DIE SPHINX – Abbild der Grossen Göttin

Aus dem Inhalt:

  • Ägypten – ›Die Mutter der Welt‹
  • Stammt die Sphinx aus der Zeit  v o r  den Pharaonen?
  • Was hat die heftigen Emotionen um eines der großen Wahrzeichen Ägyptens ausgelöst?
  • … nicht eine Entwicklung, sondern das Vermächtnis einer früheren, weitaus höher ausgebildeten Zivilisation
  • Der geologische Befund
  • Der klimatische Einfluss
  • Das Gerangel um den Bauherrn
  • Die rätselhafte Geschichte der Sphinx in der dynastischen Zeit
  • Die freudespendende Göttin Venus von herrlicher Schönheit und beseelt
  • Das Ende der Sphinx-Kultur kurz vor der 1. Dynastie
  • ›Die Erfindung eines Gottes: Harmachis, seine Rolle und sein Kult‹
  • ›Der‹ Sphinx
  • Löwen gehören zu den Feinden der ägyptischen Könige und werden verfolgt, gejagt und getötet
  • Die Löwin war ein heiliges Symboltier der Göttin und des Matriarchat
  • Die frühesten Sphingen waren weiblich
  • Die Sphinx war wohl mit einer anderen Religion verbunden und stammt aus der urgeschichtlichen Zeit
  • Die Sphinx – Sinnbild der schwarzafrikanischen Ur-Göttin


Die Sphinx „nicht eine Entwicklung, sondern das Vermächtnis einer früheren, weitaus höher ausgebildeten Zivilisation.“

Ägypten – ›Die Mutter der Welt‹

Wagen wir es, die Bezeichnung ›Mutter der Welt‹ für Ägypten einmal anders zu interpretieren, als es die  patriarchalen Wissenschaftler getan haben: Wir könnten in den Wahrzeichen auf dem Felsplateau von Gizeh – den drei Großen Pyramiden und der Sphinx – die Symbolik der seit der Urzeit verehrten Großen Göttin der Welt sehen, die aus einer Zeit,  Jahrtausende vor der Eroberung Ägyptens am Ende des 4. Jahrtausends durch indoeuropäische Invasoren, stammen:

  • Die Sphinx als Sinnbild der Großen Göttin, der schwarzfrikanischen Ur-Mutter und Schöpferin der Welt
  • Die drei Großen Pyramiden als Wahrzeichen ihrer Dreifaltigkeit von JungFrau, Mutter und Weiser Alter

»In der bisherigen Symbolforschung war eine der häufigsten – erst in jüngster Zeit reflektierten – Fallen das unhinterfragte patriarchale Weltbild, das mit seiner androzentrischen Denkweise dem Weltbild der Frühkulturen nicht gerecht wird. Falsche Polarisierungen wie die einseitige Zuordnung des Männlichen zum geistigen und des Weiblichen zum biologischen Prinzip verstellen den Zugang zur vorpatriarchalen Symbolik grundsätzlich.« (Carola Meier-Seethaler ›Von der göttlichen Löwin zum Wahrzeichen männlicher Macht‹ 1993, S. 14)

›Urgeschichtsforschung ist die größte Heraus­forde­rung für die ägyptische Archäologie der Zukunft‹

schreibt der Archäologe James Mellaart und betont, es sei schwer zu glauben, dass das fruchtbare Niltal keine Rolle in der Zeit zwischen 9500 und 4500 ge­spielt haben sollte, in einer Zeit also, die so viele si­gni­fikante Entwicklungen bei den östlichen und west­lichen Nach­barn zeigte. Seiner Meinung nach liegt hier »die größte Heraus­forde­rung für die ägyptische Archäologie der Zukunft« (Mellaart ›The Neolithic of the Near East‹ 1975, S. 271).

Stammt die Sphinx aus der Zeit  v o r  den Pharaonen?

Zweifel am Alter der Sphinx gab es schon lange, als eine höchst irritierende Meldung Ägypterinnen und Ägypter, Ägyptologinnen und Ägyptologen im Jahre 1991 erschütterte. Die Kairoer Zeitung ›Al Akhbar‹ titelte am 20. April: »Neue amerikanische Ge­burtsur­kun­de für die Große Sphinx von Gizeh: Amerikanischer Wissenschaftler behauptet, die Skulptur sei mehr als 10 000 Jahre alt und Teil einer unbekannten Zivilisation.« Einige ägyptische Alter­tumswis­senschaftler argwöhnten, dieser Befund versuche, »die ägyptische Ge­schichte zu ruinieren«. Der verzweifelte Zahi Hawass, zuständig für die Gizeh-Monumente, fürchtete gar, man wolle mit solchen Ideen »Ägypten das Wertvollste, was es besitze«, wegnehmen.

Was hat die heftigen Emotionen um eines der großen Wahrzeichen Ägyptens ausgelöst?

Der Geologe John Anthony West hatte den Stein ins Rollen gebracht. Er vermutete, die Sphinx könnte ein Indiz dafür sein, dass im Niltal schon viele Jahrtausende vor dem dynastischen Ägypten eine große Zivilisation geblüht habe. Der nicht der ägyptologischen Schulwissenschaft verpflichtete Ägyptenforscher war schon im Jahre 1987 mit dem Buch ›Serpent in the Sky‹ durch seine erfrischend unorthodoxen Thesen aufgefallen, die den meisten Ägyptologinnen und Ägyptologen jedoch indiskutabel erschie­nen. West wollte aufgrund seiner eigenen Forschung und derjenigen des Mathematikers, Philosophen und Orientalisten R. A. Schwaller de Lubitz den Nachweis erbringen, dass die ägyptische Wissenschaft, Medizin, Mathematik und Astronomie:

… nicht eine Entwicklung, sondern das Vermächtnis einer früheren, weitaus höher ausgebildeten Zivilisation war.

