Die Hybris der ›LebensschützerInnen‹
Moralischer Terror: Die Schein-Heiligen
Vor 5000 Jahren eroberten indoeuropäische Horden aus dem Süden der russischen Steppen die in Frieden lebenden, prosperierenden matriarchalen Kulturen Mesopotamien und Ägyptens. (s. Die Geschichte vom Ursprung des Patriarchats).
Die Eroberer erfanden und institutionalisierten patriarchales ›Recht‹, bzw. das, was sie unter ›Recht‹ verstanden. Damit begann der Kampf gegen die Frau, ihre Würde und ihre Rechte. Die selbsternannten neuen Machthaber und die mit ihnen verbündete, neu etablierte, arische Priesterschaft rissen die Kontrolle über den weiblichen Körper und damit die Schöpfungsfähigkeit der Frau an sich. Sie entmündigten die Frau und verleugneten ihr Menschenrecht über ihren eigenen Bauch selbst zu bestimmen. Machthaber aller Länder und der Klerus aller patriarchalen Religionen tun dies bis heute mit extrem frauenfeindlichen Gesetzen, mit religiösen und moralischen Geboten, mit Einschüchterungen, Drohungen, Einschränkungen, Verboten und Strafen. Dies verteidigen sie als patriarchales ›Recht‹. Vielen der seit 5000 Jahren patriarchal indoktrinierten Menschen ist dieser Übergriff auf die Menschenrechte der Frau nicht einmal mehr bewusst. Die Vizepräsidentin der USA, Pamala Harris, brachte einen Vertreter der Abtreibungsgegner in arge Verlegenheit, als sie ihm die Frage stellte:
»Ist Ihnen ein Gesetz bekannt, das die Regierung ermächtigt,
Entscheide über den männlichen Körper zu fällen?«
Nach längerem Überlegen, musste der Gefragte verneinen. Das Leben ist in unserer scheinbar ›zivilisierten‹ patriarchalen Gesellschaft für unerwünschte, ungeliebte, nicht gewollte oder vernachlässigte Kinder und Jugendliche oft eine schreckliche Welt, in die sie hinein geboren werden. Sie werden häufig ohne Liebe und ohne jeden Respekt behandelt, körperlich und seelisch vernachlässigt, allein gelassen, gedemütigt, verspottet, ausgestoßen, geschlagen, misshandelt, emotional und sexuell missbraucht. Kinder, die ungeplant, zum falschen Zeitpunkt oder im falschen Geschlecht geboren wurden – für einen patriarchalen Vater kann dies ein Angriff auf seinen Mannesstolz, seine Eitelkeit und seine ›Ehre‹ sein – leiden oft ein Leben lang unter unerklärlichen Schuldgefühlen, Depressionen, Gefühlen von Wertlosigkeit und scheinbar unerklärlicher, endloser Wut, die jederzeit in Gewalt ausarten kann.
Nicht die Abtreibung ist ein Verbrechen, sondern dass Frauen gezwungen werden unerwünschte Kinder zu gebären.
Der Abbruch einer unerwünschten Schwangerschaft wird in allen Ländern von einer mehr oder weniger restriktiven patriarchalen Familienpolitik erschwert, tabuisiert, verboten und kriminalisiert. Die Behörden und Institutionen täten jedoch gut daran, dem ›Zwang zur Schwangerschaft‹ mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um die Probleme zu vermeiden, die daraus entstehen.
Der religiös verminte Terror gegen die Rechte der Frauen, gegen ihre Würde und Freiheit, lässt unwillkürlich an den Terror der Taliban gegen die Frauen in Afghanistan denken. Da ist kaum ein Unterschied; doch wie war das mit dem Splitter im fremden Auge und dem Balken im eigenen, den man nicht sieht?
Mitverantwortlich für das schwere Schicksale unerwünscht Geborener ist nicht nur die patriarchale Politik, sondern auch die Verlogenheit und Heuchelei der Kirche und der ›LebensschützerInnen‹, die vorgeben, es handle sich bei einem Schwangerschaftsabbruch um Mord, weshalb sie aus religiösen Gründen dagegen seien. Lassen wir uns nichts vormachen, es geht um Macht, um patriarchale Männermacht, ob in der Politik oder in der Kirche. Den sich als Lebensschützer tarnenden Machtmenschen ist der Schutz, die Würde und das Leben der Mütter und die an illegalen Abtreibungen verblutenden Frauen egal. Im Gegenteil, eine sadistische Anhängerin dieser morbiden Gesellschaft meinte lachend, ›Abtreibungen sollen schmerzen, das ist richtig‹. Und sterben dürfen sie daran auch. Laut der WHO kommen jährlich ca. 47’000 Frauen an illegalen Abtreibungen zu Tode. Die in der heuchlerischen christlichen Sexualmoral versklavten Gläubigen, die gegen das Recht auf Selbstbestimmung der Frauen kämpfen, nehmen ohne Skrupel und Mitleid schwere psychische Belastungen, gesundheitliche Risiken und selbst den Tod der Frauen durch illegale Schwangerschaftsabbrüche in Hinterhöfen in Kauf.
