finsteren Heidenland errungen haben‹.
»Obwohl laut Regierungsbeschluss der Buren Missionare nur auf ausdrücklichen Wunsch der AfrikanerInnen ihre Tätigkeit in Transvaal aufnehmen durften, schrieb F. Reuter von einem ›großen Sieg‹ im großen Lande Modjadjis, von einer Besetzung desselben durch die Mission, ›nachdem unsere Gesellschaften vier Mal von der Königin des Landes abgewiesen worden sind‹.« (Höckner 1998, S. 31)
Die Königin verbot die Missionierung und bezeichnet die neue Religion
als Lügengebilde der Weißen
Trotz allem verhielt sich die König mehr als tolerant und teilte Reuter einen schönen Bauplatz zu, für den er sofort eine Grenzregulierung beantragte, die auf einhellige Ablehnung stieß, denn man kannte hier keinen privatrechtlichen Eigentumsanspruch sondern immer nur ein kollektives Nutzungsrecht des Landes, das allein der Königin gehörte. Der Missionar trieb seine Forderungen weiter und machte sich durch List und autoritäres Verhalten unbeliebt. Er trieb einen Keil in die Gesellschaft, die zu ständigen Streitereien führten, die sich über Jahre hinzogen bis die Situation eskalierte. 1890 ist Reuter »der festen Überzeugung, dass die Lobedu sich nie beugen würden, wenn nicht ernstlich mit ihnen verfahren wird. Es kam zur ersten militärischen Auseinandersetzung. Der burenfreundlichen Grenzwache war es in der zweiten Jahreshälfte 1889 vorbehalten, ›Trotz und Widerspenstigkeit‹ der Lobedu zu brechen. Die Grenzwache ›machte einige Einfälle, nahm das Vieh und züchtigte viele Eingeborene durch Rutenhiebe, dass sie wochenlang krank danieder lagen.‹ Auf dem Höhepunkt des Schreckens wurde die Königin gefangengenommen und mehrere tausend Stück Vieh durch eine List erbeutet… etwa 4000 Gefangene wurden in eine Lokation im Pretoria-Distrikt getrieben. ›Ein Anblick zum Erbarmen‹, viele Kinder und Kranke erlagen den Strapazen unterwegs. Die Kriegsbeute belief sich auf etwa 10’000 Rinder, zusätzlich einer auferlegten ›Busse‹ von weiteren 4’510 Stück. Drei Jahre nach dieser verheerenden Niederlage dezimierte eine Hungersnot die ihrer Viehherde und landwirtschaftlichen Nutzflächen beraubten Lobedu um ein Drittel.« (Höckner 1998 passim)
»Was für ein namenloses Elend bringt doch die Sünde
mit ihren Folgen über die Welt und ihre Bewohner«,
jammerte Reuter, der sich, wie alle andern Missionare, keiner Schuld für seine eigenen Vergehen und für das von ihm verursachte Unglück dieser Menschen bewusst war.
Ganz Afrika wurde einst von Königinnen regiert
Nicht nur die Lobedu, alle Länder Afrikas wurden einst von Königinnen geleitet und geführt. Weitere Beispiele regierender Königinnen, übermittelt uns Heide Göttner-Abendroth (›Das Matriarchat II.2 – Stammesgesellschaften in Amerika, Indien, Afrika‹ 2000, S. 237):
»Königinnen, die allein an der Spitze von Reichen stehen und ausschließlich weibliche Dynastien bilden, waren in früherer Zeit als Städte- und Reichsgründerinnen allgemein verbreitet…
Dann traten sie im Widerstand gegen die europäischen Kolonialherren mehrfach auf und sind heute sehr selten geworden. Eine rein weibliche Dynastie von siebzehn Königinnen ist z.B. überliefert aus dem Gebiet des alten Songhai-Reiches vor 1050 u.Z., bevor die Islamisierung einsetzte. Alleinregierende Königinnen von matriarchal geprägten Völkern im Widerstand gegen die Europäer waren Königin Yaa Asantewa der Aschanti (Ghana) gegen die Engländer (1860–1921), ebenso Königin Nzinga der Mbundu (Angola) gegen die Portugiesen (1581–1663), ferner Königin Pampa der Bidyogo (Bissagos-Inseln, Westafrika) gegen die Portugiesen und Königin Ranavolana I. der malaiischen Merina (Madagaskar) gegen die Engländer und Franzosen (1828–1861). Besonders Ranavolana war sehr erfolgreich: Sie trieb die europäischen Missionare aus dem Land und verbot 1835 das Christentum. Die Handelsverträge mit England hob sie auf und untersagte 1845 den Europäern generell den Handel in dem unter ihr vereinigten Madagaskar. Alle Militärexpeditionen gegen sie und ihr Land verliefen sehr schmachvoll für Engländer und Franzosen. Zuletzt gründete sie noch eine rein weibliche Dynastie: Drei Königinnen nach ihr waren Alleinregentinnen in Madagaskar bis 1897«. (H. Göttner-Abendroth ibd. S. 237)
Der Unzahl von Kolonialherren und Missionaren folgten rassistische Siedler und tausende patriarchal voreingenommene Forscher.