Den Beweis für seine These sollte eine geologische Untersuchung der Sphinx erbringen. Auffallend an dieser Skulptur, einem Mischwesen mit dem Körper einer Großkatze und menschlichem Kopf, ist der durch Erosion stark beschädigte  Körper des Tieres, während der Kopf keine solchen Oberflächenabtragungen aufweist. Dies scheint um so mysteriöser, als der Körper der Skulptur die meiste Zeit des ägypti­schen Altertums vom Sand zugedeckt und dadurch vor Erosion geschützt war. West wies darauf hin, dass schon im 19. Jahrhundert einige Wissenschaftler annahmen, die Sphinx könnte älter sein als die Pyramiden, weil kein einziger anderer ägyptischer Bau und keine einzige andere Skulptur so stark beschädigt oder erodiert ist wie die Sphinx und der angrenzende Tempel, der sich außerdem im Stil eindeutig von den restli­chen ägyptischen Bauten unterscheidet.

Der geologische Befund

Der geologische Befund soll nun Folgendes gezeigt haben: Die Großskulptur war schon zu Beginn des pharaonischen Ägypten stark beschädigt und wurde möglicherweise von den Pharaonen der 4. Dynastie lediglich restauriert. Die Erosion soll aufgrund der geologischen und klimatischen Untersuchungen nicht durch Wind, Sand oder Grundwasser, sondern durch stehendes Wasser verursacht worden sein. (Robert Bauval und Graham Hancock bestätigen mit ihren Forschungen die Thesen von J.A. West in ihrem Buch ›Der Schlüssel zur Sphinx. Auf der Suche nach dem geheimen Ursprung der Zivilisation‹ München 1996 / ›Keeper of Genesis. A Quest for the Hidden Legacy of Mankind‹ London 1996)

Der klimatische Einfluss

Die Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass die Sahara erst in relativ jüngerer Zeit zur Wüste wurde und diese Zone gegen 10’000 fruchtbare Savanne war, wobei man wissen muss, dass in Ägypten zwischen 15’000 und 10’000 sehr viel Regen fiel. Das Uterusheiligtum im ›Tal des Großen Wasserfalls‹ (heute ›Tal der Königinnen‹) ist dafür ein Beweis, denn es stammt aus dieser Zeit (›Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens‹ 2009, S. 74 f). Die französische Archäologin Christiane Desroches Noblecourt schreibt dazu: »Dieses ›kosmische Sanktuar‹ diente religiösen Zwecken und muss schon Tausende Jahre vor der pharaonischen Zeit benutzt worden sein.« Und weiter schreibt sie, dass es von außerordentli­cher religiöser Wichtigkeit gewe­sen sein müsse. (Desroches Noblecourt, ›Le Message de la Grotte sacrée‹, ›Les Dossiers d‘Archéologie‹, Nr. 149–150 / Mai–Juin 1990, S. 4–17 und ›Höhlen – die frühesten Heiligtümer‹) Die Archäologin nannte die Grotte die ›Felskathedrale‹ einer Göttin. ›Tausende Jahre vor der pharaonischen Zeit‹, welche die Archäologin der Grotte attestiert, wurde ausschliesslich die Eine, die Grosse Göttin verehrt. Die ersten männlichen Götter wurden erst tausende Jahre später erfunden.
Das ägyptische Niltal stand während einer langen Periode unter Wasser, ausgelöst durch einen Wasseranstieg, der durch das Schmelzen der nordischen Gletscher am Ende der letzten Eiszeit verursacht wurde. Die geologischen Untersuchungen der Gesteinsschäden bestätigen nun, die Sphinx, wie sie sich heute präsentiert, soll durch diese Wasserfluten beschädigt worden sein (s. J. A. West, ›Kadath‹ 1990, No 74, S. 17 ff., ›Le sphinx de Gizeh serait-il antédiluvien?‹). Die wissenschaftlichen Analysen wurden durch das Boston University‘s College of Basis Studies unter der Leitung des Geologen Robert M. Schoch durchgeführt. Das Schlußgutachten attestiert, die Sphinx wurde nicht in der bisher angenommenen Zeit der 4. Dynastie, also um ca. 2500, aus dem Fels gemeißelt, sondern zwi­schen dem 7. und 5. Jahrtausend oder noch früher (Schoch KMT Summer 1992, S. 53–59). Nach der Veröffentlichung der Thesen einer älteren Datierung der Sphinx erforschten in den 1990er-Jahren noch weitere Geologen das Feld. Sie sind sich darin einig, dass die Sphinx keinesfalls im Alten Reich entstanden sein kann.

Nicht allen älteren Autoritäten gefielen solche Ideen. Ein Schulwissenschaftler klagte 1952, schon zu seiner Zeit, könne man bei sonst ernst zu nehmenden Autoren lesen, dass der Sphinx »Aussehen beweise, dass sie nicht der ägyptischen, sondern einer weit älteren Kultur angehöre. Eine unbestimmte Erwähnung des Chef-Re  (der Chef des Gottes Re, oder der göttliche Chef) in einer zwischen den Vordertatzen eingemeißelten Inschrift, die rund 1400 Jahre später unter Pharao Thutmosis IV. entstand, besagt vielleicht nur, dass man Chefren damals für seinen [der Sphinx] Schöpfer gehalten hat« (Kurt Lange ›Pyramiden Sphinxe Pharaonen‹ 1952, S. 40 f.). Zugegebenermaßen stehe die Zuschreibung der Sphinx an Chef-Re jedoch »auf recht schwachen Füßen«.