Zwangsschwangerschaften verursachen Kriminalität
Unerwünschte, ungeliebte, abgelehnte Kinder landen oft in der Psychiatrie, nach einem Suizid auf dem Friedhof oder im Gefängnis – die Gefängnisse sind voll von unglücklichen Lebensläufen. Manchmal werden Säuglinge ausgesetzt, sogar auf dem Müll ›entsorgt‹. Wie können Mütter nur so etwas tun, ist die anklagende Frage. Die repressiven patriarchalen Gesetze von patriarchalen Kirchenmännern und christlichen Politikern, ihr Desinteresse, die fehlende Anteilnahme am Schicksal der Mütter und der unerwünschten Kinder, eine fehlende materielle Unterstützung, das offensichtliche Versagen, werden nicht hinterfragt. Stattdessen wird den Müttern geraten, ihre Kinder zur Adoption freizugeben, das zahlt sich finanziell aus.
Die Devise vieler dieser nicht willkommenen Kinder als Jugendliche ist: wenn ich schon nicht erwünscht bin, ihr mich nicht liebt, nicht haben wollt und nicht beachtet, werde ich mir Beachtung verschaffen, indem ich euch das Fürchten lehre. Misshandelte Opfer werden als Erwachsene oft zu TäterInnen, denen ebenfalls jegliches Mitgefühl für die Leiden der Menschen, denen sie Schaden zufügen, abgeht. Beate Zschäpe, deutsche Rechtsextremistin und mutmaßliches Mitglied der neonazistischen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) war so ein unerwünschtes, ungeliebtes Kind, um das sich die Mutter nie gekümmert haben soll! Beate Zschäpe war gewaltbereit, eiskalt und gewalttätig und wird verdächtigt, »sich an der Ermordung von acht Mitbürgern türkischer und einem Mitbürger griechischer Herkunft, dem Mordanschlag auf zwei Polizeibeamte in Heilbronn sowie an den versuchten Morden durch die Sprengstoffanschläge des NSU in der Kölner Altstadt und in Köln-Mülheim beteiligt zu haben«. (Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof). Ihre unglückliche Kindheit rechtfertigt die Morde keineswegs; es geht aber um das Verstehen solcher Lebensläufe. Ein anderes Beispiel, das die These vom Unglück ungewollter und ungeliebter Kinder veranschaulicht, ist der Fall Rumänien. Unter Ceausescu wurde die Abtreibung strikte verboten. Rumänien wurde ein Paradies für Lebensschützer. Frauen wurden gezwungen, Kinder auszutragen, die sie nicht wollten und nicht ernähren konnten. Die Kinder landeten in staatlichen Kinderheimen und vegetierten dort unter den miserabelsten Umständen dahin – wir erinnern alle die schrecklichen Bilder.
Oft ist Drogen-, Medikamenten- oder Alkoholsucht der erwachsen gewordenen Opfer die einzige Möglichkeit dem Schmerz des Ungeliebt- und Unerwünschtseins für kurze Zeit zu entkommen.