Die missionarische Ader der überheblichen Weißen
»Wer an Gott glaubt, begeht die Sünde des Hochmutes.«
(André Comte-Sponville, französischer Philosoph)
Das Christentum habe aus einem Haufen verstörter und depressiver Menschen glückliche Anhänger gemacht, phantasiert ein offensichtlich uninformierter Theologe am Fernsehen, denn alle würden wie Jesus nach dem Tod auferstehen. Das ist allerdings kein Trost für die von weißen Missionaren zwangschristianisierten, geschundenen, gedemütigten, vergewaltigten Menschen der kolonisierten, versklavten, ausgebeuteten und unterdrückten Völker. Die realistischere Seite der patriarchalen Kolonisation und der Indoktrinierung durch die patriarchalen christlichen Missionare sieht etwas anders aus. Die Missionare, vom Dünkel der sogenannt zivilisierten christlichen Religion befallene weiße Männer und Frauen – die die einzig gültige Wahrheit und den einzig richtigen Glauben gepachtet haben –, fühlen sich berufen, ihre Drohbotschaft von Sünde, Strafe, Teufel und Hölle und ihre Legenden von sprechenden Schlangen und brennenden, sprechenden Dornbüschen, von physischer Auferstehung, Erlösung und jungfräulicher Empfängnis, von männlicher Überlegenheit und Minderwertigkeit der Frau und anderen Unverstand, irrealen Unsinn und Überheblichkeiten unter die sogenannt primitiven Völker zu bringen. Damit einher geht die ›christliche Frohbotschaft‹, das Heilsversprechen, dass ein Leben im paradiesischen Jenseits die Geschundenen für alle Leiden der Versklavung, Unterdrückung und Ausbeutung entlohnen werde. Warum der christliche Gott ihnen dieses Unglück nicht schon auf Erden erspart, ist nicht auszumachen.
»Die Welt brennt, und Gott glänzt einmal mehr durch Abwesenheit.«
(Hugo Stamm)
Seit 5000 Jahren – angefangen mit der arischen Priesterkaste und heute als fromme Missionare –, als säkularisierte ›Entwicklungshelfer‹ oder als ›Friedenssoldaten‹ der UNO-Mission getarnte Männer –, begehen unsägliche Untaten in aller Welt, u.a. sexuelle Gewalt gegen Kinder und Frauen. Missionare, die bei indigenen Völkern wenig Erfolg mit ihren Bekehrungsversuchen hatten, berichten stolz, mindestens hätten sie erreicht, dass die Frauen sich bekleiden, – was für ein Triumph –, denn ihre Nacktheit brachte die frommen Männer in arge Bedrängnis und trieben ihren prüden weißen Gattinnen die Schamröte ins Gesicht.