Das altägypti­sche Chef-au ist eine Bezeichnung für Eroberer und Feinde

Die Bezeichnung ›Chef‹ taucht mit den Eroberern im Alten Reich auf. Zum Beispiel Chef-u/Chufu-Chaef = Cheops, Min-Chaef, Chef-Ra, Chaef-Snofru, An-Chaf, Shepses-Chef, User-Kaf usw. (Die ver­schiedenen und oft verwir­renden Schreibweisen sind Transkriptionen einzel­ner Auto­ren verschiedener Sprachen.) Das Wort Chef stammt aus der indoeuropäischen Wurzel Kopf/Chopf, das für Haupt, Ober­haupt und Häuptling be­nutzt wird. Der Titel Chef ist für Noma­denstämme charakteristisch; sie kennen keinen König, sie haben ei­nen Chef.

Das Gerangel um den Bauherrn

Chef-Re steht als Bauherr der Kolossalstatue nicht allein zur Debatte. Der Ägyptologe Pierre Montet glaubte, die Sphinx sei von Cheops (Chef-u) in Auftrag gegeben worden. Aber »wir kennen natürlich nicht das Dekret, in dem Cheops die Arbeit an der Sphinx befahl. Das wäre auch zu viel verlangt« (Montet o. J., S. 35). Wirklich? Rainer Stadelmann, emeritierter Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo, hängt dieser Version mit dem Argument an: »Ikonografische Gründe und die Lage der Sphinx in den Steinbrüchen der Cheopspyramide erlau­ben eine Zuschreibung dieser Riesenstatue an Cheops« (Stadelmann 1990, Text zu Abbildung l57).

Auffallenderweise gibt es für die Erstellung des Monuments im 3. Jahrtausend – wie ja auch für die drei Großen Pyramiden – keinen einzigen schriftlichen Hinweis – obwohl es die Hieroglyplphenschrift bereits gab – kein Bild, keinen Bauplan, kein einziges Dokument, keinen Namen, keinen Beweis für einen pharaonischen Bauherrn. Man muss sich das  vorstellen: über dieses weltweit größte bildhauerische Monument der ägyptischen Steinmetzkunst gibt es keine einzige Urkunde! Nichts! Merkwürdig für ein Standbild von derartigen Ausmaßen! Keiner der ehrgeizigen damaligen Herrscher rühmte sich als ihr Bauherr. Das ist auffallend, denn der ausgesprochene Personenkult und der Hang der Könige sich in Großskulpturen verewigen zu lassen, hätte wohl ein solches Zeugnis ihres Werkes und ihrer Wichtigkeit nicht einfach ohne große Propaganda stehen lassen. Die Zuschreibungen der geheimnisvollen Sphinx an die Könige der 4. Dynastie scheinen – ganz ähnlich wie bei den drei Großen Pyramiden – eine Verlegenheitslösung zu sein. Das erinnert an die Aussage von Peter Kaplony:

»Das meiste, was die Ägyptologen erzählen, ist reine Spekulation; die Gelehrten versuchen eben, die Blößen des Nichtwissens zu verdecken, indem sie so tun, als wüssten sie viel mehr. Manchmal ist auch die Autorität eines Gelehrten so groß, dass man ihm glaubt, obwohl er nur spekuliert!«

Heinz Demisch übernimmt in seinem Buch ›Die Sphinx‹ die Behauptung, die Sphinx sei die Repräsentation eines Pharaos. Er insistiert: »Sicher ist, dass der kolossale Sphinxkopf in Gizeh das Antlitz eines Königs wiedergibt. Das bekunden das Königskopftuch mit der Uräus-Schlange über der Stirn und der künstliche Bart« (Demisch 1977, S. l9). Doch sicher ist an dieser Behauptung gar nichts. »Die Uräus-Schlange ist stets weiblich und nur mit weiblichen Gottheiten verbunden« (Martin LÄ, VI, S. 867). Und der Bart war gar nie vorhanden; nichts weist darauf hin, dass die Sphinx ursprünglich einen Bart hatte. Die zuständigen Bildhauer, die besten Fachleute Ägyptens, die die Sphinx restaurieren, stellen dies kategorisch in Abrede. ›Keine Spur von einem Bart‹, und da er nicht vorhanden war, lässt man ihn ins Britische Museum verlegen, wo sich ein Stück von einem Bart aus einem ganz andersartigen Stein befindet. Dieses Stück Bart weist ausserdem ein Zick-zack-Muster auf, was auf seine zeitliche Herkunft ins Neue Reich hinweist. Spuren von Mörtel am Kinn der Sphinx bezeugen,  dass – allerdings erst 1000 Jahre nach der behaupteten Erstellung der Sphinx in der 4. Dynastie – der Versuch unternommen wurde, der Sphinx einen Bart ›anzuheften‹. Der Grund dafür dürfte sein, dass nach 1000 Jahren der Patriarchalisierung das Vergessen soweit fortgeschritten war, dass die neuen Herren Ägyptens es wagen konnten, dieses verehrte Heiligtum der Urzeit, endlich und endgültig zu vermännlichen. Gerade in Ägypten hat die Vermännlichung der Göttinnen Tradition (s.›Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens‹2009, S. 260-263). Zudem ist die Aneignung, die Usurpation und Neu-Interpretation wichtiger früherer Kulturgüter eine bekannte Methode und ein Charakteristikum aller Eroberer, Kolonisatoren und patriarchalen Religionen!