»Abtreibung verhindert Kriminalität«
In den USA machte das Buch des US-amerikanischen Ökonomen Steven Levitt Furore. Er schreibt, dass dort ein auffallend massiver Rückgang der Kriminalität zu verzeichnen ist, was auf das gesetzlich verfügte Recht der Frauen auf Abtreibung zurückzuführen sei. Der Journalist Juan Gomez ergänzte den Bericht damit, dass in Amerika viele Kommunen aufgrund der Wirtschaftskrise gezwungen sind, die Ausgaben für die Sicherheit von Personen und Sachen zu reduzieren. Tausende von Polizisten wurden arbeitslos. Es ist nun interessant festzustellen, dass trotz der Reduktion von Polizeikräften und trotz rasant steigenden Waffenverkäufen die Kriminalität in den USA sinkt. Seit 40 Jahren gab es nicht so wenige Gewaltverbrechen und seit 50 Jahren nicht so wenige Morde. Keiner kann das Phänomen erklären. Doch die Theorie des Ökonomen, Steven Levitt wird am meisten zur Erklärung herangezogen. Er schreibt, dass die Abtreibung Kriminalität verhindere. Ungewollte Kinder würden leichter kriminell. Die Abtreibung wurde in den USA Mitte der 70er Jahre legalisiert. Für Levitt ist es logisch, dass es zwei, drei Jahrzehnte später weniger Kriminelle gibt. Die Theorie erscheint absurd, meint Gomez; aber viele Amerikaner sind von Levitts These überzeugt. Die Bücher von Steven Levitt verkaufen sich millionenfach. Die braven Männer und Frauen der Riege der Lebensschützer schweigen vorerst betreten! (Donohue, John J. and Levitt, Steven D. ›The Impact of Legalized Abortion on Crime‹ 2000).
Auch das Gegenteil, staatlich verfügte Zwangsabtreibungen verursachen Kriminalität, z.B. in China als Folge der Einmischung des Staates mit ihrer Einkindpolitik. In Asien fehlen 200 Millionen Frauen durch die sich wiederholenden Eingriffe von patriarchaler Regierungen in die Kompetenz und Freiheit von Frauen, selbst über ihre Schöpfungsfähigkeit zu verfügen. Die Kriminalitätsrate ist durch das Fehlen von Frauen bei Männern im heiratsfähigen Alter dramatisch angestiegen.
›LebensschützerInnen‹ verursachen Kindesmisshandlung und Kindstod
›Ein trauriger Rekord‹ titelte die Schweizer Presse im Januar 2011 die neueste Erhebung des Zürcher Kinderspitals, das 2010 eine Zunahme von Kindesmisshandlungen dokumentierte. Von den 487 von Gewalt betroffenen Kindern sind 63 Prozent Mädchen. Am deutlichsten angestiegen sind sexuelle Übergriffe auf Mädchen und junge Frauen. Verbale, physische und psychische Gewalt nehmen überall ständig zu. »Die größte Gefahr für die Kinder geht aus der eigenen Familie hervor«, denn Eltern seien für Kinder oft die gefährlichsten Personen, sagt die deutsche Gerichtsärztin Saskia Guddat. Anfang 2012 wurde ein neues Bundeskinderschutzgesetz erlassen. Das sollte dafür sorgen, dass Kinder besser vor Verwahrlosung, Gewalt und sexuellem Missbrauch geschützt werden. Doch inzwischen gibt es viel Kritik an dem Gesetz. Es habe nicht viel bewirkt, sagen Experten. In Deutschland werden jährlich etwa 3800 Kinder schwer misshandelt; die Dunkelziffer wird aber auf mehr als 200’000 geschätzt. An den Folgen sterben nach offizieller Statistik pro Jahr mindestens 160 Kinder deutschlandweit, (die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich doppelt so hoch: bei 320 000). Jede Woche werden 70 Kinder krankenhausreif geprügelt; drei von ihnen sterben wöchentlich an den Folgen.
Nicht geboren worden zu sein, hätte diesen Kindern das Martyrium erspart.
Die Berliner Rechtsmediziner Saskia Guddat und Michael Tsokos haben zahlreiche Misshandlungsopfer begutachtet und dabei zu Tode Gekommene obduziert. Sie mussten immer wieder feststellen, dass Sozialarbeiter und Ärzte auch bei erkennbaren Misshandlungsfällen oft nicht reagierten. Auch deshalb versage der Kinderschutz in Deutschland immer noch. Michael Tsokos: »Seit 20 Jahren höre ich von den Ämtern ›Wir haben nichts falsch gemacht.‹ »Da frage ich mich: Wenn niemand etwas falsch gemacht hat, warum liegt das tote Kind vor mir?« Das erschütternde Buch der beiden Rechtsmediziner heisst: ›Deutschland misshandelt seine Kinder.‹
Dass der Tod von Kindern verhindert werden könnte, wenn der politische Rahmen besser wäre, klingt unglaublich. Es gibt sie zwar, die engagierten Sozialarbeiter in Jugendämtern, doch müssen die gegen Aktenberge, lasche Gesetze und knappe Kassen kämpfen. Täglich! »Der Fehler«, so Tsokos »liegt im System«. Verantwortliche müssen Entscheidungen treffen, ohne die umfassende Kindessituation zu kennen. Deshalb fragen wir: »Wer kontrolliert die Kontrolleure?« Wieder sind es untätige patriarchale Männer an der Macht, die eine effiziente Kontrolle verhindern und korrigierende Maßnahmen an die Hand nehmen.