Gert von Paczensky schrieb über die Verbrechen des weißen Mannes und der die Kolonialisten begleitenden christlichen Missionare (auch deren Helfershelferinnen) ein Buch, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. (Gert von Paczensky ›Weiße Herrschaft – Eine Geschichte des Kolonialismus‹ 1979; ›Verbrechen im Namen Christi – Mission und Kolonialismus‹ 2000) (s. auch: Karlheinz Deschner ›Kriminalgeschichte des Christentums‹)
Die Missionierung brachte dem christlichen Klerus sagenhafte Reichtümer
Tempel waren ›Big Business‹, ein Bombengeschäft
Schon im Alten Ägypten wussten die habgierigen Priester, die den König, »den Sohn Gottes« (Hellmut Brunner), mit ihren mehr oder weniger obszönen, mehr oder weniger raffinierten Mythenerfindungen unterstützten und dafür vom Pharao reichlich belohnt wurden: Priester zu sein, brachte viele Vorteile. Jeder Priester erhielt einen Teil des Tempeleinkommens und der Opfergaben; Tempel waren ›Big Business‹. Priester mussten keine Steuern zahlen und keine schweren körperlichen Arbeiten verrichten (Barbara Watterson ›The Gods of Ancient Egypt‹ 1984, S. 38 f.).
Wie groß das Vermögen ist, das der Vatikan durch ›Missionierung‹, Kunstraub, Sklaverei, Leibeigenschaft, Segen und Titel, Ablaßhandel, Raubmord, Inquisition, Hexenbrennen, Urkundenfälschung, Erbschleicherei, den Zehnten, Ämterverkauf, Mord, Nebeneinnahmen, Prostitution, Subventionen etc. zusammen gestohlen hat und wie sich dieses zusammensetzt, ob in Gold, Aktien, Konzernen, Ländereien, Immobilien etc. ist nicht auszumchen. (s. http://www.freie-christen.com/reichtum_der_kirche_ist_blutgeld.html#GOLD, als Video bei youtube: Der Vatikan: ›Superreich durch Blutgeld und Sklaverei‹ Doku, Veröffentlicht am 17.06.2014, https://www.youtube.com/watch?v=ozLOHEFlSeQ)
Natürlich ist der Vatikan an Erhalt und Vermehrung seiner Macht
und der Reichtümer interessiert. In diesem Sinne erfolgte:
Der neue Aufruf zur Missionierung und Verbreitung der ›Frohbotschaft‹
Papst Benedikt XVI rief 2012 wieder zur verstärkten christlichen Missionierung auf! Neben der Reaktivierung der Christen Europas und damit zur Fortsetzung des religiösen Kolonialismus geht die Missionierung Afrikas und Südamerikas Hand in Hand mit dem Einverständnis der korrupten Diktatoren der Länder und passiert ganz nach dem Motto, das Reinhard Mey in seinem Lied besingt:
Der Politiker sagte zum Kirchenmann:
›Halt du sie dumm, ich halt sie arm!‹
Die Verdummung hat System. Die kirchliche Propaganda verdummt uns, unsere Ignoranz ist gewollt! ›Du sollst nicht wissen‹ heißt es bei Alice Miller und ›Wer nichts weiß muss alles glauben‹ sagte Maria von Ebner-Eschenbach. Wir werden absichtlich vom Wissen fern gehalten. Warum wohl haben religiös verbrämte Autokratien und Diktaturen die höchsten Anteile an Analphabetismus und die höchsten Budgets fürs Militär? Warum ist der Anteil der Analphabeten bei den Frauen um das vielfache höher als bei Männern? Und warum werden diese von autoritären patriarchalen Klerikern unterstützt, die mithelfen, die ausgebeuteten Menschen ruhig zu halten? ›Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist‹ (Matthäus 22.21) und der Kirche soviel und mehr als euch möglich und das ohne Murren! Und schliesslich, warum gehören heute ausgerechnet die katholischsten Länder, wie etwa der Kongo, Lateinamerika und die Philippinen zu den ärmsten Ländern der Welt? Warum hilft die Multi-Milliarden starke katholische Kirche nicht? Eine der möglichen Antworten ist, dass Armut und Analphabetentum religiös macht; in den wohlhabenden, eher gebildeten Ländern des Westens schrumpft dagegen der Anteil der Religiösen, die einer der drei Mono-Religion angehören, ständig.