Entgegen den ehrgeizigen Behauptungen der Ägyptologen, maßte sich keiner der Könige der 4. Dynastie  an, sich als Auftraggeber der Sphinx auszugeben. Das war keine falsche Bescheidenheit, sondern wahrscheinlich eher die Furcht vor dem Zorn der indigenen Bevölkerung, welche ihre Uraltgöttin in der Sphinx verehrten. Wir wissen ja auch, dass Cheops die Tempel des alten Kultes schließen ließ, was die Bevölkerung in unglaubliche Trauer und wohl auch Wut stürzte. Die Zuschreibung der Sphinx an die Könige der 4. Dynastie erfolgte erst durch die Wissenschaftler der letzten beiden Jahrhunderte. Sie nehmen auch das Königskopftuch und den Uräus als Beweis für ihre These, weil diese Symbole der Göttlichkeit von den sich göttlich wähnenden Pharaonen usurpiert und ebenfalls verwendet wurden; es war einfach, diese von der verehrten Sphinx zu kopieren und damit ihre eigene ›Göttlichkeit‹ zu legitimieren. Das mit ›Nemes‹ bezeichnete Königskopftuch ist das Attribut der Göttin ›Nemesis‹, der lunaren Zeit- und Schicksalsgöttin der Urzeit. Es wurde in den Pyramidentexten der oberägyptischen Göttin Nekhbet zugeschrieben und gehört – wie die Uräus-Schlange, die Pfeile der Göttin Neith, die rote Krone, die Palastfassade (der Eintritt in den Tempel/Palast), etc. zu den göttlich weiblichen Attributen.

Die rätselhafte Geschichte der Sphinx in der dynastischen Zeit

Die Geschichte der Sphinx ist auch während der Pharaonenzeit überaus mysteriös. Erstaunlicherweise berichtet die Ägyptologin Christiane Zivie, eine Spezialistin des Gizeh-Plateaus, dass man im Alten Reich für dieses Monument nicht einmal einen Namen kannte (LÄ, II, S. 604 ff.)! Darüber kann man sich nur wundern. Wäre ein König des Alten Reiches für die Schaffung dieses Monuments verantwortlich gewesen, hätte er es bestimmt nicht unterlassen, der ganzen Welt seine Großtat kundzutun und sein Name wäre niemals in Vergessenheit geraten. Doch kein König rühmte sich dieser Großtat. Ebenso verblüffend ist die Tatsache, dass das Gebiet um die Sphinx das Zentrum eines ›Wallfahrtsortes‹ war. Trotzdem scheine es, dass die Sphinx keine reli­giöse Rolle spielte (Zivie LÄ, II, S. 604 ff.)! Erstaunlich, ein – nicht-religiöser – Wallfahrtsort? Plinius, der römische Gelehrte, berichtete jedoch kurz nach der Zeitenwende Erstaunliches, was etwas Licht ins Dunkel bringen könnte: »Vor den Pyramiden steht die Sphinx, eine Gottheit der dorti­gen Bewohner, welche noch weit mehr Bewunderung verdient, aber von den Schriftstellern fast mit Stillschweigen behandelt wird. Sie ist aus ei­nem einzigen natürlichen Stein gearbeitet, und das rote Gesicht dieses Ungeheuers [!] wird göttlich verehrt.« (Heinz Demisch ›Die Sphinx‹ 1977, S. 239) Leider sagt uns Plinius nicht, welche Gottheit dieses ›Ungeheuer‹ repräsentierte. Doch es ist auffallend, er spricht von der Gottheit der Einheimischen, ›die von den Schriftstellern fast mit Stillschweigen behandelt wird‹, während die elitäre Oberschicht ihre mitgebrachten männlichen Götter lauthals propagierten. Auch kann man davon ausgehen, wenn von einer ›Gottheit‹ die Rede ist und diese Gottheit bei einem patriarchalen Autoren auch noch zu einem ›Ungeheuer‹ mutiert, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Göttin handelt, und dass dementsprechend in der Sphinx nicht ein Pharao sondern die Göttin verehrt wurde. Auch andere etwas überreizte Gemüter schilderten das ›Ungeheuer‹ mit dem sanften Gesichtsausdruck als »etwas Furchterregendes, Grausames, ja Erbarmungsloses. Der gewaltige Blick strahle eitel Tyrannis aus, sagen sie« (Lange ibd. 1952, S. 41).

›Die freudespendende Göttin Venus von herrlicher Schönheit und beseelt‹

Ein arabischer Bericht alter Zeit offenbart jedoch eine völlig andere Geisteshaltung. Er schildert das Gesicht des »ehrfürchtig verehrten Kultbildes« der Sphinx »von harmonischer, edler Bildung« (Lange ibd. 1952, S. 41, 42). Ulrich Haarmann berichtet in seinem Artikel ›Die Sphinx – Synkretistische Volksreligiosität im spätmittelalterlichen Ägypten‹ (Saeculum 24, 1978), dass noch im arabischen Mittelalter die beeindruckend ›leuchtend rote‹ Sphinx in der islamischen Literatur als zum ›Volksglauben‹ gehörig, erwähnt wurde; zwar ›ein Götze aus heidnischer Vergangenheit‹, doch von ›herrlicher Schönheit‹ und ›beseelt‹. Es wird überliefert, dass die Sabier die Sphinx anbeteten; zu ihr pilgerten und ihr Räucherwerke darbrachten. Sie sahen in ihr das Abbild der ›freudespendenden Göttin Venus, die Ägypten ihr Lächeln schenkt‹. Man nannte sie auch schlicht ›die Herrin‹. Die steinernen Zeugnisse der pharaonischen Vergangenheit behaupteten ihren festen Platz im Volksglauben bis ins 19. Jahrhundert hinein (Ulrich Haarmann). Und wie die eingangs erwähnte Aufregung von Zahi Hawass zeigt, hat die Magie der Sphinx, ihre Ausstrahlung und Verehrung noch im 20. Jahrhundert ihre Kraft nicht eingebüßt!