Zwei Monate nach dem Auftreten von Saskia Guddat und Michael Tsokos bei Markus Lanz und der Publikation des Buches, berichten sie, dass sie massiv bedroht und angegriffen wurden, – nicht etwa von Eltern – nein: von Kinderärzten, vom Kinderschutzbund, von Sozialarbeitern, von all jenen, die bei Misshandlungen nicht eingeschritten sind und weggeschaut haben und von Interessenverbänden, z.B. auch ›LebensschützerInnen‹, freien Trägern, die damit Geld verdienen. Die Probleme dürften in vielen Ländern nicht viel anders sein.
Frauen bringen Kinder zur Welt, ziehen sie auf und Männer töten sie millionenfach
in unzähligen Kriegen. Diesen Skandal können sich auch christliche Kleriker merken,
die Waffen segnen und christliche ›LebensschützerInnen‹, die vom lukrativen Waffenexport
ihres Landes profitieren!
Vom Schicksal zwangsgeborener Kinder auf den stockkatholischen Philippinen berichtet das Auslandjournal vom 5.9.18 im ZDF. Hier ist es üblich geworden, dass arme Eltern ihre Kinder pädokriminellen Touristen aus dem Westen für Nacktfotos – und mehr – anbieten. Unicef schätzt, dass mindestens 60 000 Kinder sexuell missbraucht werden. »Ich werde Touristen ins Land holen und ihnen Jungfrauen anbieten«, scherzte der Präsident der Philippinen. Pater Shay Culler, der sich jährlich um etwa 100 Kinder kümmert, die er aus Bordellen befreit, empören derart vulgäre Scherze. Der investigative Journalist Peter Dupont, der dem Schicksal verkaufter und missbrauchter Kinder nachgeht, berichtet über die skandalöse Tatsache, dass sich Regierungen weder hier noch dort, um das entsetzliche Leid dieser Kinder kümmern. Viele der traumatisierten Kinder flüchten sich als Erwachsene in die Drogen. Ihnen gegenüber hat der Präsident seine eigene niederträchtige ›Therapie‹: er lässt Drogenabhängige jagen und ermorden.
Warum kämpfen LebenschützerInnen nicht für das geborene Leben;
für den Schutz von Kindern vor Armut, Hunger, Ausbeutung und sexuellem Missbrauch?
Woher kommt dieses unbarmherzige Verurteilen von Frauen, die ihre unerwünschten Schwangerschaften beenden? Warum diese Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit, warum diese Arroganz und Unmenschlichkeit? Es ist schlussendlich der Hass religiös versklavter Menschen auf jene Frauen, die ihre Sexualität frei und selbstbestimmt leben und selbst über ihren Bauch, ihre Gebärmutter und die Konsequenzen sexueller Liebe entscheiden. Es geht um Macht, Kontrolle und Herrschaft. Dafür braucht die Wirtschaft immer wieder billige Arbeitstiere, die Kirche nachwachsende abgabenpflichtige Gläubige und das Militär neues Kanonenfutter für seine Kriege.
Als Geiseln der patriarchalen Institutionen, der Universitäten und Kirchen, nach Jahrtausenden der ständigen patriarchalen Propaganda, Beeinflussung, Indoktrinierung und Hirnwäsche kämpfen heute auch viele gläubige Frauen für patriarchale Ideologien und die patriarchalen Götter des Monotheismus. Patriarchatskompatible WissenschaftlerInnen im Dienste des misogynen Patriarchats, die sich vernetzen, sich gegenseitig unterstützen und ständig gegenseitig zitieren, beschneiden geradezu masochistisch ihre weibliche Identität und ihre Wurzeln, die bis in die Urkultur reichen. Da hat die vergiftende patriarchale Propaganda ganze Arbeit geleistet! Die Patriarchatsforscherin Gerda Lerner führt dies auf die Benachteiligung der Frauen im Bildungswesen und die androzentrische Verzerrung der Geschichte mit der Marginalisierung der Frau zurück.
»Diese doppelte Deprivation hat die weibliche Psyche über die Jahrhunderte so zugerichtet, dass die Frauen an der Herausbildung des Systems, das sie unterdrückt, mitwirken und an dessen ständiger Bestätigung und Verfestigung in der Folge immer neuer Generationen weiter mitgewirkt haben und noch immer mitwirken.« (Gerda Lerner ›Die Entstehung des feministischen Bewusstseins – vom Mittelalter bis zur Ersten Frauenbewegung‹ 1993, S. 20).
Wo wart ihr ›LebensschützerInnen‹ damals?
›Nie wieder‹, heißt eine der Parolen auch der christlichen Lebensschützer, doch wo waren sie damals, wo war die christliche Kirche, die christlichen Politiker und all die frommen und braven Christen, wo der Papst, wo die unzähligen Kardinäle, Bischöfe und Priester in aller Welt als Millionen jüdischer Kinder und Ungeborene im Mutterleib in den Gaskammern ermordet wurden? Ist das Leben jüdischer Kinder und Föten und das Leben der schwangeren jüdischen Mütter weniger schützenswert als das ›christlicher Föten‹ und christlicher Mütter? Unzählige schwangere jüdische Frauen und ihre Kinder wurden – im faschistischen Deutschland der heuchlerischen christlichen Parteien – ermordet.
(s. auch: https://www.students.ch/magazin/details/41873/Eine-kleine-Geschichte-der-Verhuetung)
Wo ist der Schutz und die Hilfe für die Mütter in Not?
Frauen, darunter ungewollt schwanger gewordene Mütter, werden als Alleinerziehende nicht nur stigmatisiert, sie werden auch finanziell im Stich gelassen. Sie leben mit ihren Kindern in Armut oder hart an der Grenze davon. Sie sind dem patriarchalen Staat nichts wert, erhalten kaum Unterstützung. Frauen sind in jedem Fall die Verlierer, ob sie sich den egoistischen Machtspielen patriarchaler Männer unterwerfen, gar davon profitieren, oder nicht. Im westlichen Europa wird die Ungerechtigkeit, die Verachtung der Menschenrechte, der Ausbeutung und Diskriminierung der ausser Haus arbeitenden Frauen deutlich an den Lohnunterschieden. Patriarchale Regierungen lassen es zu, dass Arbeitgeber Frauen durchschnittlich 20 Prozent weniger für gleichwertige Arbeit bezahlen, ohne eine Bestrafung zu riskieren, obwohl die Gleichberechtigung in den Gesetzen verankert ist.
Ob mit oder ohne Abtreibungsverbot werden Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen.
Dorothy Nortman, die Statistikerin vom Washingtoner Population Reference Bureau, einer Privatorganisation, die seit einem halben Jahrhundert Bevölkerungstrends beobachtet, stellte fest: »Etwa jedes dritte Paar im reproduktionsfähigen Alter kontrolliert gegenwärtig seine Fruchtbarkeit – ein nie zuvor in der Menschheitsgeschichte erreichter Grad von Vorsorge… Nur mehr acht Prozent aller Menschen leben in Ländern, deren Bevölkerungspolitik planlos ist oder gar auf Geburtenzuwachs abzielt. Zur Gruppe der Rückständigsten gehören zumeist schwarzafrikanische Staaten, in denen traditionell Kinderreichtum als Altersvorsorge gilt, in denen aber auch die Sterbe- wie die Geburtenraten besonders hoch sind… Der Anteil der Paare, die zeitliche Folge und Zahl ihrer Kinder planen, liegt verständlicherweise in den Industriestaaten am höchsten. Er betrug bereits um 1970 etwa 60 Prozent und stieg seither noch auf rund 70 Prozent… Soll die Baby-Bremse wirklich greifen, erklärt Dorothy Nortman, muß allerdings neben der Kontrazeption die Abtreibung freigegeben werden. Denn von jeweils 100 Paaren, die relativ zuverlässige Verhütungsmittel wie Pessar oder Kondom benutzen, müssen 80 mit einer ungewollten Schwangerschaft rechnen; bei denen, die eine der heute sichersten Methoden — Pille oder Intrauterinpessar — anwenden, summiert sich das geringe Restrisiko, über ihre Lebenszeit gerechnet, auf immerhin noch 30 ungewollte Schwangerschaften je 100 Paare.« (DER SPIEGEL 37/1977)
Die Geschichte der Diskriminierung und Unterdrückung der Frau
Der Kampf gegen die Selbstbestimmung der Frau
Im Matriarchat glaubte man an die Wiedergeburt eines verstorbenen Menschen aus dem Körper einer jungen Frau des gleichen Clans. Die Toten blieben ›Mitglieder‹ des mütterlichen Clans. Dies zeigen die liebevoll unter den Wohnhäusern Begrabenen, z.B. von Çatal Hüyük in Anatolien oder der Ba‘ja im Süden Jordaniens, beide aus dem 8. Jahrtausend. Die Frauen kannten Mittel der Verhütung und Abtreibung unerwünschter Schwangerschaften und regelten so die Anzahl der erwünschten Kinder, für die sie sorgen konnten. Im Alten Ägypten kämpften die eingewanderten patriarchale Priesterkasten gegen den Glauben an die Wiedergeburt, weil diese die Frau und ihre Gebärfähigkeit in den Mittelpunkt von Leben und Sterben setzte. Die indoeuropäisch / arischen Priesterkasten der patriarchalen Eroberer setzen diesem Glauben ein Ende und erfanden ein ewiges Leben nach dem Tod im Jenseits, was immer das ist. Später gingen griechische Philosophen noch einen Schritt weiter. Anstelle der Mütter, sollte nun Vätern der wesentlichere Anteil beim Entstehen von Leben zukommen.