Das Ende der Sphinx-Kultur kurz vor der 1. Dynastie

Der mit der Untersuchung beauftragte Geologe Robert M. Schoch stellte fest, dass sich um 3195 – das ist die Zeit, als die Eroberung des Niltales auf dem Höhepunkt war – das Ende der ›Sphinx-Kultur‹ abzeichnete, womit der Weg für die dynastische Kultur offen war! (New studies confirm very old Sphinx, by Dr. M. Schoch 2000, im Internet)

Von all den Ungereimtheiten um die Sphinx hört man selten, zum Beispiel:

  • Dass im Neuen Reich, also mehr als 1000 Jahre nach Cheops, auf dem Gizeh-Plateau ein Isis-Kult nachgewiesen wurde; ein Hinweis, dass in der Sphinx seit jeher die Göttin verehrt wurde. Nie hörte man, dass hier je ein König verehrt wurde; niemals!
  • Auch nicht, dass diese Göttin während 1000 Jahren unerklärlicherweise verschwand und gleichzeitig mit ihrem Wiedererscheinen, ein Gott mit dem Namen Harmachis für die Sphinx erfunden wurde. Vielleicht sollte dieser sekundäre Gott eine Abwehr gegen das erneute Erscheinen der Göttinnen-Verehrung bilden.
  • Dass in dieser Zeit die Vermännlichung der Figur durch das Anbringen eines Königsbartes versucht wurde.
  • Oder, warum der Name der ›Gottheit‹, welche diese außergewöhnliche Großskulptur verkörperte, in der 4. Dynastie nicht einmal mehr ausgesprochen werden durfte und verschwand; jedenfalls keinen Eingang in die offiziellen Dokumente fand.

Diesen Widersprüchen nachzugehen, könnte das Rätsel der Sphinx lösen helfen, würde man sich nicht an die außerordentlich schwachen Indizien für das Abbild eines Königs klammern. Die Behauptung der Ägyptologen, die Sphinx repräsentiere einen Pharao der 4. Dynastie, wird mit einer überaus schwachen Beweisführung begründetet, laut Schoch:

– weil im 19. Jahrhundert u.Z. eine Statue von Chefren im Taltempel gefunden wurde, die sich in unmittelbarer Nähe der Sphinx befand;
– mit einer unklaren (und heute unkenntlichen) Inschrift auf einem Gedenkstein aus dem Neuen Reich;
– mit einer zugeschriebenen Ähnlichkeit zwischen dem Gesicht der Sphinx und jenem von Chefren oder Cheops; und
– mit der geografischen Nähe der Sphinx zur Pyramide des Chefren (Schoch KMT, Summer 1992, S. 53–59).

Diese ›Beweise‹ sind, wie J. A. West konstatierte, in der Tat »rein zufällig und nicht beweisfähig«.

›Die Erfindung eines Gottes: Harmachis, seine Rolle und sein Kult‹

Unter diesem Titel berichtet Christiane Zivie von der Erfindung eines männlichen Gottes und der Usurpation und Vermännlichung der Sphinx. Die Sphinx – bei Zivie und im Französischen ›Der Sphinx‹ – wurde ab der 18. Dynastie als ›Harmachis‹, ›Horus im Horizont‹ bezeichnet. Zivie schreibt: »Da der Name Harmachis erst unter Amonphis I. auftaucht, sollte man ihn in Bezug auf das Alte Reich nicht verwenden. Es gibt keinen Grund, das plötzliche Auftreten dieses Namens auf einen eventuellen Verlust älterer Belege zurückzuführen. In den Texten des Alten Reiches gibt es keinerlei Verweis auf den Sphinx, und das Mittlere Reich war ohnehin eine Phase fast völliger Verwahrlosung. Somit haben wir es mit einem völlig eigenständigen, wenn auch nicht einzigartigen religiösen Phänomen zu tun: der theologischen Umdeutung einer bestehenden Statue, die dadurch zum Gott wird, der nach ihrem Vorbild erfunden wurde. Die Abbildungen des Sphinx sind nun mit einem Schlag Abbilder eines Abbilds.« (Zivie 2004, S. 82 f.) Es sei »schwer erklärbar, wie ein Gott entsteht und wie sein Name zustande kommt«, meint Zivie. Doch haben wir gesehen, dass die meisten männlichen Götter mit den Eroberern aus Vorderasien eingeführt wurden, und ihre Namen oft einen Bezug zu den Indo-Ariern haben. Auch ›Har‹, die erste Silbe von Har-machis, ist eine indoeuropäische Bezeichnung für Arier.
»Arier sind die Arios, Harios oder Harri Mediens, die Arya und Airya (auch Haraiva) des alten Persien, die Arya Indiens und die Hara der späteren Su­merer (L. A. Waddell  ›The makers of Civilization in Race and History‹ 1929, S. 6). In verschiedenen geografischen Gebieten und unterschiedlichen Sprachen und ihren Dialekten heißen sie auch Ar, Aar, Ara, Ari, Arij, Ariya oder Har.  Der Kriegsgott der erfolgreichen arischen Eroberer und Krieger ›Har‹ wurde zum Falkengott Hor der Ägypter, griechisch Horus. (s. ›Indo-Europäer/Arier in Ägypten?‹ https://www.doriswolf.com/wp/?page_id=21

›DER‹ Sphinx‹

Das beharrliche Zuweisen der Sphinx an die Pharaonen der 4. Dynastie hat in jüngerer Zeit noch zu einer besonders wunderlichen Eigentümlichkeit geführt, welche die Usurpation und Vermännlichung der Sphinx bis in unsere Tage aufrechterhält. Die offensichtlich neidischen patriarchalen Wissenschaftler gönnen der Sphinx nicht einmal das weibliche Geschlecht. ›Der Sphinx!‹, korrigieren die ›Informierten‹ mit Vehemenz jene Ignoranten, die sich nicht davon abbringen lassen, die weibliche Form zu gebrauchen und im Gesicht der Sphinx ein weibliches und in ihrem Körper den einer LöwIN zu sehen. Hätten die Bildhauer einen Löwen darstellen wollen, wäre die stolze Mähne des männlichen Tieres für sie kein Problem gewesen. Die Sphinx ist nun einmal weiblich und die Darstellung der Immanenz der Göttin.