Seit den Eroberungen und der Machtnahme der Indo-Europäer vor rund 5000 Jahren erlauben sich patriarchale Männer – heute weltweit – Gesetze zu erlassen, die den Frauen das Recht absprechen, selbst über ihren Körper und ihre ›Fähigkeit der Reproduktion‹ zu bestimmen. In der geschichtlichen (schriftlich dokumentierten Zeit) wurden Frauen entmündigt, haben keinen oder kaum Einfluss auf die patriarchalen Gesetze, sie sind lediglich da, den Interessen patriarchaler Männer zu dienen, denen es ausschliesslich um Macht über die Frau und ihre Schöpfungsmacht geht, denn als »Ursprung der Macht begriff man ehemals die Geburt, also die Macht der Mutter über ihr Kind«, schreibt der italienische Historiker Roberto Zapperi (›Der schwangere Mann. Männer, Frauen und die Macht‹ 1984). Bereits 150 Jahre früher empörten sich die frühen feministischen Kämpferinnen über die Machtnahme der Männer im Patriarchat. So schreibt etwa Sarah Grimké 1838 (S. 10, 11):
»Die gesamte Geschichte zeigt, dass der Mann die Frau seinem Willen unterworfen hat, sie benutzt hat, damit sie seine Selbstsucht befriedige, seinen sinnlichen Freuden zu Diensten sei, seinem Wohlergehen diene; doch niemals war es ihm ein Anliegen, ihr zu dem Rang zu verhelfen, den sie nach dem Plan des Schöpfers einnehmen sollte. Er hat alles getan, um ihren Geist zu verderben und zu versklaven; und nun sieht er triumphierend auf die Ruinen, die sein Werk sind, und er sagt, das derart tief verletzte Wesen sei minderwertiger als er.« (Grimké zitiert von Gerda Lerner ›Die Entstehung des feministischen Bewusstseins‹ 1993, S. 196)
Neben patriarchalen Herrschern waren es die patriarchalen Priesterkasten, die begannen die Frauen zu bevormunden. Selbst–herrlich lamentier(t)en sie regelmässig gegen Abtreibung, droh(t)en den Frauen mit Hölle, Teufel und sogar mit dem Tod. Griechische Philosophen gingen noch einen Schritt weiter:
»Mit dem Aufstieg der patriarchalen Religionen – vor allem unter den Griechen – entwickelte sich der Glaube, dass der väterliche Samen dem Fötus die Seele verleiht. Die Männer waren überzeugt, das Sperma sei eine Erweiterung der männlichen Seele und sie befürchteten, dass mit der Abtreibung ein Teil ihrer selbst zerstört würde.« (Barbara G. Walker 1993, S. 7)
Aristoteles gehört zu den Missgünstigen, er schreibt der Mutter lediglich die Lieferung des körperlichen ›Aufbaustoffes‹ zu und meint: »Der Mann ist infolge seiner ›Samkraft‹ der Kreator des Leibes« und, was für die Auslegung der Texte Thomas von Aquins (1224–1274) wichtig wird, auch der Seele. Es war eine logische Fortführung dieser Meinung, dass die Seele des Fötus vom Mann kommt und Abtreibung durch patriarchale Gesetze bestraft werden muss, weil sie in der magischen Vorstellung für die Männer gefährlich sind.« (Zur ›Geschichte der Abtreibung‹ s. die ausführliche Dokumentation im Wikipedia)
Seit konservative Politiker, patriarchale Philosophen, religiöse Moralisten und Kleriker beschlossen haben, der Embryo sei durch das Spermium des Mannes ›beseelt‹, behaupten sie, Abtreibung sei Mord, sei quasi die Ermordung ihres sakrosankten Ejakulats. Sie üben massiven moralischen Terror gegen Frauen aus, verlangen schwere Bestrafung beim Übertreten ihrer Gesetze. Hingegen scheinen weder die griechischen Philosophen noch katholische Priester moralische Bedenken oder Hemmungen zu haben, die Seele von Kindern, insbesondere von kleinen Knaben durch Priester der katholischen Kirche schwer und nachhaltig durch sexuelle Gewalt zu verletzen. Dieser Seelenmord wird vom Patriarchat verschwiegen, die Täter werden vor Bestrafung geschützt.
Wann ist ein Mensch ein Mensch?
»Ein drei Tage alter menschlicher Embryo ist eine Blastozyste, eine Ansammlung von hundertfünfzig Zellen. Ordnungshalber sei gesagt, dass das Gehirn der Fliege aus über hunderttausend Zellen besteht… Aber lass uns einmal annehmen, dass jeder drei Tage alte menschliche Embryo eine Seele besäße, der unsere moralischen Bedenken gelten müssten. Embryonen teilen sich in diesem Stadium gelegentlich zu einzelnen Individuen (identische Zwillinge). Teilt sich in diesem Fall eine einzelne Seele zu zwei Seelen?… Die naive Vorstellung von Seelen, die in einer Petrischale schwimmen, ist intellektuell schlicht unhaltbar. Aber sie ist auch moralisch unhaltbar, wenn man bedenkt, dass sie inzwischen einem der vielversprechendsten Forschungsbereiche in der Medizingeschichte im Wege steht… Die moralische Wahrheit liegt offen zutage: Wer findet, dass die Interessen einer Blastozyste die Interessen eines Kindes mit einer Wirbelsäulenverletzung überwiegen, der hat sich seinen Sinn für Moral von religiöser Metaphysik trüben lassen. Der Zusammenhang zwischen Religion und ›Moral‹ – der so unentwegt proklamiert und so selten demonstriert wird – wurde somit als eine Schimäre enttarnt, die überall dort auftritt, wo ein Glaubensdogma moralisch-logisches Denken und aufrichtiges Mitgefühl verdrängt.« (Sam Harris 2008)
Sogenannte ›LebenschützerInnen‹ wollen Frauen zum Gebären zwingen – ›im Namen Gottes‹. Sie diffamieren, kriminalisieren, stigmatisieren Frauen mit unglaublichen Vorwürfen und schlimmsten Drohungen, schüchtern sie ein und demütigen sie mit unhaltbaren Vergleichen. Kirchenangehörige und Gläubige betätigen sich als Rufmörder und Hassprediger, wie etwa der deutsche Kardinal Meisner, der Abtreibung mit den Verbrechen der Massenmörder Hitler und Stalin vergleicht. Kardinal Walter Mixa, gegen den laut einem Medienbericht die Staatsanwaltschaft Ingolstadt Vorermittlungen wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch eingeleitet hat (›Missbrauchsvorwürfe gegen Bischof Mixa‹ NZZ 7.5.2010) verhöhnte Frauen als ›Gebärmaschinen‹; Erzbischof Johannes Dyba bezeichnete Abtreibung als ›Kinder-Holocaust‹. »Das sind keine vereinzelten Entgleisungen unbelehrbarer Kirchenmänner. Es ist Ausdruck der offiziellen Haltung des Vatikans, in dem die ultrakonservativen Kräfte immer noch genauso lebendig sind wie im Mittelalter.« (›Chronik eines Skandals‹ Brigitte 20.10.2009) Wahrscheinlich wünschen sich Kirchenmänner, assyrische Gesetze zurück, welche die Abtreibung zum ersten Mal erwähnen: Frauen wurden dafür mit dem Tode bestraft!
Sexueller Missbrauch ist Seelenmord
Patriarchale Männer, insbesondere christliche Eunuchen, Angehörige der christlichen Kirche, spielen sich als ›Fachmänner‹ in Sachen Biologie, Sexualität, Gynäkologie und allen Frauen- Ehe- und Familienfragen‹ auf. In Sachen männlicher Sexualität sind sie aber offenbar nicht auf dem Laufenden. Wie wäre es sonst möglich, dass sie die Verbrechen in den eigenen Reihen, die an Kindern begangen wurden, nicht bemerkt oder wahrgenommen haben, nicht dagegen angegangen sind, nicht gesehen haben wollen, wieviel sexuelle Perversität es gerade unter den schein-heiligen Klerikern und in der patriarchalen, auch religiösen Familie gibt?