Die Löwin, ein sakrales Tier der Göttin

Die Löwin symbolisiert matriarchale Werte, steht für die nährende Mutter, die mit Mutterliebe, Kraft, Mut und Fürsorglichkeit für ihre Jungen und ihren mütterlichen Clan sorgt. Das dürfte sehr wohl das Indiz für die Darstellung der Göttin mit dem Leib einer Löwin sein. Was sollte die Sphinx mit dem Körper einer Löwin den sonst darstellen? Vielleicht einen Mann, einen König, wie das damals überhaupt nicht, sondern erst von den Ägyptologen behauptet wird? Der Streit um den männlichen oder weiblichen Artikel scheint im 20. Jahrhundert so richtig in Schwung gekommen zu sein. Kurt Lange fühlt sich in seinem Buch ›Pyramiden Sphinxe Pharaonen‹ förmlich gedrängt, sich dafür zu rechtfertigen, dass er die weibliche Form benutzt. Er schreibt, es gehöre »zum guten Ton, der Sphinx zu sagen und darauf zu achten, dass dies auch die anderen tun. Es ist ihnen Bildungs-Ehrensache, Unkundige in dieser Hinsicht zu belehren« (Lange 1952, S. 40). Zu seiner Verteidigung zitiert er Gerhard Evers, der bemerkte, »man habe sich mit einem Ruck daran gemacht, wider das angeborene Sprachgefühl ›Der Sphinx‹ zu sagen. Dieser Übereifer ist heute nicht mehr nötig; niemand sagt ›Der Statue‹ oder ›Der Büste‹, auch wenn Napoleon oder Apollo dargestellt ist.«
Wider jedes Sprachempfinden beharren patriarchale Wissenschaftler noch immer trotzig  auf dem männlichen Artikel, was dazu führte, dass in den ›Konventionen und Vorlagen‹ dazu Stellung bezogen werden musste: »In den Artikeln des Ägyptologischen Bereichs sollte der Einheitlichkeit halber der Begriff  ›Sphinx‹ immer mit grammatisch weiblichem Geschlecht (‚die’) verwendet werden, auch wenn laut aktuellem Duden in der archäologischen und ägyptologischen Fachsprache ungeachtet einer grammatikalischen Korrektheit oder Vertretbarkeit sich die Verwendung des männlichen Geschlechts im Laufe der Zeit eingebürgert hat und sie daher nun auch nicht mehr als absolut falsch anzusehen ist.« (wiki/Portal: Ägyptologie)

LöwInnen gehörten zu den ›Feinden‹ der Könige und wurden von ihnen mit Vorliebe verfolgt, gejagt und getötet

Besonders beliebt bei der ›Bekämpfung der Feinde des Landes‹, war die königliche LöwInnenjagd. (Auf der Seite ›Das Abschlachten der Wildtiere: Jagdvergnügen der indoarischen Herrenmenschen‹ berichte ich ausführlich über die Jagd der Könige auf die Wildtiere.) Warum sollte ein König ausgerechnet einem der gefürchtetsten Feinde des dynastischen Ägyptens ein Denkmal in der Figur der Löwen-Sphinx errichten? Diese Frage wurde noch nie gestellt. Sie führt die ganzen Spekulationen über ›den Erbauer‹ der Sphinx ad absurdum. Der Grund für die brutale Löwenjagd, wie wir sie beispielsweise auf der Jagdtruhe des Tutanchamun sehen können, liegt in ihrer Bedeutung:

Alle Wildkatzen, Panther und Löwen, waren heilige Symboltiere der Göttin und des Matriarchats

Weibliche Großkatzen werden für ihren legendären Mut, ihre Kraft, Stärke, Intelligenz, Tapferkeit und ihren Beschützerinstinkt für ihre Jungen bewundert und waren ein Symbol der Mütterlichkeit und des Matriarchats. Es ist daher sehr wohl möglich, dass die Göttin in der imposanten Erscheinung der Sphinx verehrt wurde, jedoch in der patriarchalen Religion der Eroberer ›keine Rolle‹ mehr spielen durfte. Vielleicht galt sie wie die griechisch-thebanische Sphinx als Repräsentantin alter Weisheit: Euripides, der, wie alle patriarchalen Dichter, »ihre grau­envolle Natur auszumalen nicht versäumt, nennt sie die ›Weise Jungfrau‹.« (Heinz Demisch ›Die Sphinx‹ 1977, S. 96). In der Tat erwähnt auch der Ägyptologe E. A. Wallis Budge, dass neben dem griechischen Historiker Plutarch (45–125) noch weitere Gelehrte in der Sphinx das Sinnbild einer rätselhaften Weisheit und Kraft sahen; tut dies aber als reine Fantasie ab, obwohl er vermutet:

»Die Sphinx war wohl mit einer anderen Religion verbunden und stammt aus der urgeschichtlichen Zeit.«