In Deutschland spricht der Missbrauchsbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig von 100’000 Fällen pro Jahr (2013)! Gesamthaft gibt es da schätzungsweise 9 Millionen dauerhaft geschädigte Seelen sexueller Gewalt.
Nachdem an einer Pressekonferenz zur Missbrauchsstudie der Katholischen Kirche in Fulda vom 25.9.2018 über den Missbrauch im Zeitraum von 1946 bis 2014 sexuelle Vergehen an 3677 überwiegend männlichen Minderjährigen durch 1670 Priester informiert wurde, die ›nur die Spitze des Eisbergs‹ seien, hätte man erwarten dürfen, die Herren Kleriker würden angesichts der Verbrechen tausender Kirchenmänner in der ganzen katholisch dominierten Welt die zehntausenden Kindern und Jugendlichen sexuelle Gewalt angetan hatten, weniger selbstherrliche Arroganz an den Tag legen und etwas leiser in ihrer Verurteilung der Frauen geworden sein. Aber man täuschte sich. Während Papst Franziskus Ende August im einst streng katholischen Irland noch bat: »Wir bitten um Entschuldigung für die Misshandlungen in Irland, den Missbrauch von Macht und Vertrauen, sexuellen Missbrauch durch offizielle Mitglieder der Kirche«, verurteilte Franziskus kaum ein paar Tage nach der Pressekonferenz (am 10.10.18) Abtreibungen und damit die betroffenen Frauen aufs gröbste mit den Worten: »Einen Menschen zu beseitigen, ist wie einen Auftragsmörder zu mieten, um ein kleines Problem zu lösen.« Der Papst hat offensichtlich vergessen, dass die Kirche immer auf der Seite der staatlichen Auftragsmörder gestanden hat, die Berufsmörder ausbilden, Soldaten, die gegen Sold nicht nur andere Soldaten im Namen Gottes umbringen, sondern auch in Kauf nehmen, dass Geborene: Frauen, Männer, Kinder und Säuglinge getötet werden.
Auch ist es für den Papst offensichtlich einfacher, die Frauen als Mörderinnen zu diffamieren, als den Verbrechen der pädokriminellen Männer in den eigenen Reihen Einhalt zu gebieten, welche die Seelen Tausender Kinder durch sexuelle Gewalt mordeten. Anlässlich der Pressekonferenz zur Untersuchung dieser Gewalt sagte Kardinal Marx zu Recht beschämt über den Vertuschungsskandal zum Schutz der Täter und der Kirche: »Wir haben den Opfern nicht zugehört.« Die Kirchenmänner haben auch den Frauen nie zugehört. Sie wissen nichts von der Not einer Frau, die unerwünscht schwanger wurde – , wissen nichts von der Gewalt, der Verachtung, der unmenschlichen Behandlung der Frauen durch das Patriarchat, den patriarchalen Klerus, wissen nicht was ihnen durch das Schweigegebot angetan wurde. Auch das ist beschämend und arrogant. Und was tut die Kirche um die Sorgen jener Frauen zu lindern, ihnen das Leben zu erleichtern, die ihr Kind trotz Armut und Not zur Welt bringen? NICHTS!
Frauen, die sich nicht nach den patriarchalen Dogmen asketischer Eunuchen und den ihnen zudienenden Frauen richten und Sexualität in Freiheit leben, sind für die Kirche bekanntlich Sünderinnen. Nachdem der weltfremde Papst Verhütungsmittel, Kondome und die Anti-Baby-Pille verboten hatte, um damit den Frauen so viele Schwangerschaften und Geburten wie möglich abzuringen – sollen jene KatholikInnen, die keine Kinder zeugen wollen, sexuell abstinent leben. Selber schuld – wer sich nicht an die Dogmen der Kirche hält, muss eben die Konsequenzen einer unerwünschten Schwangerschaft eines ungeliebten Kindes austragen, und das tun bekanntlich Frauen, nicht Männer!
Der biblische Gott flucht gebärenden Frauen
Der frauenfeindliche, von Gebärneid getriebene, patriarchale Gott, bzw. seine irdischen Propheten, fluchten den Frauen: »Gott sprach zum Weibe: Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären; und dein Verlangen soll nach deinem Manne sein, und er soll dein Herr sein.« (1. Mose 3, 16).