Es sei ein alter Brauch, schreibt der Religionsgeschichtler und Ägyptologe Hans Bonnet, »den König und selbst seine Gemahlin im Bilde eines Sphinx, d. h. als Löwen mit einem Menschenhaupt, darzustellen. Durch eine wohl weibliche Sphinx-Figur ist er bereits für das frühe Alte Reich bezeugt« (Bonnet ›Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte‹ 1971, S. 746). Der ›alte Brauch‹ der Könige, sich und selbst seine Gemahlin (sic!) im Bilde einer Sphinx darzustellen, war von der Ur-Sphinx des Matriarchats inspiriert und keine Neuschöpfung!
Wie wir gesehen haben, wurde die Vermännlichung der Sphinx schon im 2. dynastischen Jahrtausend durch das Anbringen eines Königsbartes versucht. Später sollen christliche Kopten Körper und Gesicht der Sphinx beschädigt haben. Der Isis-Tempel auf der Insel Philae erlitt das gleiche Schicksal. Dann probierten fanatische muslimische Scheichs, wie der Islamwissenschaftler Ulrich Haarmann feststellte, »im späten 13. und während des 14. Jahrhunderts u. Z. gegen das Denkmal vorzugehen in der Hoffnung, die Unwirksamkeit dieses Talismans und damit den verfluchten heidnischen Aberglauben des ›primitiven‹ Volkes zu entlarven… Die strengen Wächter des reinen Gesetzes-Islam fühlten sich aufgerufen, diese gefährliche Entwicklung zu steuern, die man als Repaganisierung vorislamischer Denkmäler oder als Monumentalisierung heidnischer oder halbheidnischer Vorstellungen befürchtete.« (Ulrich Haarmann ›Saeculum‹ 1987) Nie wurden die Pharaonen als „heidnisch“ verfemt und angegriffen; die Sphinx wurde also nicht bekämpft, weil sie Abbild eines der Könige der 4. Dynastie war, sondern eine religiös- kultische Verehrung genossen hatte und vor allem, weil sie weiblich war, was mit der Institutionalisierung des Patriarchats verfolgt wurde.
Die AnhängerInnen der monotheistischen, patriarchalen Religionen versuchten die Erinnerung der einstigen Verehrung der Grossen Göttin auszumerzen. Jede Mutmassung, dass es sich bei der Sphinx um das „heidnisches“ Abbild der Grossen Göttin ISiS  handeln könnte, musste im Keim erstickt werden. Die Göttin wurde noch im 6. Jahrhundert unserer Zeit bis an den Rhein verehrt. In Küsnacht in der Schweiz, nur wenige Gehminuten von meinem Zuhause, stehe ich ergriffen und nachdenklich vor den Ruinen der von religiösenFanatikern zerstörten Isis-Kapelle, die erst zur Zeit der christlichen Reformation um 1330 geschleift, d.h. bis auf die Grundmauern zerstört wurde.

Der patriarchale Klerus hatte zu allen Zeiten Mühe, ihre sterblichen Götter zu verteidigen, zu beleben oder nicht endgültig sterben zu lassen, denn langsam verlieren sie ihre Anziehungskraft und ihre Glaubwürdigkeit und befinden sich auf dem Weg zu verschwinden und vergessen zu werden. Umso grösser ist die Angst vor einer Neubelebung der Verehrung der Göttin.
Je patriarchaler, desto verrückter, könnte man die Ankündigung der Salafisten im November 2012 überschreiben. Sie wollten die Pyramiden, die Sphinx und alle Statuen in den Tempeln zerstören. Nicht das erste mal sind die Denkmäler den religiösen Fanatikern ein Dorn im Auge. Kein Anhänger der monotheistischen Religionen möchte daran erinnert werden, dass es nicht immer einen einzigen Gott gab, und dass der erste männliche Gott erst vor 5000 Jahren erfunden wurde. (s. Wolf „Die Entdeckung der biologischen Vaterschaft und die Erfindung des ersten männlichen Gottes“).

Die Sphinx verkörpere den Widerstand der alten magischen Überlieferungen gegen die Attacken von seiten der muslimischen Eiferer, schreibt Ulrich Haarmann. »Erinnern wir uns des Loses des armen Derwisches, der im 14. Jh. die Sphinx verstümmelte. Die Chronisten charakterisieren ihn als üblen Fanatiker. Evliya Celebi, ein gewiss frommer und rechtschaffener Mann, nennt ihn gar schlecht und verdorben. Der Derwisch wird umgebracht. Das Idol aber, in dessen Schatten sein Leichnam verscharrt und von den Passanten verflucht wird, triumphiert, stolzer noch als in den ersten Jahrhunderten des Islam. Die Sphinx hat jetzt ihre neue und zugleich uralte Funktion eines Platzes öffentlicher Verehrung wiedergewonnen. Und die Autoren, die davon mit oder ohne Übertreibung berichten, haben nichts dagegen einzuwenden. Sie können es sich ohne weiteres vorstellen, ein guter und gerechter Muslim zu sein und zugleich dem alten Aberglauben anzuhangen. Und siehe da, diese Toleranz gegenüber den Symbolen der k’ahilfya ließ sich mit der ‚slariea vereinbaren und sogar rechtfertigen. Ar-Rasgidi aus dem späten 14. Jh. berichtet im Kontext der Sa’im ad-Dahr-Geschichte, zu seiner Zeit sei es – trotz oder wohl eher wegen der neuen Popularität der heidnischen Monumente – die herrschende Meinung, man dürfe nichts gegen die Pyramiden und die anderen herrlichen Überreste aus vergangener Zeit unternehmen, haben sich doch auch ehrwürdige Prophetengenossen in Gizeh niedergelassen, ohne den Pyramiden oder der Sphinx etwas anzutun« (Ulrich Haarmann a.a.O).

Die frühesten Sphingen waren weiblich

»Eigen genug, sind die meisten dieser Löwen-Gottheiten weiblich, so die Matit von Der el-Gebrawi, die Mehit von This, die Mentit von Latopolis, die Pachet vom Speos Artemidos, die Sachmet von Memphis sowie die Menet« (Bonnet 1971, S. 427). Wie Hans Bonnet, schreibt auch der Schweizer Ägyptologe Eduard Naville, dass aufgrund alter Texte die Sphinx weiblich sei und ein Abbild der Göttin Tefnut oder Hathor (›Sphinx‹ V, 1902, S. 193-199). Die Löwengöttin Sachmet ist die wichtigste Löwengottheit Ägyptens. Diese souveräne, einst autarke Göttin wurde von den Eroberern ›domestiziert‹, zur Gattin des patriarchalen Vatergottes mit dem indoeuropäischen Namen Ptah (Vater) degradiert und zur Überbringerin von Unheil, Seuchen und Tod diffamiert. Im ›Buch der Himmelskuh‹ wurde sie gar zur ›Vernichterin des Menschengeschlechtes‹, die im Auftrag des Sonnengottes Re alles Leben töten sollte. Dann soll sie von ihm ›beruhigt‹ und ihr Zorn ›gezähmt‹ worden sein.

Sphinx Profil Zink

Die Sphinx mit dem eindeutig schwarz-afrikanischen Profil

 

 

 

Immerhin hielt die alte matriarchale Tradition teilweise noch in der dynastischen Zeit stand; die Sphinx galt als Wache und Schutz für die zahlreichen im Umkreis angelegten Gräber (Budge 1969, II, S. 361). Der Kult der Göttin I-Seth (Isis), deren älteste Erscheinung die Sphinx gewesen sein dürfte, wurde in der 4. Dynastie von Cheops verfolgt. Danach durfte die Sphinx  nicht mehr erwähnt und – mindestens in den offiziellen Dokumenten – nicht einmal mehr namentlich genannt werden. ›Nicht soll dein Name sein‹ ist eine seit der 1. Dynastie häufig angewandte Formel, um das Gedächtnis an unliebsame Erscheinungen symbolisch auszulöschen.
Das Fazit der aufsehenerregenden Forschungsergebnisse der geologischen Untersuchung, die der Sphinx eine ›neue Geburtsurkunde‹ ausstellen (eine Schlussfolgerung, die auch Anthony West außer Acht lässt): Diese Skulptur repräsentiert mit aller Wahrscheinlichkeit die urgeschichtliche Große Göttin, denn vor dem patriarchalen Umsturz gab es weder männliche Götter noch männliche Herrscher. Trotz aller ungelösten Rätsel: 

Eines ist sicher, die Sphinx hatte ein eindeutig schwarz-afrikanisches Profil.

Die Zeichnungen der Sphinx stammen von Dominique-Vivant Baron Denon, dem Künstler, der Napoleon auf seinen Feldzügen begleitete und ein absolut genauer Beobachter war. Die Darstellungen entsprechen ohne Zweifel dem damaligen Zustand der Sphinx. Links, die Kopie eines verlorenen Originals der rechten Seite der Sphinx. (Bilder aus dem Youtube Film ›Das Sphinx Rätsel – Neue Theorie bringt Ägyptologen in Erklärungsnot‹)

Die Sphinx stammt wohl tatsächlich aus der urgeschichtlichen Zeit
und war das Sinnbild der schwarzafrikanischen Ur-Göttin  –
der Mutter der Welt und alles Lebendigen.

Auf youtube ist ein Film von Norman Investigativ vom 30.3.2019 zu sehen, der die »Ägyptologen in Erklärungsnot« bringen dürfte: »Die große Sphinx von Gizeh gibt Rätsel auf. Bereits mit bloßem Auge erkennt man, dass hier etwas nicht stimmt. Offenbar ist sie älter als angegeben und der Kopf wurde wohl mehrfach ummodelliert.
Da keine Aufzeichnungen über ihren Bau oder Sinn existieren, bleibt viel Raum für Spekulation. Dieses privat produzierte Video kommt mit unkonventionellen Theorien, öffnet Augen und wirft neu Fragen auf.«

Der Film zeigt ganz klar und detailliert, dass die Sphinx einst weiblich war – und eindeutig negroide Züge hatte. Dies passte natürlich nicht in das rassistische Bild der indoeurasischen Herrenrasse, die im weissen Mann den Gipfel der Zivilisation erkennen wollen. In der Antike wurde die Sphinx von den patriarchalisierten Griechen zum Dämon des Unheils abgewertet. Alexander – der Große genannt – brachte diese Version 332 v.Z. bei seinem Einmarsch nach Ägypten mit.
Aber erst seit dem 19. Jahrhundert wurde sie nach dem Raubzug Napeolens (1798-1801)von den  französischen  Ägyptologen

 Die Verehrung der Schwarzen Madonna

Wir wissen, dass die Religion und der alte Kult der Großen Göttin Isis in der 4. Dynastie von Cheops verfolgt wurde. Herodot berichtet, dass unter Cheops und Chephren die Tempel aus der vor-dynastischen Zeit geschlossen blieben und das Opfern verboten wurde, was die ÄgypterInnen in grenzenloses Unglück stürzte.
Noch 3000 Jahre später wurde der Kampf gegen die alt-ägyptische Göttin Isis, die man bis dahin nicht hat eliminieren können, fortgesetzt. Der Religionswissenschaftler Hans Bonnet schreibt: »Der Isis-Kult hatte sich über die ganzen Mittelmeerländer ausgebreitet und überspann schließlich das ganze Römische Reich. In den 50er-Jahren nach Christi Geburt ließ der römische Senat die Heiligtümer der Göttin zerstören und Tiberius [römischer Kaiser von 14–37 u. Z.] hat dann vollends die Isis-Gemeinde mit blutiger Strenge verfolgt« (Bonnet 1971, S. 330 f). 600 Jahre später versetzte Mohammed der arabischen Göttinnen-Trinität den Todesstoß. (s. ›Das Matriarchat in Arabien

Die Verehrung der Schwarzen Madonna, die sich zuerst vor allem im Mittelmeerraum ausbreitete, geht auf die schwarze Göttin Isis zurück und dauert bis heute an. Ihre Verehrung reichte im römischer Zeit von Äthiopien bis Köln. In Küsnacht (Schweiz)  wurde während der Reformation im 14. Jahrhundert u.Z. eine Kapelle der Isis bis auf die Grundmauern geschleift.

 

›Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens‹ 2009
Bestellen bei: doriswolfatdewe-verlagdotcom

 


Print page